DSGVO - Schadensersatz bei unvollständiger Auskunft im Arbeitsrecht
Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat seit dem 25. Mai 2018 maßgebliche Auswirkungen auf das Arbeitsrecht. Eine der wichtigsten Bestimmungen der DSGVO ist das Auskunftsrecht, welches Arbeitnehmern das Recht gibt, Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch den Arbeitgeber zu erhalten.
In der Praxis kann es jedoch vorkommen, dass der Arbeitgeber unvollständige oder falsche Auskünfte erteilt. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz hat.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 20.03.2019 (Az. 8 AZR 479/17) klargestellt, dass Arbeitnehmer bei unvollständigen oder falschen Auskünften des Arbeitgebers einen Anspruch auf Schadensersatz haben können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass ihm durch die unvollständigen oder falschen Auskünfte ein Schaden entstanden ist.
Ein solcher Schaden kann beispielsweise dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer aufgrund der unvollständigen Auskunft falsche Entscheidungen getroffen hat, die ihn in seiner beruflichen Entwicklung beeinträchtigt haben. Auch ein entgangener Gewinn kann in bestimmten Fällen als Schaden geltend gemacht werden.
Es ist jedoch zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht automatisch haftet, wenn er unvollständige oder falsche Auskünfte erteilt. Der Arbeitgeber muss vielmehr nachweisen können, dass er alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft sicherzustellen.
Eine Möglichkeit für Arbeitgeber, ihre Haftung zu minimieren, ist die Implementierung eines Datenschutz-Managementsystems (DSMS). Ein DSMS kann dazu beitragen, dass der Arbeitgeber die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen sicherstellt und somit auch die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte gewährleistet.
Das Thema Schadensersatz bei unvollständiger Auskunft im Arbeitsrecht im Zusammenhang mit der DSGVO hat in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte eine wichtige Rolle eingenommen. Während einige Gerichte eine Erheblichkeitsschwelle für einen ersatzfähigen Schaden fordern, haben sich andere Gerichte dafür ausgesprochen, auch empfundene Stress- und Sorgezustände als ersatzfähigen Schaden anzuerkennen.
Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 14. Juli 2022 (Az. 15 U 137/21) entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei unvollständiger Auskunft durch den Arbeitgeber über seine personenbezogenen Daten einen Anspruch auf Schadensersatz hat. Der Arbeitnehmer hatte in diesem Fall aufgrund der unvollständigen Auskunft empfundene Sorge und Stresszustände erlitten. Das Gericht stellte sich dabei gegen die Forderung einer Erheblichkeitsschwelle und erkannte die empfundenen Stress- und Sorgezustände als ausreichenden Schaden an.
Auch das Landesarbeitsgericht Hannover (Urteil vom 22. Oktober 2021, Az. 16 Sa 761/20) und das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 14. Dezember 2021, Az. 17 Sa 1185/20) haben in ähnlichen Fällen entschieden, dass empfundene Stress- und Sorgezustände als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen sind, auch wenn sie nicht unmittelbar auf einen wirtschaftlichen Verlust zurückzuführen sind.
Diese Urteile zeigen, dass Arbeitgeber bei der Bearbeitung von Anfragen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten äußerste Sorgfalt walten lassen sollten.
Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, http://www.dr-schmelzer.com, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646.
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