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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Anfechtung von Dividendenzahlungen
BGH, Urteil vom 30.03.2023, Az: IX ZR 121/22

1. Der aktienrechtliche Schutz des gutgläubigen Dividendenempfängers schließt eine Insolvenzanfechtung nicht aus.

2. Eine Dividendenzahlung an den Aktionär ist nicht deshalb unentgeltlich, weil der zugrundeliegende Gewinnverwendungsbeschluss infolge der (späteren) Ersetzung des Jahresabschlusses seine Wirkung verliert.

II.
Eine hälftige Schadensteilung dem Grunde nach kommt in Betracht, wenn der Busfahrer schuldhaft eine Notbremsung vorgenommen hat und der Fahrgast, der sich nicht ordnungsgemäß festgehalten hat, dabei verletzt wird.
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25.04.2023, Az: 7 U 125/22

1. Bei Businsassenunfällen verdrängt grundsätzlich das Eigenverschulden des Fahrgastes, der sich nicht ordnungsgemäß festgehalten hat, vollständig die Gefährdungshaftung aus einfacher Betriebsgefahr. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann sich das Eigenverschulden des Fahrgastes jedoch verringern. Eine Schadensteilung 50:50 kommt in Betracht, wenn der Busfahrer schuldhaft eine Notbremsung vorgenommen hat.

2. Grünes Ampellicht an einer Kreuzung bedeutet zwar, dass der Verkehrsteilnehmer nach den Regeln des § 9 StVO abbiegen darf. Nach § 9 Abs. 3 StVO muss er jedoch auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen und - wenn nötig - warten.

3. Jeder Fahrgast ist grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische oder zu erwartende Bewegungen eines Busses nicht zu Fall kommt. Im Stadtverkehr muss ein Fahrgast jederzeit mit plötzlichen Bremsmanövern rechnen und das bei der Wahl der Sicherheitsvorkehrungen berücksichtigen. Dazu gehört u.a. auch, bei ausgelöstem Haltesignal solange sitzen zu bleiben, bis der Bus die Haltestelle erreicht hat. Bei stehendem Transport sollten sich Fährgäste im fortgeschrittenen Alter mit beiden Händen an der Haltestange festhalten.

III.
Kündigung Fitnessstudio wegen Corona
BGH, Urteil vom 19.04.2023, Az: XII ZR 24/22

Die außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags durch den Kunden mit der Begründung, er könne wegen pandemiebedingten Betriebsschließungen und -beschränkungen das Fitnessstudio nicht im vertraglich vereinbarten Umfang nutzen, kommt nur im Ausnahmefall in Betracht.

IV.
Verwirkung eines Anspruchs auf Zeugnisberichtigung
LAG, Urteil vom 31.05.2023, Az: 4 Sa 54/22

1. Einzelfallentscheidung zur Frage der Verwirkung eines Anspruchs auf Berichtigung eines Arbeitszeugnisses.
2. Der Arbeitgeber hat kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des erteilten Zeugnisses, wenn er den Arbeitnehmer böswillig mit "ungenügend" beurteilt hat und der Arbeitnehmer das Zeugnis als "sittenwidrig", "unterirdisch" und von vorsätzlicher Schädigungsabsicht getragen beanstandet hat. Das gilt auch dann, wenn zwischen Beanstandung und Klageerhebung zwei Jahre liegen.

V.
Darlehensvertrag: Anspruch des Darlehensnehmers auf Zahlung von "Negativzinsen" aufgrund einer Zinsgleitklausel
BGH, Urteil vom 09.05.2023, Az: XI ZR 544/21

1. Die von dem Darlehensnehmer geltend gemachten "Negativzinsen" stellen nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB keine Zinsen im Rechtssinne dar. Dem Zinsbegriff im Rechtssinne ist eine definitorische Untergrenze bei 0% immanent, bei deren Erreichen die Pflicht des Darlehensnehmers zur Zinszahlung entfällt. Damit lässt sich eine Umkehrung des Zahlungsstroms von dem Darlehensgeber an den Darlehensnehmer nicht vereinbaren.

2. Haben die Parteien (nur) eine Zinsobergrenze vereinbart, kann aus dem Fehlen einer Zinsuntergrenze nicht geschlossen werden, dass dem Darlehensnehmer gegebenenfalls ein Anspruch auf Zahlung von "Negativzinsen" zukommen soll. Denn die unterbliebene ausdrückliche Vereinbarung einer Zinsuntergrenze beruht darauf, dass die Parteien bei Vertragsschluss entweder davon ausgegangen sind, dass der variable Zins nach der von ihnen vereinbarten Zinsformel aufgrund der zu erwartenden Marktentwicklung nicht negativ werden könne, oder dass sie aufgrund des Leitbilds und der vertragstypischen Pflichten eines Darlehensvertrags angenommen haben, dass ohnehin nur den Darlehensnehmer nicht aber den Darlehensgeber eine Zinszahlungspflicht treffen könne.

VI.
Wettbewerbswidrigkeit einer Preisangabe für Bestandteile von Photovoltaikangaben
OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.06.2023, Az: 6 W 9/23

Der in einer Google-Anzeige angegebene Preis für einen Bestandteil einer Photovoltaikanlage verstößt gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit, wenn nicht erkennbar ist, dass er 0 % Umsatzsteuer enthält und an welche Bedingungen dieser Umsatzsteuersatz geknüpft ist.

VII.
Eigenbedarfskündigung
LG Berlin, Urteil vom 02.06.2023, Az: 66 S 170/22

1. Hat im Vorfeld einer Eigenbedarfskündigung die Bedarfsperson eine von ihr genutzte Wohnung an den kündigenden Vermieter zurückgegeben, damit dieser die Wohnung leer stehend zu einem besseren Kaufpreis veräußern kann, und kündigt der Vermieter daraufhin eine andere vermietete Wohnung, um die Bedarfsperson nunmehr dort unterzubringen, so ist die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die veräußerte und die gekündigte Wohnung im wesentlichen vergleichbare Eigenschaften aufweisen, und wenn die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB im Verhältnis zum gekündigten Mieter nicht vorgelegen hätten.

VIII.
Gewährleistung für Instandhaltungsrücklage bei Verkauf?
OLG Koblenz, Urteil vom 17.05.2023, Az: 15 U 1098/22

1. Vereinbaren die Parteien eines notariellen Wohnungskaufvertrages, der Anteil an der „nach Angaben“ in näher genannter Höhe bestehenden Instandhaltungsrücklage sei „im Kaufpreis enthalten“, liegt darin keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.

2. Der Umstand, dass die Instandhaltungsrücklage Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, spricht gegen die Annahme, der Verkäufer einer Eigentumswohnung wolle mit der Angabe einer bestimmten Höhe seines Anteils an der Instandhaltungsrücklage zu einem vor dem Beurkundungszeitpunkt liegenden Stichtag die Gewährleistung für das Vorhandensein der Rücklage bei Gefahrübergang übernehmen.

IX.
Verbotene Eigenmacht bei Selbstabholung eines vermieteten Fahrzeugs und anschließender Verwertung
OLG Frankfurt, Urteil vom 25.05.2023, Az: 2 U 165/21

1. Die Selbstabholung eines vermieteten Fahrzeugs durch den Vermieter bei Zahlungsrückstand des Mieters stellt verbotene Eigenmacht dar. Veräußert der Vermieter das Fahrzeug schuldet er Wertersatz und eine Nutzungsentschädigung für einen angemessenen Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung.

2. Eine Mietvertragsklausel, die den Vermieter ermächtigt, den Mieter dem Besitz an der Mietsache ohne dessen Willen und ohne Ankündigung (auch zur Nachtzeit) zu entziehen und das Fahrzeug in Besitz zu nehmen, während der Mieter auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus verbotener Eigenmacht verzichtet, ist unwirksam.

X.
Fahrtenbuchauflage trotz Mitwirkung des Halters bei erfolglos gebliebener Fahrerfeststellung
Oberverwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 07.06.2023, Az: 1 B 51/23

Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, kann trotz zeitnaher Angaben des Halters zur Person des Fahrzeugführers ermessensgerecht sein, wenn dessen Verantwortlichkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte und dieses daher eingestellt worden ist.

Nach dem Zweck einer Fahrtenbuchauflage kommt es für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO nicht darauf an, ob der Fahrzeughalter die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrers zu vertreten hat.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
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Schriftleiter mittelstandsdepesche
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