BGH: Dauer des nachehelichen Krankheitsunterhalts
(Nürnberg) Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte sich am 27.05.2009 erneut mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nach § 1578 b BGB zeitlich befristet werden darf.
Darauf verweist der Nürnberger Fachanwalt für Familienrecht Martin Weispfenning, Geschäftsführer der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. (DANSEF) in Nürnberg unter Hinweis auf die Mitteilung des BGH vom 27.05.2009, Az.: XII ZR 111/08.
Die Parteien hatten im Jahre 1972 geheiratet, als die Klägerin 16 Jahre alt und vom Beklagten schwanger war. Aus der Ehe sind insgesamt vier Kinder hervorgegangen, von denen nur noch die 1987 geborene Tochter, die im Haushalt der Klägerin lebt, unterhaltsbedürftig ist. Die Ehe wurde 1998 geschieden. Die Klägerin ist wegen einer im Jahre 1989 diagnostizierten Darmkrebserkrankung seit 1993 als zu 100 % schwerbehindert eingestuft und bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich gegenwärtig auf rund 1.040 € beläuft. Daneben erzielt sie Einkünfte aus einer geringfügigen Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 349 €. Der Beklagte erzielt als Beamter unterhaltsrelevante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 2.500 €.
Das Oberlandesgericht hatte den Beklagten zur Zahlung eines nachehelichen Krankheitsunterhalts in wechselnder Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2008 in Höhe von monatlich 103 € verurteilt. Die vom Beklagten begehrte Befristung des Unterhalts hatte es abgelehnt. Mit seiner Revision hat der Beklagte weiterhin eine Befristung seiner Unterhaltspflicht beantragt. Die Klägerin hat mit Ihrer Anschlussrevision eine weitere Erhöhung ihres Unterhaltsanspruchs, zuletzt für die Zeit ab Juni 2008 auf monatlich 209 €, begehrt.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen, das angefochtene Urteil auf die Anschlussrevision der Klägerin aufgehoben und die Sache insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, betont Weispfenning.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn ein unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich nach § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Solche ehebedingten Nachteile hatte das Oberlandesgericht hier nicht festgestellt, zumal die Erkrankung der Klägerin nicht durch die Ehe bedingt, sondern schicksalhaft ist.
Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass sich § 1578 b BGB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile beschränkt, sondern auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität berücksichtigt. Dieser Umstand gewinnt besonders beim nachehelichen Krankheitsunterhalt gemäß § 1572 BGB an Bedeutung, bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist. Auch der Umfang dieser geschuldeten nachehelichen Solidarität ist unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Umstände, also der Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder, der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe zu bemessen.
Nach diesen Kriterien hatte der Bundesgerichtshof in einem früheren Fall (BGH FamRZ 2009, 406) die Befristung des nachehelichen Krankheitsunterhalts eines geschiedenen Ehemannes auf drei Jahre bestätigt, weil die Ehe lediglich 11 Jahre gedauert hatte, von denen die Ehegatten nur fünf Jahre zusammen gelebt hatten. Der unterhaltsberechtigte Ehemann verfügte dort über zwei Renten, die ihm einen deutlich über dem Existenzminimum liegenden Lebensstandard sicherten, während eine fortdauernde Unterhaltspflicht für die unterhaltspflichtige Ehefrau zu einer spürbaren Belastung geführt hätte.
Im vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof dagegen eine Befristung abgelehnt und dabei der nachehelichen Solidarität der Ehegatten eine ausschlaggebende Bedeutung eingeräumt. Maßgebend dafür waren die Umstände beim Eheschluss (Alter der Ehefrau, Schwangerschaft, Aufgabe der Berufsausbildung) und der Verlauf der 26-jährigen Ehe, in der sich die Ehefrau ausschließlich der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hatte. All dies begründet ein besonders schutzwürdiges Vertrauen, das bei der Frage nach einer Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen war.
Weispfenning empfahl, dieses Urteil zu beachten und ggfs. Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die auf Familienrecht spezialisierten Anwältinnen und Anwälte in der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V - www.dansef.de – verwies, in der bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierte Rechtsanwälte und Steuerberater organisiert sind.
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Martin Weispfenning
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Familienrecht
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