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Torsten Lehmkühler
EnGarde. Rechtsanwälte PartG mbB
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72770 Reutlingen

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ABM, Ein-Euro-Job & Co. – Maßnahmen der Arbeitsförderung und deren arbeitsrechtliche Einordnung

ABM, Ein-Euro-Job & Co. – Maßnahmen der Arbeitsförderung und deren arbeitsrechtliche Einordnung
von Rechtsanwalt Torsten Lehmkühler, Reutlingen


Arbeitsloser oder Arbeitnehmer?

Vielfach beschäftigen Unternehmen Arbeitslose im Rahmen einer aktiven Arbeitsförderungsmaßnahme und beziehen hierfür Zuschüsse von der Bundesagentur für Arbeit. Erfahrungsgemäß ist die Unsicherheit auf Arbeitgeberseite groß, wie diese Einsatztätigkeit arbeitsrechtlich einzustufen und personaltechnisch zu behandeln ist (Arbeitsverhältnis, öffentlich-rechtliches Sonder- oder Praktikantenverhältnis?).

Sofern sich der Betreffende bewährt hat, soll er von dem Unternehmen anschließend häufig in ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis gem. § 14 Abs. 2 TzBfG übernommen werden. Unproblematisch möglich ist dies aber nur, wenn vorher mit ihm kein Arbeitsverhältnis bestand und somit eine Neueinstellung vorliegt. Dies wird in der betrieblichen Praxis oftmals verkannt; die Konsequenzen einer unzutreffenden rechtlichen Einordnung sind weitreichend.

War die (staatlich geförderte) Einsatztätigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, kann sich der Arbeitnehmer bei anschließender Übernahme in ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis durch fristgerechte Klagerhebung erfolgreich auf die Unwirksamkeit der Befristungsabrede berufen und das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses feststellen lassen.

Außerdem wären die Vorbeschäftigungszeiten eines als Arbeitnehmer anzusehenden Mitarbeiters, als Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz einzustufen.

Bei der aktiven Arbeitsförderung ist für richtige Einordnung der Tätigkeit des Mitarbeiters zwischen den verschiedenen Maßnahmen zu unterscheiden. Die Instrumente der Arbeitsförderung sind vielgestaltig und werden aufgrund der sich ständig wandelnden arbeitsmarktpolitischen Gegebenheiten vom Gesetzgeber immer wieder geändert.

Mit einer weisungsgebundenen Einsatztätigkeit im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) oder mit staatlicher Förderung durch die Gewährung von Eingliederungszuschüssen/-gutscheinen für Ältere wird jeweils ein Arbeitsverhältnis begründet, das als Vorbeschäftigung im Sinne des Befristungsrechts anzusehen und auf die Wartezeit nach dem Kündigungsschutzgesetz anzurechnen ist.

Von der Rechtsprechung ist bisher noch nicht geklärt, ob auch im Fall der sog. „Job-Rotation“ von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Hierbei wird ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Mitarbeiters beschäftigt, der an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt.

Nach der Rechtsprechung des BAG lag bei dem „Vorgängermodell“ der Eingliederungsverträge, an deren Stelle zwischenzeitlich die Regelungen der „Job-Rotation“ getreten sind, kein Arbeitsverhältnis vor (BAG, Urteil vom 17.05.2001 - 2 AZR 10/00).

Nachdem der Gesetzgeber zwischenzeitlich das Instrument der Eingliederungsverträge mit dem Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) abgeschafft hat, ist bei dieser Maßnahme momentan von einer sachgrundlosen Befristung im Anschluss an die Beschäftigung abzuraten. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung an ihrer bisherigen Linie auch unter der Geltung der neuen Bestimmungen festhalten wird.

Bei den sog. Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung) liegt aber zweifelsohne kein Rechtsverhältnis vor, das die Arbeitnehmereigenschaft begründen könnte, was das BAG erst in einem jüngst ergangenen Urteil noch einmal bestätigte (BAG, Urteil vom 26.09.2007 - 5 AZR 857/06). Nach dieser Entscheidung handelt es sich nämlich um ein Sozialrechtsverhältnis, bei dem der Arbeitgeber nur als Dritter im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses mitwirkt. Bei der Bewilligung der Teilnahme an einer betrieblichen Praxiserprobung gilt nichts anderes (BAG, Urteil vom 19.03.2008 – 5 AZR 435/07). Auch das Fehlen einer Eingliederungsvereinbarung führt nicht zu einem Arbeitsverhältnis.

Dies ändert aber nichts daran, dass dem Betriebsrat bei der „Einstellung“ von Ein-Euro-Jobbern ein Mitbestimmungsrecht zusteht (BAG, Beschluss vom 02.10.2007 – 1 ABR 60/06).

Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.

Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung

Torsten Lehmkühler
RA/FA für Arbeitsrecht
SLP Anwaltskanzlei
Dr. Seier & Lehmkühler GmbH
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