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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Allgemeine Geschäftsbedingung Makler
OLG Stuttgart Urteil vom 6.2.2019, Az. 3 U 146/18
Die Allgemeine Geschäftsbedingung eines Maklers, wonach sich der Makler-Alleinauftrag nach einer Mindestlaufzeit von sechs Monaten automatisch um jeweils drei Monate verlängert, sofern der Maklervertrag nicht gekündigt wird, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Maklerkunden unwirksam.
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=27348
II.
Haftung Versicherungsvermittler
OLG Dresden, Beschluss vom 16. Mai 2019, Az. 4 U 441/19
1. Ein Versicherungsvermittler, der im Verhältnis zu den Versicherungen Versicherungs-, oder Mehrfachagent ist, haftet dem Versicherungsnehmer als Versicherungsmakler, wenn er diesem gegenüber nicht deutlich macht, dass er als Versicherungsvertreter auftritt; der bloße Hinweis auf die ihm nach § 34d GewO erteilte Erlaubnis reicht hierfür nicht aus.
2. Bei einem beabsichtigten Versicherungswechsel in einem existentiell bedeutsamen Bereich, zu dem auch die betriebliche Inhaltsversicherung gehört, gehört es zu den Pflichten des Maklers, Deckungslücken zu vermeiden. Hat der Versicherungsnehmer allerdings bereits selbst gekündigt, bevor er den Makler kontaktiert, ist er jedoch grundsätzlich nicht gehalten, sich bei einem anderen Versicherer kurzfristig um eine vorläufige Deckung bis zum Abschluss der Anschlussversicherung zu bemühen.
3. Eine Pflicht des Maklers, den Kunden darauf hinzuweisen, dass eine beabsichtigte Vermittlung auch scheitern kann, besteht nicht.
III.
sittenwidriger Schädigung bei Abgasrückführungsabschalteinrichtung
OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019, Az. 5 U 1318/18
1. Wer vorsätzlich ein Fahrzeug mit einer unzulässigen, weil die Typengenehmigung in Frage stellenden Einrichtung (hier Abgasrückführungsabschalteinrichtung) in den Verkehr bringt, kann aufgrund sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB Schadensersatz schulden.
2. Tritt eine juristische Person den vom Kläger dargelegten Indizien für eine Kenntnis leitender Angestellte und von Vorständen lediglich mit der Aussage entgegen, dafür lägen keine Erkenntnisse vor, führt dieses Bestreiten mit Nichtwissen zur Geständnisfiktion des § 138 Abs. 4 ZPO. Ungeachtet dessen wird einer im Übrigen anzunehmenden sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.
3. Als Schaden kommt sowohl die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeuges, die mit den Folgen der Nachrüstung verbundenen Aufwände als auch die enttäuschte Erwartung, einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, in Betracht.
4. Der Kläger muss sich den Wert der gezogenen Nutzungen als Vorteilsausgleich anrechnen lassen. Der konkrete Fall gibt keinen Anlass, dies als unbillig anzusehen.
IV.
Werbung Influencer
LG München I, Urteil vom 29. April 2019, Az. 4 HK O 14312/18
1. Posts von Influencern auf Instagram, auf denen Produkte gekennzeichnet und mit den entsprechenden online-Auftritten der Produkthersteller verlinkt sind, sind in der Regel auch ohne Gegenleistung der verlinkten Unternehmen geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil die Influencer damit sowohl ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten als auch die der verlinkten Unternehmen fördern.
2. Diese Verlinkungen, für die der Produkthersteller keinerlei Gegenleistung gewährt hat und die von ihm auch nicht beauftragt wurden, verstoßen jedoch dann nicht gegen § 5a Abs. 6 UWG, wenn sich der kommerzielle Zweck der geschäftlichen Handlung unmittelbar aus den Umständen ergibt. Da sich der informierte Verbraucher inzwischen daran gewöhnt hat, dass Influencer durch ihre Tätigkeit Geld verdienen und sie ihre Posts deshalb nicht aus rein privaten Interessen verfassen, kann die Anzahl der Follower und der Umstand, dass es sich um ein öffentliches, mit einem sogenannten blauen Haken versehenes Profil eines bekannten Influencers handelt, dazu führen, dass der kommerzielle Zweck des Posts ohne weiteres erkennbar ist.
V.
Rauchen in einer Mietwohnung
AG Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2019, Az. 31 C 249/17
Das Rauchen in einer Mietwohnung geht über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus und begründet eine Schadensersatzverpflichtung des Mieters, wenn dadurch Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch einfache Schönheitsreparaturen beseitigen lassen, sondern darüber hinausgehende Arbeiten erfordern (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 249, § 535 BGB).
VI.
Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13. Mai 2019, Az. L 7 AL 84/18
1. Eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe tritt bei einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer auch dann ein, wenn zwischen Auflösungsvertrag und Beendigung des Arbeitsverhältnisses fast drei Jahre liegen. (Rn.21)
2. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Minderung der Anspruchsdauer infolge einer Sperrzeit kann mit einer Verpflichtungsklage verfolgt werden. (Rn.18)
VII.
Lohnkürzung - Schweigen des Arbeitnehmers
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 02. April 2019, Az. 5 Sa 221/18
Schweigen ist im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Willenserklärung. Jedenfalls ist bei einem Arbeitsverhältnis im Falle nachteiliger Änderungen im Bereich der Hauptleistungspflichten regelmäßig nicht von einer stillschweigenden Annahmeerklärung auszugehen, solange die Folgen der Änderung noch nicht hervorgetreten sind.
VIII.
Nachweis der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit; Attest
OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Mai 2019, Az. 2 LB 369/19
1. Eine ärztliche Bescheinigung zum Nachweis der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit muss die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die sich aus ihnen ergebenden Auswirkungen auf die Prüfung so beschreiben, dass die Prüfungsbehörde in die Lage versetzt wird, selbstständig über die Prüfungsfähigkeit zu befinden. (Rn.45)
2. Eine nähere Beschreibung der Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen kann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn bereits aufgrund der mitgeteilten Diagnose einer akuten Krankheit die Prüfungsunfähigkeit offensichtlich ist
IX.
Gefahrerhöhung durch das Aufbewahren des Fahrzeugscheins im Handschuhfach;
OLG Dresden, Urteil vom 12. April 2019, Az. 4 U 557/18
1. Durch das Aufbewahren des Fahrzeugscheins im Fahrzeug wird der Schadensfall regelmäßig weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt.(Rn.9)
2. Die auf Überforderung des Versicherungsnehmers beruhenden Falschangaben zu Nachschlüsseln und weiteren Nutzern eines gestohlenen PKW stellen abhängig von den Umständen des Einzelfalles einen mittleren Grad von Fahrlässigkeit dar, der eine Leistungskürzung um 50% rechtfertigen kann.(Rn.11)
X.
Sonntagsarbeit - Callcenter; Anspruch der Kirchen auf Hinzuziehung zu Bewilligungsverfahren
Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 11. April 2019, Az 3 A 505/17
1. Der Anspruch der Kirchen auf Hinzuziehung zu sonntagsarbeitregelnden Bewilligungsverfahren folgt aus § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG.(Rn.33)
2. Der Anspruch auf Hinzuziehung zu Verwaltungsverfahren betreffend die Bewilligung der Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in Callcentern ist nicht auf Rechtssetzungsverfahren zu kommunalen Satzungen oder Rechtsverordnungen beschränkt, sondern besteht gleichfalls bei einer sonntagsarbeitregelnden Einzelbewilligung.(Rn.44)
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
Rechtsanwalt
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