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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


I.
Nachbesserungsverlangen mit Fristsetzung
BGH, Urteil vom 26.08.2020, Az. VIII ZR 351/19

Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der Leistungserfolg eingetreten sein. Die Frist ist allerdings so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann.

Hat der Käufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist, so ist er grundsätzlich nicht gehalten, dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung ist nur dann Rücktrittvoraussetzung, wenn der Käufer sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hat.

II.
Entlastung des Geschäftsführers der Komplementärin
BGH, Urteil vom 22.09.2020, Az. II ZR 141/19

a) Die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter bewirkt zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft.

b) Der Geschäftsführer der Komplementärin einer personalistisch strukturierten GmbH & Co. KG hat bei der Führung der Geschäfte der Gesellschaft auch dann die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, wenn er Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ist.

III.
Entschädigungsanspruch nach AGG aufgrund Benachteiligung wegen der Religion - Zulässigkeit der Frage nach der Religionszugehörigkeit bei Einstellung in den kirchlichen Dienst
ArbG Karlsruhe, Urteil vom 18. September 2020, Az. 1 Ca 171/19

1. Die Aufforderung in einer Stellenanzeige, die Konfession anzugeben, ist ein ausreichendes Indiz für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion gem. § 22 AGG.
2. Die berufliche Anforderung - Angehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft - ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie angesichts des Ethos der Kirche und der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Erbringung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der/die Arbeitgeber/-in.
3. Die Behauptung, die Auswahlentscheidung sei allein nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden, ist nicht geeignet, eine Benachteiligung wegen der Religion zu widerlegen.
4. Allein die Angabe in einem Bewerbungsschreiben "Atheistin" vermag die erforderliche Bereicherungsabsicht dann nicht zu begründen, wenn die Angabe eine andere Erklärung haben kann als nur die Erlangung eines Entschädigungsanspruchs.


IV.
Vorbeschäftigung und Befristung
LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. September 2020, Az. 2 Sa 747/20

Eine fast 17 Jahre und 3 Monate zurückliegende Vorbeschäftigung ist jedenfalls dann als "sehr lang her" i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anzurechnen, wenn das Vorbeschäftigungsverhältnis auf Betreiben der Arbeitnehmerin vorzeitig aufgelöst wurde. In einem solchen Fall ist ein Ausnutzen einer strukturellen Unterlegenheit der Arbeitnehmerin durch die Arbeitgeberin nicht zu ersehen.

V.
Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des geschäftsführenden Gesellschafters
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2020, Az. II ZR 359/18

1. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des geschäftsführenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft ist ein relativ unentziehbares Recht.
2. Der Eingriff in ein relativ unentziehbares Recht ist rechtmäßig, wenn dies im Interesse der Gesellschaft geboten und für den betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung der eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar ist oder er dem Eingriff zugestimmt hat. Dass eine Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis im Interesse der Gesellschaft liegt, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

VI.
Preisabrede und Vorkaufsrecht im Wohnungskaufvertrag
KG Berlin, Urteil vom 02. Oktober 2020, Az. 17 U 18/18

Eine differenzierte Preisabrede, die eine Preiserhöhung von der Ausübung des Vorkaufsrechts bzw. abstrakt vom Erlöschen mietvertraglicher Bindungen abhängig macht, ist im Verhältnis zum vorkaufsberechtigten Mieter unwirksam.

VII.
verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung
LG Berlin, Beschluss vom 01. September 2020, Az. 67 S 108/20

Eine weit verfrüht ausgesprochene Modernisierungsankündigung ist rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter kann aus ihr keine Duldungsansprüche gegenüber dem Mieter herleiten (hier: Ankündigung 16 Monate vor Beginn der am Mietobjekt beabsichtigten Maßnahmen).

VIII.
Erbschaftsteuerfreibetrag für Urenkel
BFH, Beschluss vom 27.07.2020, Az. II B 39/20 (AdV)

Urenkeln steht jedenfalls dann lediglich der Freibetrag in Höhe von 100.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

IX.
Verjährung Anspruch auf Herausgabe Handakten
BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020, Az. IX ZR 243/19

Der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakten verjährt nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist haben keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung.

X.
Restliche Vergütungsansprüche - gesetzlicher Mindestlohn - Zuständigkeit - Gericht
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 30. September 2020, Az. 9 Ta 117/20

Für eine Klage, die auf die Differenz zwischen einer vertraglich vereinbarten Vergütung und dem sie übersteigenden gesetzlichen Mindestlohn gerichtet ist, sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann zuständig, wenn ein Landgericht das Vertragsverhältnis der Parteien in einem vorangegangenen Rechtsstreit der Parteien in einem Urteil als freies Dienstverhältnis qualifiziert und eine Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ausdrücklich verneint hat. Denn es handelt sich bei der Differenzklage um einen sog. Sic-non-Fall, bei dem die bloße Rechtsansicht des Klägers, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
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