Entschädigung für Arbeitnehmer bei Verdienstausfall durch Schul- und Kita-Schließung – neues Gesetz
Bundestag beschließt Entschädigung für Arbeitnehmer bei Lohnausfall infolge Schulschließung
(Stuttgart) Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite verabschiedet.
Einen Überblick über die gesetzliche Neuregelung gibt der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott dar.
- Grundsatz: Lohn nur bei Arbeit
Der Arbeitgeber muss den Arbeitslohn nur zahlen, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich arbeitet. „Es gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn“, so Fuhlrott. Aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes gibt es hiervon aber einige Ausnahmen. Ist der Arbeitnehmer erkrankt, muss der Arbeitgeber etwa Lohnfortzahlung leisten (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz). Auch hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, während seines Urlaubs bezahlt zu werden (§ 1 Bundesurlaubsgesetz). Gibt es allerdings keine solche Ausnahme, die dem Arbeitnehmer einen Lohnanspruch zugesteht, obwohl er nicht arbeitet, erhält er keinen Arbeitslohn.
- Entgeltzahlung bei Schulschließungen
Vor diesem Problem standen und stehen viele Arbeitnehmer allerdings derzeit: Die Schulen und KiTas haben aufgrund behördlicher Verfügungen geschlossen. Kinder müssen zuhause betreut werden. In einer solchen Ausnahmesituation darf sich der Arbeitnehmer zwar auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Es ist ihm in einer solchen Situation nicht zumutbar, zur Arbeit zu gehen. Der Arbeitnehmer, der in einer solchen Situation zuhause bleibt, handelt damit zwar nicht pflichtwidrig (§ 275 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Wer allerdings keiner HomeOffice-Tätigkeit nachgehen und von zuhause nicht arbeiten kann, erhält in einer solchen Situation auch kein Geld mehr von seinem Arbeitgeber. Es bleibt nur die Möglichkeit der Gewährung von Urlaub. Auch die bisherigen arbeitsgesetzlichen Regelungen helfen dem Arbeitnehmer hierbei nicht. Zwar gibt es eine Ausnahmevorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 616 BGB), wonach der Arbeitnehmer sein Gehalt vorübergehend weiter erhält, wenn er aufgrund eines durch ihn nicht zu verschuldenden Umstands seiner Tätigkeit nicht mehr nachgehen kann. Diese Norm ist aber in vielen Arbeitsverträgen standardmäßig ausgeschlossen. Zudem kann hieraus ein Lohnanspruch nur für eine vorübergehende Zeit, also maximal eine Woche hergeleitet werden. „Arbeitnehmer können so schnell in eine existenzbedrohliche Situation kommen. Der Lohn wird nicht mehr gezahlt, aber der Lebensunterhalt muss weiter finanziert werden“, so Fuhlrott.
- Neue gesetzliche Regelung gibt Entschädigungsanspruch
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber nunmehr gehandelt und das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ am 25.03.2020 im Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat muss dem Gesetz am Freitag zwar noch zustimmen, was aber als sicher gilt. Das Gesetz soll dann bereits ab dem 30.03.2020 in Kraft treten.
Dadurch wird das Infektionsschutzgesetz (IfSG) um eine Regelung in § 56 Abs. 1 a erweitert, wonach der Arbeitnehmer im Falle einer
infektionsbedingten behördlichen Schließungsanordnung einer KiTa oder Schule, aufgrund der er
sich für sein unter zwölfjähriges bzw. behindertes Kind selbst kümmern muss und
dadurch einen Verdienstausfall erleidet und er auch
keine anderen zumutbaren Betreuungsmöglichkeiten hatte,
67% des ihm entstandenen Verdienstausfalls vom Staat erstattet bekommt.
Voraussetzung ist weiterhin, dass der Schließungszeitraum außerhalb der Schulferien liegt. Die Entschädigung wird zudem maximal für sechs Wochen gezahlt und ist auf EUR 2.016, - je vollen Monat gedeckelt (§ 56 S. 3 IfSG n.F.).
„Das neue Gesetz ist eine sinnvolle Regelung. Sie sorgt dafür, dass Arbeitnehmer entschädigt werden, wenn auf einmal ihre Kinderbetreuung entfällt. Auch werden Unternehmen von den Kosten entlastet, indem die Entschädigung durch den Staat gezahlt wird“, so Fuhlrott.
Fuhlrott empfiehlt Arbeitgebern und Arbeitnehmern, bei Fragen zur Reichweite oder dem Umfang der neuen Regelung Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verweist.
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Prof. Dr. Michael Fuhlrott
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