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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart




I.
Außerordentliche Kündigung, grobe Beleidigung eines Vorgesetzten, Vier-Augen-Gespräch, fehlende Vertraulichkeitserwartung, Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrecht
LAG Hamm, Urteil vom 14.07.2022, Az. 8 Sa 365/22

1. Grob ehrverletzende, diffamierende und von erheblicher Missachtung der Person geprägte Äußerungen über Vorgesetzte oder Kollegen in einem Vier-Augen-Gespräch am Arbeitsplatz können die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer nach den Umständen und dem Inhalt des Gesprächs im Einzelfall nicht davon ausgehen kann, dass seine Äußerungen als vertraulich eingeordnet und behandelt werden.

2. Fehlt es danach an einer begründeten Vertraulichkeitserwartung, steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG der Berücksichtigung dieser Äußerungen als Kündigungsgrund und deren Verwertung im Kündigungsschutzprozess nicht entgegen.

3. In einem Kontext mit dem Arbeitsverhältnis über Vorgesetzte oder Kollegen geäußerte Schmähkritik und Formalbeleidigungen am Arbeitsplatz sind vom Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG nicht umfasst.

II.
Einzelfallentscheidung zur Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung bei - Vorlage eines gefälschten SARS-CoV-2-Testnachweises
Arbeitsgericht Mannheim, Urteil vom 15.06.2022, Az. 2 Ca 25/22

1. Die Vorlage eines gefälschten SARS-CoV-2-Testnachweises stellt einen die Arbeitgeberin „an sich“ zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigenden Pflichtverstoß i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar.

2. In Anbetracht der besonderen gesundheitlichen Gefahren handelt es sich um eine erhebliche Verletzung der aus dem Arbeitsvertrag gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgenden Nebenpflichten. Durch die (versuchte) Täuschung der Arbeitgeberin, negativ auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden zu sein, hat der Arbeitnehmer das in ihn gesetzte und für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört.

III.
Keine "Corona-Entschädigung" bei Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber auch im Falle nachträglicher Arbeitsunfähigkeit.
VG Frankfurt, Urteil vom 28.09.2022, Az. 5 K 3397/20

1. Abweichend von dem in § 56 Abs 1 IfSG verankerten Grundsatz ordnet § 56 Abs. 7 Satz 1 IfSG für die Fälle sog. nachträglicher Arbeitsunfähigkeit zwar an, dass der Entschädigungsanspruch in Höhe des Betrages, der bei - nachträglichem - Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an den Berechtigten auszuzahlen war, bestehen bleibt.

2. Indessen gehen nach § 56 Abs. 7 Satz 2 IfSG Ansprüche, die Entschädigungsberechtigten wegen des durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Verdienstausfalls auf Grundlage anderer gesetzlicher Vorschriften zustehen, auf das entschädigungspflichtige Land über.
3. Zu diesen Ansprüchen gehört auch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

4. Es entsteht so ein "Nullsaldo", aus dem nichts weiter hergeleitet werden kann.

IV.
Unwirksame Klauseln bei Genossenschaftsbeitritt
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.10.2022, Az. 20 U 25/22

1. Eine im Zuge der Beitrittserklärung zu einer Genossenschaft getroffene Stundungs-/ Ratenzahlungsvereinbarung betreffend Einzahlungen auf weitere (freiwillige) Geschäftsanteile ist wegen Verstoßes gegen § 15b Abs. 2 GenG nach § 134 BGB nichtig.

2. Die Nichtigkeit dieser Stundungs-/Ratenzahlungsvereinbarung führt über § 139 BGB zwar grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Beitritts des betreffenden Mitglieds, hat jedoch regelmäßig die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Genossenschaft zur Folge, wenn der Beitritt durch seine Zulassung vollzogen ist.

3. Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Genossenschaft sind die Einzahlungen auf die weiteren Geschäftsanteile mit Vollzug des fehlerhaften Beitritts in voller Höhe fällig geworden.

V.
Schiedsverfahren
Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 10.10.2022, Az. 101 SchH 46/22

1. Bestimmt eine Schiedsklausel als maßgebliche Verfahrensordnung die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V., so besteht ein Schiedsgericht für die jeweilige Streitsache erst mit der Konstituierung.

2. Ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist rechtzeitig gestellt, wenn er vor diesem Zeitpunkt bei Gericht anhängig gemacht worden ist.

3. Die Einreichung einer Schiedsklage bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ist nicht vergleichbar mit der Anrufung eines ständigen Schiedsgerichts, das als dauerhafte Einrichtung vorgehalten wird, sodass es keiner fallweisen Konstituierung bedarf.

4. Eine Schiedsklausel, die korporativer Bestandteil des Gesellschaftsvertrags einer GmbH ist, ist gemäß den für solche Satzungsbestimmungen geltenden Grundsätzen nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen.

5. Eine nach objektivem Verständnis auszulegende Schiedsklausel in der Satzung einer GmbH, die ausdrücklich alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter in ihrem Verhältnis untereinander und zur Gesellschaft erfasst, wenn die Differenzen den Gesellschaftsvertrag betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, ist grundsätzlich weit auszulegen.

6. Eine weite Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH bildet eine materiell-rechtlich wirksame Grundlage für eine schiedsgerichtliche Zuständigkeit in Beschlussmängelstreitigkeiten (nur) dann, wenn sie die in höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen erfüllt (hier bejaht).

VI.
Fortgeltung einer Empfangsvollmacht nach Ausscheiden eines Gesellschafters
BFH, Beschluss vom 20.09.2022, Az. VIII B 65/21

NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, sondern ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 183 Abs. 3 AO, dass im Fall einer nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO erteilten Empfangsvollmacht die Bekanntgabe von (geänderten) Gewinnfeststellungsbescheiden an den bestellten Bevollmächtigten nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters solange auch diesem gegenüber wirksam ist, bis der ausgeschiedene Gesellschafter oder der Empfangsbevollmächtigte die Empfangsvollmacht gegenüber dem Finanzamt widerruft.

VII.
Testamentsauslegung
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.10.2022, Az. 14 U 125/21

1. Wenn ein durch Testament als Miterbe eingesetzter Abkömmling des Erblassers, der durch die Anordnung eines Vorausvermächtnisses beschwert ist, seinen Erbteil ausschlägt und einen Pflichtteilsanspruch geltend macht, kann die Auslegung zu dem Schluss führen, dass ein durch das Testament als Ersatzerbe des Ausschlagenden eingesetzter Abkömmling in diesem Fall nicht an die Stelle des Ausschlagenden treten soll.

2. Der Umstand, dass der an die Stelle des Ausschlagenden tretende Ersatzerbe im Verhältnis zu den Miterben die Pflichtteilslast zu tragen hat (§ 2320 Abs. 1 BGB), spricht nicht gegen eine solche Auslegung der Ersatzerbeneinsetzung.

VIII.
Energiepreispauschale ist pfändbar
AG Norderstedt, Beschluss vom 15.09.2022, Az. 66 IN 90/19

Die Energiepreispauschale gem. §§ 112 ff EStG ist pfändbar und unterfällt insbesondere dem Insolvenzbeschlag.

IX.
Ladesäule am Straßenrand ist zumutbar
Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 11.10.2022, Az. OVG 1 S 28/22

Die mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch einer (am öffentlichen Straßenrand errichteten) E-Ladesäule typischerweise entstehenden Beeinträchtigungen sind grundsätzlich von den Straßenanliegern als zumutbare sozialadäquate, aus dem straßenrechtlichen Gemeingebrauch fließende Belastungen zu dulden.

X.
Überkleben des blauen Euro-Feldes des Kennzeichenschildes
VG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2022, Az. 6 L 1698/22

1. Ist das blaue Euro-Feld eines Kennzeichenschildes an einem zulassungspflichtigen Kraftfahrzeug mit einer schwarzen Folie überklebt, verstößt es gegen § 10 Abs. 2 Satz 1 und 3, Abs. 12 Satz 1 FZV (juris: FZV 2011).

2. Unerheblich ist, ob im Einzelfall der Sternenkranz sichtbar oder das Unterscheidungszeichen und die Erkennungsnummer ablesbar bleiben

3. Der Betrieb eines solchen nicht vorschriftmäßigen Fahrzeugs kann auf öffentlichen Straßen nach § 5 Abs. 1 FZV (juris: FZV 2011) sofort vollziehbar untersagt werden.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter mittelstandsdepesche
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll.
Kronprinzstr. 14 70173 Stuttgart
Tel.: 0711/ 30 58 93-0Fax: 0711/ 30 58 93-11
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