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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds des Betriebsrats aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (hier: Konsum von Kokain während der Arbeitszeit)
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urt. v. 06.05.2024, Az.: 4 Sa 446/23

Der Konsum von Kokain während der Arbeitszeit und in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar, der einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB abgeben kann.

II.
Entschädigung wegen Altersdiskriminierung bei Einstellung - Digital Native - Rechtsmissbrauch
Arbeitsgericht Heilbronn, Urteil vom 18.01.2024, Az.: 8 Ca 191/23

Die Formulierung in einer Stellenanzeige "als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds …. zu Hause" stellt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters dar.

III.
Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
BFH, Urteil vom 05. Juni 2024, VI R 20/22

1. Einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer fließen Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine Kapitalgesellschaft bereits bei Fälligkeit zu (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

2. Fällig wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

3. Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen (a.A. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 12.05.2014, BStBl I 2014, 860).

IV.
Teilaufnahme eines durch die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits; Haftung eines ausgeschiedenen Geschäftsführers für Insolvenzverschleppungsschäden von Neugläubigern
BGH, Urteil vom 23. Juli 2024 – II ZR 206/22 –

1. Die Teilaufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits ist trotz Gefahr einander widersprechender Entscheidungen in Bezug auf den aufgenommenen Teil des Rechtsstreits und den nicht aufgenommenen Teil jedenfalls dann möglich, wenn sich der Gläubiger durch eine entsprechende Anmeldung zur Tabelle zu einer auf den aufgenommenen Teil beschränkten Rechtsverfolgung im eröffneten Verfahren entschieden hat (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 27. März 2013 - III ZR 367/12, ZIP 2013, 1094).
2. Der aus dem Amt ausgeschiedene Geschäftsführer haftet gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO grundsätzlich auch für Schäden von Neugläubigern, die erst nach seinem Ausscheiden in vertragliche Beziehungen zu der Gesellschaft getreten sind, wenn die durch seine Antragspflichtverletzung geschaffene verschleppungsbedingte Gefahrenlage im Zeitpunkt der Schadensentstehung noch fortbesteht.

V.
Rückforderung Entgeltfortzahlung
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2024 – 12 Sa 1266/23

1. Im Rechtsstreit über die Rückforderung vom Arbeitgeber gezahlter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konkretisieren sich die Darlegungslasten zur Leistungskondiktion wie folgt:

Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss der Arbeitgeber durch von ihm darzulegende und ggf. zu beweisende Umstände in ihrem Beweiswert erschüttern.

Ansonsten widerlegt sie das behauptete Fehlen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit.

Außerdem muss der Arbeitgeber konkreten Vortrag des Arbeitnehmers zu den Umständen der Erkrankung und einer daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit ggf. durch erfolgreiche Beweisführung widerlegen.

2. Erklärt sich der Arbeitnehmer nicht zu den konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit, so gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei nicht infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen, und damit die Rechtsgrundlosigkeit der Entgeltfortzahlung als zugestanden.

VI.
Einladung zur Partnerschaftsversammlung durch Unbefugten
BGH, Urteil vom 16. Juli 2024 – II ZR 100/23 –, juris

Bei der Partnerschaftsgesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

VII.
Verweigerung der Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses durch einen Notar
BGH, Beschluss vom 19. Juni 2024 – IV ZB 13/23 –, juris

1. Im Hinblick auf die Urkundsgewährungspflicht des Notars sind an die Annahme eines ausreichenden Grundes im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO, der den Notar zur Verweigerung der Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB und damit seiner Urkundstätigkeit berechtigt, hohe Anforderungen zu stellen.

2. Stellt der Notar im Rahmen seiner Ermittlungspflicht die gebotenen Nachforschungen an und wirkt der Erbe bei der Sachaufklärung im erforderlichen und zumutbaren Umfang mit, berechtigen verbleibende Unklarheiten den Notar nicht zur Verweigerung seiner Amtstätigkeit.

VIII.
Wohnungseigentum, Kostenumlagern
BGH, Urteil vom 19. Juli 2024 – V ZR 139/23

1. Seit dem 1. Dezember 2020 gehören Kosten, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, zu den Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG, die, soweit keine abweichende Regelung getroffen worden ist, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen sind; demzufolge muss bei Fehlen einer abweichenden Regelung auch der obsiegende Beschlusskläger die Prozesskosten der unterlegenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anteilig mitfinanzieren.

2a. Solange eine Beschlussfassung zur Änderung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht erfolgt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, bei der Beschlussfassung über eine Sonderumlage den geltenden Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden.
2b. Ein Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel widerspricht nicht deswegen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung nicht bewusst war, dass sie nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG vorab einen abweichenden Kostenverteilungsschlüssel hätten beschließen können. Will ein Wohnungseigentümer die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels für eine Sonderumlage erreichen, obliegt es ihm, vor der Beschlussfassung über die Sonderumlage einen entsprechenden Antrag zu stellen.

IX.
Keine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen nur bei bloßer Behauptung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 6. August 2024 – 2 Ta 49/24

Die bloße Behauptung des Klägers, das Vertragsverhältnis der Parteien sei als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, begründet nicht die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen. Schon gar nicht ausreichend ist es, wenn der Kläger lediglich in seinen Anträgen darauf abstellt, dass die "Kündigung des Arbeitsverhältnisses" unwirksam sei. Zwar eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen (BAG v. 3.12.2014 - 10 AZB 98/14 -, Rn 17). Erforderlich ist aber darüber hinaus, dass die Klagepartei die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten schlüssig darlegt.

X.
Außerordentliche Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 8. Juli 2024 – 15 SLa 127/24

1. Eine Arbeitnehmerin kommt der sie treffenden sekundären Darlegungslast für das Bestehen einer Krankheit nicht durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach, wenn deren Beweiswert erschüttert ist.

2. Ist der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, bedarf es weiteren Vortrags zu den tatsächlichen Umständen, die für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sprechen.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
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