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Jens Klarmann
Rechtsanwaltssozietät Passau, Niemeyer, Dorsch, Klarmann, David
Walkerdamm 1
24103 Kiel


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Mutterschutzlohn und Beschäftigungsverbot

(Stuttgart) Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts besteht kein Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn die schwangere Arbeitnehmerin ohne Gefährdung an dem ihr zugewiesenen Ersatzarbeitsplatz arbeiten könnte, der Arzt ihr wegen der Schwangerschaft allerdings die Fahrt zum und vom Arbeitsplatz verboten hat.

Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, im Hinblick auf diese häufiger auftretende Frage unter Bezug auf ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. April 2008 - 17 Sa 1855/07.
In dem Fall war eine als Flugbegleiterin eingestellte Mitarbeiterin einer Fluggesellschaft schwanger. Ihre Ärzte hatten ihr wegen ihrer Schwangerschaft die einstündige Anreise mit dem Auto im Berufsverkehr von ihrem Wohnort zu dem ihr während der Schwangerschaft zur Verfügung gestellten Bodenarbeitsplatz verboten. Zwischen der Mitarbeiterin und dem Arbeitgeber bestand kein Streit darüber, dass die Mitarbeiterin die ihr zugewiesene Bodentätigkeit selbst während der Schwangerschaft hätte ausüben können. Mit ihrer Zahlungsklage verlangte die Mitarbeiterin von dem Arbeitgeber die Zahlung von Mutterschutzlohn für die Zeiten des Beschäftigungsverbotes. Sie vertrat die Auffassung, es verstoße gegen das AGG, das Wegerisiko bei Beschäftigungsverboten der Schwangeren aufzuerlegen.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung der Mitarbeiterin hatte ebenfalls keinen Erfolg, betont Klarmann. Das Hessische Landesarbeitgericht sei in Übereinstimmung mit Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu der Auffassung gekommen, es bestehe in diesen Fällen kein Anspruch auf Mutterschutzlohn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 MuSchG.
Mutterschutzlohn könne nur verlangt werden, wenn der Arbeitsausfall darauf zurückzuführen sei, dass Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind durch die Fortdauer der Beschäftigung oder durch die Übertragung einer Ersatztätigkeit gefährdet werden. Sei die Gefährdung hingegen in dem Weg oder der Fahrt von und zu der Arbeit begründet und bestünden gegen die Verrichtung der Tätigkeit bzw. einer Ersatztätigkeit keine Bedenken, schulde der Arbeitgeber keinen Mutterschutzlohn. Die Schwangere habe das sogenannte Wegerisiko zu tragen. Ein ärztliches Verbot, dass sich nur auf die Zurücklegung des Arbeitsweges beziehe, stelle kein Beschäftigungsverbot i.S.d. MuSchG dar.

Diese Auffassung sei weder überholt noch mit den heutigen Verhältnissen nicht mehr in Einklang zu bringen. Soweit die Klägerin auf veränderte Verkehrsverhältnisse und erhöhtes Verkehrsaufkommen in Ballungszentren verweise, mag eine Änderung gegenüber dem Zustand von 1970 eingetreten sein. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus diesem Jahr beruhe aber nicht auf der Annahme eines geringen Verkehrsaufkommens, sondern auf der Auslegung der §§ 3, 11 MuSchG in Situationen, in denen sich das Wegerisiko bei einer schwangeren Arbeitnehmerin aufgrund der Schwangerschaft realisiere. Gesteigertes Verkehrsaufkommen ändere an diesem Ansatzpunkt nichts, führe allenfalls dazu, dass ggf. in häufigeren Fällen als im Jahr 1970 damit zu rechnen sei, dass Schwangeren die Teilnahme am täglichen Berufsverkehr wegen der damit verbundenen Belastungen und einhergehenden Gefährdungen von den Arzt verboten werde. Die Verteilung des Wegerisikos habe aber unabhängig davon zu erfolgen, in welcher Häufigkeit mit einer Realisierung aufgrund bestimmter Umstände zu rechnen sei.
Soweit die Klägerin auf das AGG und eine seit 1970 veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft verweise und eine Benachteiligung gegenüber nicht schwangeren Arbeitnehmern oder auch kranken schwangeren Arbeitnehmerinnen beanstande, könne ihr nicht gefolgt werden. Die Belastung mit dem Wegerisiko stelle weder eine Ungleichbehandlung der Schwangeren noch eine mittelbare Frauendiskriminierung dar. Jeder Arbeitnehmer trage das Risiko der Realisierung des seine private Sphäre betreffenden Wegerisikos. Die Arbeitnehmerin, bei der sich das Wegerisiko aufgrund einer bestehenden Schwangerschaft realisiere, werde insoweit nicht anders behandelt als ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, bei denen sich das Wegerisiko aus anderen Gründen verwirkliche. Ebenso wenig liege eine Ungleichbehandlung gegenüber kranken Arbeitnehmern vor. Auch hier gelte nach der überwiegend und zutreffend vertretenen Auffassung, dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs. 1 EFZG bestehe, wenn die Krankheit nicht zur Arbeitsunfähigkeit führe, sondern der Arbeitnehmer wegen seiner Erkrankung nur nicht in der Lage sei, den Weg zur Arbeit zurückzulegen.
An der rechtlichen Bewertung des Sachverhaltes ändere auch der Umstand nichts, dass ein Mutterschutz, der der werdenden Mutter das Wegerisiko nicht abnehme, unvollkommen sei. Hierzu habe bereits das Bundesarbeitsgericht im Jahr 1970 ausgeführt. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der Gerichte, insoweit etwa bestehende Schutzlücken zu schließen
Klarmann empfahl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern, dieses Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Jens Klarmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VdAA – Vizepräsident
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