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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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Urteile, die Sie interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/23 | Haus Jacobus

Schlagworte/Normen:
Einer schwangeren Arbeitnehmerin muss eine angemessene Frist eingeräumt werden, um ihre Kündigung vor Gericht anfechten zu können
Eine Frist von zwei Wochen für den Antrag auf Zulassung einer verspäteten Klage scheint zu kurz zu sein

Volltext PE:
Eine Angestellte eines Pflegeheims ficht ihre Kündigung vor einem deutschen Arbeitsgericht an. Sie beruft sich auf das Verbot, einer Schwangeren zu kündigen. Das Arbeitsgericht ist der Auffassung, dass es die Klage normalerweise als verspätet abweisen müsse.

Als die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erlangt und die Klage erhoben habe, sei nämlich die im deutschen Recht vorgesehene ordentliche Frist – drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung – bereits verstrichen gewesen. Überdies habe die Arbeitnehmerin es versäumt, innerhalb der im deutschen Recht vorgesehenen weiteren Frist von zwei Wochen einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage zu stellen.

Das Arbeitsgericht fragt sich jedoch, ob die in Rede stehende deutsche Regelung mit der Richtlinie über schwangere Arbeitnehmerinnen vereinbar ist. Es hat daher den Gerichtshof dazu befragt.

Der Gerichtshof stellt fest, dass nach der deutschen Regelung eine schwangere Arbeitnehmerin, die zum Zeitpunkt ihrer Kündigung Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, über eine Frist von drei Wochen verfügt, um eine Klage zu erheben.

Dagegen verfügt eine Arbeitnehmerin, die aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund vor Verstreichen dieser Frist keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, nur über zwei Wochen, um zu beantragen, eine solche Klage erheben zu können.

Nach Auffassung des Gerichtshofs scheint eine so kurze Frist, insbesondere verglichen mit der ordentlichen Frist von drei Wochen, mit der Richtlinie unvereinbar zu sein. In Anbetracht der Situation, in der sich eine Frau zu Beginn ihrer Schwangerschaft befindet, scheint diese kurze Frist nämlich dazu angetan, es der schwangeren Arbeitnehmerin sehr zu erschweren, sich sachgerecht beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage sowie die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen.

Es ist jedoch Sache des Arbeitsgerichts, zu prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.

Siehe:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2024-06/cp240108de.pdf

II.
Bundesverfassungsgericht
Pressemitteilung Nr. 60/2024 vom 18. Juli 2024
Beschluss vom 02. Juli 2024, Beschluss vom 02. Juli 2024
1 BvR 2244/23
1 BvR 2231/23

Schlagworte/Normen:
Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen zwei arbeitsgerichtliche Verurteilungen zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für die Mitarbeit in einem Yoga- und Meditationszentrum

Volltext PE:
Mit heute veröffentlichten Beschlüssen hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts richten. Dieses hatte den beschwerdeführenden Verein zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns an zwei ehemalige Vereinsmitglieder für deren Mitarbeit als Sevaka-Mitglied im Yoga- und Meditationszentrum (Ashram) des Vereins verpflichtet.

Die Verfassungsbeschwerden bleiben ohne Erfolg. Es kann offenbleiben, ob die Annahme des Bundesarbeitsgerichts, bei dem Beschwerdeführer handele es sich nicht um eine Religionsgemeinschaft, mit Art. 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz vereinbar ist. Denn es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die von den Klägerinnen geleisteten Dienste der Aufrechterhaltung des Beherbergungs- und Seminarbetriebs des Vereins und des Vertriebs von Yoga-Produkten, um deren arbeitsrechtliche Beurteilung es hier geht, für sich genommen religiös geprägt waren.

Siehe:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/bvg24-060.html

III.
Arbeitsgericht Mannheim
Urteil vom 26.06.2024 - 5 Ca 73/24

Schlagworte/Normen:
Schriftform einer Befristungsabrede - Auslegung - widersprüchliches Verhalten
Leitsätze:
1.Die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag bedarf der Angabe einer Befristungsdauer oder eines Endtermins. Wird die Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht unmissverständlich geregelt, ist das Gewollte durch Auslegung zu ermitteln. Bei formbedürftigen Erklärungen ist allerdings nur der Wille beachtlich, der unter Wahrung der vorgeschriebenen Form erklärt worden ist. Entscheidend ist nicht der irgendwie geäußerte Parteiwille, sondern nur der formgerecht erklärte. Versehentlich weggelassene Abreden oder formunwirksam getroffene Nebenabreden können nicht im Wege der Auslegung zum Inhalt der Erklärung gemacht werden.
2.Die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Befristungsabrede durch den Arbeitnehmer verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB. Bei vertraglichen Befristungsabreden ist es regelmäßig erlaubt, sie auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen; dies folgt unmittelbar aus § 17 TzBfG. Vertragsschluss und Klage sind nicht widersprüchlich im Sinne eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB. Die Beteiligung des Arbeitnehmers als solche an der Vereinbarung einer wegen Formnichtigkeit unwirksamen Befristungsabrede stellt keinen Grund dar, die Formnichtigkeit außer Acht zu lassen.

Siehe:
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001580653

IV.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss vom 20.06.2024 - 1 SHa 21/24

Schlagworte/Normen:
Flugbetrieb, örtliche Zuständigkeit in Beschlussverfahren, Bindungswirkung von Verweisungsbeschlüssen, durch Tarifvertrag gebildete besondere Arbeitnehmervertretung, Personalvertretung Cockpit

Leitsätze:
Die örtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten einer im Flugbetrieb aufgrund von § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewählten besonderen Arbeitnehmervertretung richtet sich entsprechend dem Sinn und Zweck des § 82 ArbGG danach, für welchen organisatorischen Bereich die Vertretung geschaffen wurde, ob eine unternehmensweite Vertretung gebildet wurde für mehrere Basen oder eine Arbeitnehmervertretung nur für eine Basis. Im Fall einer für die gesamte Bundesrepublik Deutschland gebildeten Personalvertretung ist das Arbeitsgericht am Sitz des Unternehmens zuständig.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2024/NRWE_LAG_D_sseldorf_1_SHa_21_24_Beschluss_20240620.html

V.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss vom 2.06.2024 - 3 Ta 51/24

Schlagworte/Normen:
Rechtsweg bei Abordnung und Abberufung einer Gleichstellungsbeauftragten

Leitsätze:
1.Erhebt eine Arbeitnehmerin im öffentlichen Dienst, der das Amt der Gleichstellungsbeauftragten nicht neben ihrer bisherigen Tätigkeit übertragen wurde, sondern im Wege der Umsetzung und entsprechenden Stellenzuweisung (bei gleichzeitiger Höhergruppierung), Klage gegen die Abordnung auf eine andere Stelle und gleichzeitige Abberufung aus dem Amt der Gleichstellungsbeauftragten, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet (Abgrenzung zu LAG Köln, Beschluss vom 07.07.2022 – 9 Ta 69/22).

2. Es handelt sich um eine bürgerlich-rechtliche und keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, wenn die streitentscheidenden Normen mit §§ 106 GewO, 315 BGB jedenfalls auch solche des bürgerlichen Rechts sind.

3. Mit der sich gegen die Abordnung und Abberufung richtenden Klage macht die Gleichstellungsbeauftragte keine Verletzung von Organrechten im Sinne von § 19a Abs. 1 LGG NRW geltend, sondern eine arbeitsrechtliche Überprüfung der entsprechenden Direktionsrechtsausübung und neuen Stellenzuweisung.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2024/NRWE_LAG_D_sseldorf_3_Ta_51_24_Beschluss_20240628.html

VI.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil vom 15.05.2024 - 14 SLa 81/24

Schlagworte/Normen:
Annahmeverzugslohn - Zumutbare Arbeit - Schadensersatz bei unterbliebener Zielvorgabe

Leitsätze:
1. Eine Arbeit ist nicht zumutbar iSv. § 11 Nr. 2 KSchG, wenn der Nettoverdienst nur geringfügig höher als das Arbeitslosengeld I ist, Kosten für die Arbeitswege mit dem Pkw anfallen, zu befürchten ist, dass der gekündigte Arbeitnehmer seine Expertise bei der anderen Tätigkeit verliert, sowie Probleme bei der Kinderbetreuung bestehen.
2. Bei einer in der Zielperiode pflichtwidrig und schuldhaft unterbliebenen Zielvorgabe ist der Arbeitgeber in gleicher Weise wie bei einer pflichtwidrig und schuldhaft nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet, allerdings ohne dass ein Mitverschulden des Arbeitnehmers in Betracht kommt.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2024/NRWE_LAG_D_sseldorf_14_SLa_81_24_Urteil_20240515.html

VII.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss vom 1.07.2024 - 3 Ta 85/24

Schlagworte/Normen:
Rechtsweg für eine Schadensersatzklage gegen einen Organvertreter des Arbeitgebers wegen Datenschutzverstößen und Persönlichkeitsrechtsverletzung

Leitsätze:
Für die Schadensersatzklage eines Arbeitnehmers gegen die Organvertreterin seines Arbeitgebers (hier: Präsidentin bzw. Vorstandsvorsitzende eines Vereins) wegen datenschutzrechtlicher Verstöße und einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Offenlegung von Gesundheitsdaten in einem Mitgliederrundbrief an knapp 10.000 Vereinsmitglieder ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. d) ArbGG eröffnet.

Siehe:
https://www.justiz.nrw/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2024/NRWE_LAG_D_sseldorf_3_Ta_85_24_Beschluss_20240701.html

VIII.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 08.05.2024, Az.: 2 TaBV 81/23

Schlagworte/Normen:
Unterrichtung des Betriebsrats bei einer Anhörung zu einer Versetzung eines Arbeitnehmers über deren konkreten Folgen; Aushöhlung von Provisionsregelungen trotz Weitergeltung durch Wechsel von dem Außen- in den Innendienst

Leitsätze:
Der Betriebsrat ist bei einer Anhörung zu einer Versetzung über deren konkreten Folgen zu unterrichten. Wenn der betroffene Arbeitnehmer trotz Weitergeltung der bisherigen Provisionsregelung aufgrund der veränderten Tätigkeit (Wechsel vom Außendienst in den Innendienst) keine Möglichkeit mehr besitzt, in unverändertem Umfang Provisionen zu erzielen, ist der Betriebsrat hierüber zu informieren.

Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/511a1f4c-851c-45ed-b6df-29178a5a39a1

IX.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.05.2024, Az.: 4 Sa 446/23

Schlagworte/Normen:
Berechtigung des Arbeitgebers zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds des Betriebsrats aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (hier: Konsum von Kokain während der Arbeitszeit)

Leitsätze:
Der Konsum von Kokain während der Arbeitszeit und in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar, der einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB abgeben kann.

Siehe:
https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/66b8353b-2725-4a01-8cc0-b0387cd2204a

X.
Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss v. 21.06.2024, Az.: 12 Ta 101/24

Schlagworte/Normen:
§ 45 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 GKG

Leitsätze:
Der in einem Kündigungsschutzverfahren bedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist bei der Streitwertfestsetzung nur zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden wird oder im Vergleich eine positive oder negative, ggf. auch konkludente Regelung hinsichtlich der Weiterbeschäftigung getroffen wird.

Wird in einem Vergleich ein späterer Beendigungszeitpunkt für das Arbeitsverhältnis vereinbart als in der Kündigungserklärung angegeben und regeln die Parteien eine Beschäftigung oder eine Freistellung des Arbeitnehmers für den Zeitraum zwischen dem Beendigungszeitpunkt gemäß der Kündigung und dem vereinbarten Beendigungsdatum, ist der hilfsweise gestellte Weiterbeschäftigungsantrag im Verfahrenswert mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten.

Siehe:
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE240000771

Neu eingestellte Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein:

Keine

Sonstiges:

I.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 23. April 2024 - II ZR 99/22 – veröffentlicht am 24.06.2024

Schlagworte/Normen:
BGB § 138 Bb.; GmbHG § 65
Leitsätze:
Zur Wirksamkeit eines mit einem GmbH-Geschäftsführer vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, das bei Zuwiderhandlung den rückwirkenden Verfall einer Karenzentschädigung vorsieht.
Siehe:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=2&nr=138046&anz=1336&pos=78

II.
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Beschluss vom 20.06.2024 – 7 U 10/24

Schlagworte/Normen:
Zu den Anforderungen an die Darlegung des Erwerbsschadens bei selbständig tätigen Handwerkern

Leitsätze:
1. Bei der Feststellung des Verdienstausfallschadens von selbständig Tätigen kommen dem geschädigten im Rahmen der erforderlichen Prognose der hypothetischen Geschäftsentwicklung Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO.
2. Es bedarf grundsätzlich konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben.
3. Die Eröffnung eines selbständigen Gewerbes, gleich welcher Branche, erfordert eine gewisse Vorbereitung und Planung, insbesondere eine Kalkulation des regelmäßigen Zeitaufwands, der zu erwartenden Einnahmen und Kosten sowie der Steuerbelastung.
4. Auch wenn der Geschädigte seinen Firmensitz im Ausland (hier Dänemark) hat und unstreitig über ein eigenes Firmenfahrzeug und entsprechendes Handwerkzeug (hier Dachdeckergewerbe) verfügt, ist zur Darlegung des Verdienstausfallschadens eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Rechnungslegung erforderlich.
5. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus den eigereichten Anlagenkonvoluten zusammenzusuchen. Vielmehr obliegt es dem Geschädigten, hinreichende Anhaltspunkte für den gerichtlich geltend gemachten Erwerbsschaden vorzutragen.
6. Eine Begehrensneurose lässt den Kausalzusammenhang für einen unfallbedingten psychischen Dauerschaden entfallen.

Siehe:
https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/bssh/document/NJRE001578493

III.
Landgericht München I
Beschluss v. 12.09.2023 – 14 T 9699/23

Schlagworte/Normen:
Barrierefreier Zugang zu Gerichtsdokumenten für Sehbehinderte

Leitsätze:
1. Behinderte müssen gerichtliche Schriftsätze und Dokumente barrierefrei erhalten, also durch solche Kommunikationseinrichtungen und -wege, die für behinderte Menschen in der allgemein zugänglichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der barrierefreier Zugang kann nicht dadurch ersetzt werden, dass die Partei für den Zugang zu den Prozessunterlagen auf eine Vermittlung durch ihren (sehenden) Rechtsanwalt verwiesen wird (entgegen BVerfG BeckRS 2014, 57736; BGH BeckRS 2013, 03740; BeckRS 2014, 01455). (Rn. 30 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Siehe:
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2023-N-24312?hl=true

IV.
Bundesfinanzhof
Urteil vom 11. April 2024, VI R 1/22 – veröffentlicht am 20.06.2024

Schlagworte/Normen:
Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten

Leitsätze:
1. Die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht und gesondert vergütet werden, bemisst sich nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt (entgegen Senatsurteil vom 27.08.2002 - VI R 64/96, BFHE 200, 240, BStBl II 2002, 883).

2. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer für die zuschlagsbewehrte Tätigkeit neben den Erschwerniszuschlägen einen Anspruch auf Grundlohn hat.

Siehe:
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410106/

V.
Bundesfinanzhof
Beschluss vom 04. Juni 2024, VIII B 7/23 – veröffentlicht am 20.06.2024

Schlagworte/Normen:
Tätigkeit eines staatlich anerkannten Sozialpädagogen im Bereich der Eingliederungshilfe ist keine sonstige selbständige Tätigkeit

Leitsätze:
1. NV: Es ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt, dass ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wenn die Tätigkeit ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich ist (Grundsatz der sogenannten Gruppenähnlichkeit). Des Weiteren ist geklärt, dass eine Tätigkeit den Regelbeispielen in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich ist, wenn die Tätigkeit berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt ist.

2. NV: Dies ist bei einer den Lebensalltag durch Beratungsleistungen unterstützenden sozialpädagogischen Tätigkeit im Rahmen der Eingliederungshilfe regelmäßig nicht der Fall.

Siehe:
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202450098/

VI.
Bundesfinanzhof
Urteil vom 05. Juni 2024, VI R 20/22 – veröffentlicht am 5.07.2024

Schlagworte/Normen:
Zufluss nicht ausgezahlter Tantiemen bei beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsätze:
1. Einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer fließen Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine Kapitalgesellschaft bereits bei Fälligkeit zu (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

2. Fällig wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben.

3. Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine dahingehende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen (a.A. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 12.05.2014, BStBl I 2014, 860).

Siehe:
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410116/

Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
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Telefon: (0711) 3058 9320Telefax: (0711) 3058 9311
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