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Das Verbraucherinsolvenzverfahren - Hinweise für die Praxis

Mit Modernisierung des Insolvenzrechts im Jahr 1999 wurde zum einen das sog. Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt. Damit ist es Privatpersonen nunmehr möglich, unter bestimmten Voraussetzungen Schuldenfreiheit (sog. Restschuldbefreiung) zu erwerben. Diese wird nach einer Laufzeit von 72 Monate erteilt, sodaß ein "Neuanfang" auch in Deutschland möglich ist.

Bei der neuen Insolvenzordnung steht weiterhin die Firmensanierung im Vordergrund (Regelinsolvenz); Zielsetzung nach dem neuen Gesetz ist damit die Sanierung von Unternehmen und nicht deren Abwicklung. Lediglich unwirtschaftliche Betreibsteile sollen ausgesondert werden.

Die aktuelle Situation der Insolvenzanträge spiegelt daher auch die Notwendigkeit der Sanierung und Konsoldierung (und damit "Gesundung") von Unternehmen zu marktwirtschaftlicher Größe wider.

Die im Gesetz im Einzlnen vorgenommenen Unterschiede

1. Die Abgrenzung zum Regelinsolvenzverfahren wird wie folgt vorgenommen
Verbraucherinsolvenz liegt vor, wenn

- keine juristische Person (AG, GmbH. Limited)
- keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnis (offene Löhne, Sozialversicherungsbeiträge)
- übersichtliche Vermögensverhältnisses, wenn zum Antragszeitpunkt weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind (§ 304 InsO)
gegeben sind.

2. Eröffnungsgrund

- eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit (Passiva werden durch die Aktive nicht mehr gedeckt; den Verbindlichkeiten steht kein ausreichendes Vermögen gegenüber)

- Bedienung von Zahlungspflichten nicht mehr möglich

3. Zweistufigkeit des Verbraucherinsolvenzverfahren

1. Stufe: Schuldenbereinigungsplan
Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs aufgrund eines Schuldenbereinigungsplans über 72 Monate; dieses Verfahren kann durch öffentlich anerkannte Schuldenbereinigungsstellen oder durch Rechtsanwälte durchgeführt werden.

2. Stufe: das Antragsverfahren
Bestätigung des Scheiterns des außergerichtlichen Einigungsversuchs durch geeignete Stellen (öffentliche Schuldenberatungsstellen, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater)

a) Antrag und Anlagen
- Eröffnungsantrag
- Schuldenbereinigungsplan

b) Weitere Verzeichnisse
- Vermögensverzeichnis
- Vermögensübersicht
- Gläubigerverzeichnis
- Antrag auf Restschuldbefreiung
- Stundung des Verfahrenskosten

3. Korrekturen/Ergänzungen

Auf gerichtlichen Hinweis sind Korrekturen und Ergänzungen vorzunehmen; die gesetzte Frist beträgt 1 Monat,
Achtung: nach Verstreichen dieser Frist gilt der Antrag als zurückgenommen.

4. Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren

a) Nach freier Überzeugung des Gerichts kann auf ein eigenes Schuldenbereinigungsverfahren verzichtet werden, wenn Erfolgsaussicht unwahrscheinlich (bei sog. flexiblem Nullplan);
z. B. wenn die angebotene Tilgungsquote zu gering ist oder flexibel über die nächsten 6 Jahre "0 €"angeboten wird.

b) Es erfolgt eine Anhörung und Einwendungen der Gläubiger durch Aufforderung des Gerichts an alle Gläubiger, zum Schuldenbereinigunsplan Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme kann nur durch beauftragte Anwälte, nicht dagegen durch Inkassobüros erfolgen.

c) Eine Zustimmungsfiktion durch Gericht kann bei überwiegend zustimmender Gläubigermehrheit (nach Köpfen und Forderungssummen) fehlende Stimmen von Amts wegen ersetzen, es sei denn, die Ablehnung erfolgt aus sachgerechten Gründen iSd. § 309 I, III InsO

5. Erfolgreicher Schuldenbereinigungsplan
Rechtliche Bedeutung eines gerichtlichen Vergleichs; die Forderungen existieren dann nur noch iHd der Fetsetzung im Schuldenplan

6. Bei erfolglosem Schuldenbereinigungsplan
Gericht prüft Eröffnung Insolvenzverfahren

Restschuldbefreiung erfolgt bei Verbraucherinsolvenz nach 6 Jahren ("Wohlverhaltensperiode") - dann ist ein schuldenfreier Neuanfang möglich.

Im Zuge des Einflusses des Europäischen Rechts wird in zu Angleichung der Rechtsordnungen auch im Insolvenzrecht kommen. Die europäische Niederlassungsfreiheit ist dabei maßgebendes Kriterium.

Rechtsanwalt Bastian Rohlffs © 2008, info@kanzlei-rohlffs.com
 
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