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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Unterrichtung des Betriebsrats über Arbeitsunfälle von Fremdpersonal
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. März 2019, Az. 1 ABR 48/17
Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, über Arbeitsunfälle unterrichtet zu werden, die Beschäftigte eines anderen Unternehmens im Zusammenhang mit der Nutzung der betrieblichen Infrastruktur des Arbeitgebers erleiden.
Die Arbeitgeberin erbringt Zustelldienste. Auf ihrem Betriebsgelände sind im Rahmen von Werkverträgen auch Arbeitnehmer anderer Unternehmen tätig. Nachdem sich zwei dieser Beschäftigten bei der Beladung von Paletten infolge wegrutschender Überladebleche verletzten, hat der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Vorlage von Kopien der Unfallanzeigen erbeten. Zudem will er künftig über entsprechende Arbeitsunfälle des Fremdpersonals informiert werden. Außerdem verlangt er, ihm jeweils die Unfallanzeigen zur Gegenzeichnung vorzulegen und in Kopie auszuhändigen.
Die Vorinstanzen haben die darauf gerichteten Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Seine Rechtsbeschwerde hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Nach § 89 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz muss der Betriebsrat vom Arbeitgeber bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung stehenden Fragen hinzugezogen werden. Hiermit korrespondiert ein entsprechender Auskunftsanspruch des Betriebsrats. Dieser umfasst im Streitfall auch Unfälle, die Arbeitnehmer erleiden, die weder bei der Arbeitgeberin angestellt noch deren Leiharbeitnehmer sind. Aus den Arbeitsunfällen des Fremdpersonals können arbeitsschutzrelevante Erkenntnisse für die betriebszugehörigen Arbeitnehmer, für die der Betriebsrat zuständig ist, gewonnen werden. Die auf die Unfallanzeigen bezogenen Begehren des Betriebsrats waren dagegen nicht erfolgreich.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22077&pos=2&anz=14&titel=Unterrichtung_des_Betriebsrats_%FCber_Arbeitsunf%E4lle_von_Fremdpersonal
II.
Küchengeräteverkauf vermittelt keine einschlägige Berufserfahrung für Arbeitsvermittlung
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. März 2019, Az. 6 AZR 171/18
Hat ein Arbeitnehmer in einer früheren Tätigkeit eine Vertriebskompetenz erworben, vermittelt ihm dies allein noch keine einschlägige Berufserfahrung für eine Tätigkeit als Arbeitsvermittler, die im Entgeltsystem der Bundesagentur für Arbeit entgeltsteigernd zu berücksichtigen wäre. Nach § 18 Abs. 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) in der seit dem 1. September 2015 geltenden Fassung wird einschlägige Berufserfahrung bei der Einstellung im Rahmen der Stufenzuordnung nur dann berücksichtigt, wenn die frühere Tätigkeit nach ihrer Art (Aufgabeninhalt) und ihrem Anforderungsniveau den Kompetenzanforderungen der bei der Bundesagentur übertragenen Tätigkeit vergleichbar ist. Zu vergleichen sind auch die fachlichen Anforderungen der Tätigkeiten. Es soll festgestellt werden, ob der neu eingestellte Beschäftigte ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die nunmehr übertragene Tätigkeit ausüben kann, denn dies rechtfertigt eine höhere Vergütung.
Der Kläger war vor seiner Einstellung bei der beklagten Bundesagentur selbständiger Handelsvertreter für Produkte zur Ausstattung von Großküchen (z. B. Spülmaschinen, Wasseraufbereitungsanlagen). Bei der Beklagten wurde ihm die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers mit Beratungsaufgaben übertragen. Der Kläger ist der Auffassung, er habe als Handelsvertreter hierfür einschlägige Berufserfahrung erworben. Er habe bei der Beklagten nur Arbeitgeber betreut und von diesen freie Stellen akquiriert. Dabei habe er seine Vertriebserfahrung nutzen können. Die Beklagte hat die Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung abgelehnt. Der Aufgabeninhalt der Tätigkeiten sei nicht vergleichbar.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Vertrieb von Küchengeräten und Zubehör weist hinsichtlich der Zielsetzung und der fachlichen Anforderungen keine Vergleichbarkeit mit dem Einwerben geeigneter Stellen für Arbeitssuchende auf. Dies gilt erst recht bezogen auf das gesamte Aufgabenspektrum der Arbeitsvermittlung.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22098&pos=0&anz=14&titel=K%FCchenger%E4teverkauf_vermittelt_keine_einschl%E4gige_Berufserfahrung_f%FCr_Arbeitsvermittlung_
III.
Insolvenzrechtlicher Rang eines Abfindungsanspruchs nach §§ 9, 10 KSchG
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. März 2019, Az. 6 AZR 4/18
Macht erst der Insolvenzverwalter einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG rechtshängig und löst das Gericht das Arbeitsverhältnis daraufhin auf, ist der Anspruch auf Abfindung nach § 10 KSchG eine Masseverbindlichkeit, die nach § 53 InsO vorweg zu berichtigen, also wie geschuldet in voller Höhe zu erfüllen ist. Das gilt auch dann, wenn die der Auflösung zugrunde liegende Kündigung noch vom späteren Insolvenzschuldner erklärt worden ist.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 kündigte die spätere Insolvenzschuldnerin das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 15. Januar 2015. Während des erstinstanzlichen Kündigungsschutzverfahrens kündigte sie in einem an den Klägeranwalt vom Arbeitsgericht formlos übersandten Anwaltsschriftsatz vom 26. Januar 2015 den Hilfsantrag an, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2015 hat der Kläger das unterbrochene Verfahren gegen den zum Insolvenzverwalter bestellten Beklagten aufgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 9. Juni 2016 hat der Beklagte auch den Auflösungsantrag „vom 26.01.2015“ gestellt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.558,75 Euro aufgelöst, die „zur Insolvenztabelle festgestellt wird“. Das Landesarbeitsgericht hat die auf die insolvenzrechtliche Einordnung des Abfindungsanspruchs beschränkte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung des Abfindungsanspruchs als Masseverbindlichkeit. Die Antragstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung stelle die maßgebliche Handlung dar, auf der die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und damit der Abfindungsanspruch beruhten. Demgegenüber hat der Beklagte den Standpunkt vertreten, sowohl die Kündigungserklärung als auch die erstmalige Einführung des Auflösungsantrags in den Prozess als maßgebliche Handlungen seien durch die Insolvenzschuldnerin erfolgt.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Mangels Zustellung hat nicht schon der Schriftsatz der späteren Insolvenzschuldnerin vom 26. Januar 2015, in dem der Auflösungsantrag angekündigt war, zu dessen Rechtshängigkeit geführt. Diesbezüglich war auch keine Heilung eingetreten. Den Auflösungsantrag als die für die insolvenzrechtliche Einordnung maßgebliche Handlung hat erstmals der beklagte Insolvenzverwalter in der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 9. Juni 2016 rechtshängig gemacht (§ 261 Abs. 2 1. Alt. ZPO).
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22095&pos=1&anz=14&titel=Insolvenzrechtlicher_Rang_eines_Abfindungsanspruchs_nach_%A7%A7_9,_10_KSchG
IV.
BGB § 675 Abs. 1, § 280 Abs. 1
Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Februar 2019, Az. IX ZR 181/17
Zur Frage, inwieweit sich ein Rechtsanwalt auf Angaben seines Mandanten über den Zeitpunkt des Zugangs eines Kündigungsschreibens verlassen darf.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=77a1ba931ed74506232a827688e57595&nr=93264&pos=0&anz=1
V.
Gesetzlicher Urlaubsanspruch - unbezahlter Sonderurlaub
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019, Az. 9 AZR 315/17
Für die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubs bleiben Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs unberücksichtigt.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juni 1991 beschäftigt. Die Beklagte gewährte ihr wunschgemäß in der Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub, der einvernehmlich bis zum 31. August 2015 verlängert wurde. Nach Beendigung des Sonderurlaubs verlangt die Klägerin von der Beklagten, ihr den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen für das Jahr 2014 zu gewähren.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Gewährung von 20 Arbeitstagen Urlaub verurteilt.
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klägerin hat für das Jahr 2014 keinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub.
Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Dies entspricht einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten.
Der Senat hat diese Umrechnung in Fällen des Sonderurlaubs bisher nicht vorgenommen. An dieser Rechtsprechung (BAG 6. Mai 2014 - 9 AZR 678/12 - Rn. 11 ff., BAGE 148, 115) hält der Senat nicht fest. Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben. Dies führt dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22140&pos=1&anz=16&titel=Gesetzlicher_Urlaubsanspruch_-_unbezahlter_Sonderurlaub
VI.
Elternzeit - Kürzung von Urlaubsansprüchen
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2019, Az. 9 AZR 362/18
Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG besteht auch für den Zeitraum der Elternzeit, er kann jedoch vom Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gekürzt werden. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG steht im Einklang mit dem Unionsrecht.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Sie befand sich ua. vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 durchgehend in Elternzeit. Mit Schreiben vom 23. März 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. Juni 2016 und beantragte unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche, ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist Urlaub zu gewähren. Mit Schreiben vom 4. April 2016 erteilte die Beklagte der Klägerin vom 4. April bis zum 2. Mai 2016 Urlaub, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs lehnte sie ab. Die Klägerin hat mit ihrer Klage zuletzt noch die Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit geltend gemacht.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel gekürzt.
Möchte der Arbeitgeber von seiner ihm durch § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG eingeräumten Befugnis Gebrauch machen, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen, muss er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. Dazu ist es ausreichend, dass für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass der Arbeitgeber von der Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen will. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben.
Die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs verstößt weder gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Das Unionsrecht verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben (EuGH 4. Oktober 2018 - C-12/17 - [Dicu] Rn. 29 ff.
Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=22143&pos=0&anz=16&titel=Elternzeit_-_K%FCrzung_von_Urlaubsanspr%FCchen
VII.
Beschlussfassung des Betriebsrats - Amtsunfähigkeit - Selbstzusammentrittsrecht - Arbeitsunfähigkeit - freigestelltes Betriebsratsmitglied
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.12.2018, Az. 10 TaBV 1/18 -
1. Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG kann von dem Betriebsveräußerer vor dem Betriebsübergang eingeleitet werden, auch wenn die personelle Maßnahme - hier: Umgruppierung - erst nach dem Betriebsübergang wirksam wird.
2. Es besteht eine Vermutung, dass ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das arbeitsunfähig erkrankt ist, auch amtsunfähig ist. Handelt es sich um den Vorsitzenden des Betriebsrats, so ist er verhindert i.S.d. § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
3. Nimmt der verhinderte Vorsitzende des Betriebsrats an einer Betriebsratssitzung teil, führt dies zur Unwirksamkeit eines darin gefassten Beschlusses.
4. Ein Selbstzusammentrittsrecht des Betriebsrats bei Verhinderung von Vorsitzendem und stellvertretendem Vorsitzenden des Betriebsrats setzt voraus, dass ein dringlicher Beratungsgegenstand vorliegt.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2018-12&nr=27192&pos=0&anz=2
VIII.
Eingruppierung Übersetzer
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 16.01.2019, Az. 3 Sa 392/18
Zu den Voraussetzungen des Tarifmerkmals der "qualifizierten Übersetzung" in EG 13 (teilweise parallel zu LAG Köln, 11.01.2018 - 7 Sa 412/17)
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/3_Sa_392_18_Urteil_20190116.html
IX.
Unzulässige Richterablehnung, Wiederholende Richterablehnung, Rechtsmissbrauch
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 27.02.2019, Az. 3 Sa 777/16
1. Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann wiederholend und deshalb unzulässig, wenn neben den in allen bisherigen Ablehnungsverfahren immer wieder vorgetragenen unzureichenden Gründen (hier aus 12 beigezogenen Akten mit teilweise mehreren Ablehnungsgesuchen), die von der ablehnenden Partei selbst als "Basisgründe" bezeichnet werden, in jedem neuen Ablehnungsgesuch ein offensichtlich ungeeigneter Zusatzgrund genannt wird, und dies augenscheinlich in der Absicht geschieht, dem Ablehnungsgesuch den Makel der Wiederholung zu nehmen.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist auch dann gegen das ganze Gericht gerichtet und daher unzulässig, wenn alle bisher mit Berufungen und sonstigen Eingaben der ablehnenden Partei befassten Vorsitzenden abgelehnt werden oder abgelehnt worden sind und damit bisher sieben von zehn in Betracht kommenden Personen betroffen waren.
3. Als Indizien, die bei wiederholten Ablehnungsgesuchen für die rechtsmissbräuchliche Absicht der Ablehnenden sprechen können, kommen in Betracht:
-Die Ablehnung aller mit Eingaben der Antragstellerin befasster Vorsitzenden.
-Die wiederholte Ablehnung derjenigen Vorsitzenden, die über Ablehnungsgesuche gegen andere Vorsitzende zu entscheiden haben und derjenigen Vorsitzenden, die weiter in der Vertretungskette folgen.
-Unzutreffende Verschwörungstheorien.
- Regelmäßige Fristverstöße durch neuen Tatsachenvortrag kurz vor dem Kammertermin.
-Wiederholte Unsachlichkeiten nicht nur im Rahmen der Ablehnungsgesuche sondern auch im Rahmen der Hauptsacheverfahren.
-Dies alles in spezifischen Sachverhaltskonstellationen, bei denen mit einer baldigen Erledigung zu rechnen ist, was im wirtschaftlichen Interesse der Ablehnenden liegt.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/3_Sa_777_16_Beschluss_20190227.html
X.
Anpassung, Betriebsrente, Rentengesellschaft, wirtschaftliche Lage, Konzern
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.01.2019 - 4 Sa 624/13 und 4 SA 88/16
1. Die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verlangt, dass auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive Lage abgestellt wird, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.
2. Die Zurechnung der günstigen wirtschaftlichen Lage eines oder mehrerer anderer Unternehmen darf nicht zur Folge haben, dass der Versorgungsschuldner die Anpassungen letztlich aus seiner Substanz leisten muss.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/4_Sa_624_13_Urteil_20190122.html
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/4_Sa_88_16_Urteil_20190122.html
XI.
Rechtsweg - Geschäftsführer nach Abberufung – Vergütungsansprüche
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 11.01.2019, Az. 9 Ta 219/18
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/9_Ta_219_18_Beschluss_20190111.html
XII.
Rechtsweg - Geschäftsführer nach Abberufung – Schmerzensgeld
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 11.01.2019, Az. 9 Ta 220/18
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/9_Ta_220_18_Beschluss_20190111.html
XIII.
Rechtsweg - (Handels-)vertreter – Arbeitnehmer
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 13.02.2019, Az. 9 Ta 229/18
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2019/9_Ta_229_18_Beschluss_20190213.html
XIV.
Altersfreizeit - Staffelung nach Wochenarbeitszeit - Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2019, Az.12 Sa 615/18
Wenn Mitarbeiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 oder weniger Stunden anders als Vollzeitbeschäftigte und anders als Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit zwischen 35 und 37,5 Stunden, die eine entsprechend reduzierte Altersfreizeit erhalten, überhaupt keine Altersfreizeit erhalten, stellt dies eine unzulässige Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit im Sinne des § 4 Abs. 1 TzBfG dar (im Anschluss an LAG Düsseldorf 13.09.2016 - 14 Sa 874/15, juris).
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2019/NRWE_LAG_D_sseldorf_12_Sa_615_18_Urteil_20190123.html
XV.
Verfahrensfehler bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden; dringender Fall; gesetzlicher Richter; Zurückverweisung
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 8.01.2019, Az. 3 Ta 5/19
1. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt wegen der gegenüber § 937 Abs. 2 ZPO vorrangigen Sonderregelung des § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG die Zurückweisung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nur in dringenden Fällen in Betracht. Anderenfalls - und das ist der Regelfall - muss mit der Kammer unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden werden.
2. Der dringende Fall im Sinne von § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG liegt nur vor, wenn im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes die Warnung des Gegners oder die Zeitdauer, die mit der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung verbunden ist, vermieden werden muss und die zeitliche Dringlichkeit nicht auf ein zögerliches Verhalten des Antragstellers zurückzuführen ist. Der dringende Fall geht in seinen Anforderungen damit deutlich über die des bei einstweiligen Verfügungen ohnehin stets erforderlichen Verfügungsgrundes hinaus. Sein Anwendungsbereich ist eng zu fassen, da mit der Feststellung des dringenden Falles unmittelbar Auswirkungen auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters und auf den Umfang der Gewährung rechtlichen Gehörs verbunden sind.
3. Wegen der unmittelbar Verfahrensgrundrechte betreffenden Auswirkungen ist im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung stets eine zumindest kurze Begründung für die Feststellung des dringenden Falls zu fordern.
4. Lässt eine arbeitsgerichtliche Entscheidung, in der ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung im Wege der Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden zurückgewiesen wird, mit keinem Wort erkennen, dass die besonderen Anforderungen des § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gesehen und geprüft worden sind und liegt auch darüber hinaus erkennbar kein dringender Fall vor, beruht die Entscheidung auf einem schwerwiegenden Verfahrensfehler.
5. Schwerwiegende, Verfahrensgrundrechte berührende Verfahrensfehler einer erstinstanzlichen Entscheidung können in Anwendung der §§ 78 Satz 1 ArbGG, 572 Abs. 3 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Arbeitsgericht führen; § 68 ArbGG findet im Beschwerdeverfahren keine Anwendung.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2019/NRWE_LAG_D_sseldorf_3_Ta_5_19_Beschluss_20190108.html
XVI.
§ 241 BGB, § 249 BGB, § 251 BGB, § 280 BGB, § 283 BGB, § 7 BUrlG, § 125 SGB 9
LAG Niedersachsen, Urteil vom 16.01.2019, 2 Sa 567/18, anhängig BAG, Az. 2 AZN 286/19
Der Arbeitgeber ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, den schwerbehinderten Arbeitnehmer auf dessen Zusatzurlaub gemäß § 125 SGB IX a. F. hinzuweisen. Kommt der Arbeitgeber seinen Informations- und Hinweispflichten gemäß der Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 ( - C-684/16 -) nicht nach, hat der Arbeitnehmer nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch im Form des Ersatzurlaubes, der sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in einen Abgeltungsanspruch umwandelt.
Siehe:
https://www.juris.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE190003307&st=null&doctyp=juris-r&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint
XVII.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen entscheidet über Kündigung wegen rechtsextremer Aktivitäten eines Arbeitnehmers
Berufung von VW gegen Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig erfolglos
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 21. März 2019, Az. 13 Sa 371/18
Das Landesarbeitsgericht hat heute die Berufung der Volkswagen AG insgesamt und die Anschlussberufung des Klägers gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig zum Teil zurückgewiesen. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung und um Weiterbeschäftigung.
Im Juni 2017 breitete eine Gruppe Männer während des Auftritts einer Sängerin in einer Großraum-Diskothek auf Mallorca eine schwarz-weiß-rote Flagge aus, die einer Reichskriegsflagge nachempfunden war. Auch der seit 1998 bei der Beklagten beschäftigte Kläger befand sich in der Diskothek. Er hat unter seinem Namen ein Facebook-Profil angelegt. Nachdem ihn eine Zeitung über dieses Profil wegen des Vorfalls kontaktiert hatte, forderte der Kläger die Zeitung auf, ihn und die Beklagte nicht namentlich zu nennen.
Die Beklagte befragte den Kläger zu dem Vorfall auf Mallorca und stellte ihn anschließend bezahlt von der Arbeit frei. Weitere Fragen, u.a. nach einer Mitgliedschaft bei den sogenannten Hammerskins, beantwortete der Kläger nicht. Mit Zustimmung des Betriebsrats sprach die Beklagte dem Kläger eine außerordentliche fristlose, hilfsweise eine fristgemäße Tat- und Verdachtskündigung aus verhaltens- und personenbedingten Gründen aus.
Der Kläger hat mit seiner Kündigungsschutzklage geltend gemacht, er sei an dem Vorfall nicht beteiligt gewesen und habe sich nur abseits der Gruppe bewegt. Für die Berechtigung der Kündigung komme es nur auf sein Verhalten am Arbeitsplatz an.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe sich in der Öffentlichkeit mit rechtsradikalem und verfassungswidrigem Verhalten dargestellt. Die Personengruppe habe in der Diskothek auch die Worte „Ausländer raus!“ skandiert. Zahlreiche Medien hätten über das Verhalten des Klägers und seine Zugehörigkeit zur rechtsradikalen Szene berichtet. Schon zuvor habe der Kläger wegen seiner Gesinnung und seines Wirkens für die sog. Hammerskins im medialen Fokus gestanden und auch über den öffentlichen Bereich seines Facebook-Profils fremdenfeindliche Äußerungen geteilt. Da in ihrem Unternehmen Mitarbeiter aus 114 Nationen tätig seien, treffe sie eine besondere Verantwortung, gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder rassistischem Gedankengut vorzugehen. Sie habe zudem eine besondere geschichtliche Verantwortung vor dem Hintergrund des Einsatzes von Zwangsarbeitern während der Zeit des Nationalsozialismus. Der Kläger habe sowohl gegen die für alle Beschäftigten verbindlichen Verhaltensgrundsätze als auch gegen die Betriebsvereinbarung zum partnerschaftlichen Verhalten am Arbeitsplatz verstoßen. Mindestens sei das Arbeitsverhältnis im Falle einer Unwirksamkeit der Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Mitarbeiter seien aufgrund der Gesinnung des Klägers nicht mehr bereit, mit diesem zusammenzuarbeiten. Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben und den Auflösungsantrag zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Kündigung ist unwirksam. Es handelt sich um ein außerdienstliches Verhalten, das keine Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt; die Beklagte ist kein öffentlicher Arbeitgeber und verfolgt auch keine politische Tendenz. Auch liegen keine hinreichenden Gründe vor, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Daher kann der Kläger auch seine Weiterbeschäftigung verlangen; sein Begehren blieb lediglich insoweit erfolglos, als er seine Beschäftigung zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort und in einem bestimmten Bereich verlangt hat. Dies zu bestimmen, unterliegt dem Direktionsrecht der Arbeitgeberin.
Siehe:
http://www.landesarbeitsgericht.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/landesarbeitsgericht-niedersachsen-entscheidet-ueber-kuendigung-wegen-rechtsextremer-aktivitaeten-eines-arbeitnehmers-175221.html
XVIII.
Kein Vergleichsmehrwert, wenn die Vergleichsregelung auf ein "wohlwollendes" Zeugnis beschränkt ist
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6022/19
1. Wenn die Parteien über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung streiten, kann an sich regelmäßig ohne nähere Begründung davon ausgegangen werden, dass auch das Führungs- und Leistungsverhalten streitig war.
Es bedarf zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts für eine Zeugnisregelung dann regelmäßig keiner näheren Angaben, aus denen auf einen im Zeitpunkt des Vergleichs bestehenden Streit bzw. eine Ungewissheit über den Zeugnisanspruch geschlossen werden kann (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 – 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 4).
2. Geht in einem solchen Fall der Inhalt eines Vergleichs aber über den einer Abwicklungsregelung nicht hinaus (Erstellung eines "wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses"), die zudem auch keinen vollstreckbaren Inhalt hat, ist der Ansatz eines Vergleichsmehrwerts insoweit nicht gerechtfertigt.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ft8/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190004025&documentnumber=1&numberofresults=1132&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XIX.
Gegenstandswert bei Kündigung während der Probezeit
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6018/19
Der Streit über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses von kurzer Dauer ist mit dem Vierteljahresverdienst zu bewerten, wenn nicht ein Fortbestand von weniger als drei Monaten geltend gemacht wird (ständ. Rspr., vgl. nur LAG Berlin-Brandenburg 6. August 2014 - 17 Ta (Kost) 6068/14).
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ft8/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190003703&documentnumber=2&numberofresults=1132&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XX.
Gebührenstreitwert bei Feststellungsanträgen auf künftige Leistung - Angabe des Kostenstreitwerts in der Kostengrundentscheidung
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6091/19
1. Für die Berechnung des Gebührenstreitwerts nach § 63 Abs. 2 GKG ist gem. § 40 GKG auf den Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung abzustellen.
2. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG ist bei Ansprüchen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
3. Ein Abschlag auf 80 vH lässt sich regelmäßig nicht rechtfertigen. Dieser für den Wert der Beschwer entwickelte Gesichtspunkt ist auf die Festsetzung des Gebührenstreitwerts nicht übertragbar. Auch Feststellungsanträge sind nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen (vgl. BAG 22. September 2015 – 3 AZR 391/13 (A), Rn 10 f).
4. Berücksichtigt werden kann allerdings, wenn bereits bei der Einreichung der Klage deutlich gemacht wird, dass ein Sozialleistungsbezugs mit der Konsequenz eines Anspruchsübergangs erfolgt oder zu erwarten ist und die Auslegung ergibt, dass mit der Klage nur die Geltendmachung nicht übergegangener Ansprüche gewollt ist.
5. Eine Reduzierung des gesetzlich festgelegten Gebührenstreitwerts bei der Geltendmachung von Ansprüchen ist allenfalls im Wege einer teleologischen Reduktion - zweckentsprechenden Einschränkung - von § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG) berechtigt,
wenn eine Durchsetzung der geltend gemachten Forderung problematisch ist (vgl. BAG 22. September 2015 – 3 AZR 391/13 (A), Rn. 12; für eine Anknüpfung des Gebührenstreitwerts an die wirtschaftliche Bewertung der Aussichten für die Durchsetzung der Forderung auch BGH 6. April 2009 - VI ZB 88/08).
6. Die Angabe eines "Kostenstreitwerts" im Urteilstenor führt regelmäßig neben der Angabe des Werts nach § 61 Abs. 1 ArbGG, aus dem das Berufungsgericht den Wert der Beschwer zu ermitteln hat, zu Irritationen bei den Parteien, da für sie nicht erkennbar ist, ob damit eine Entscheidung über den Gebührenstreitwert gemeint sein soll. Unnötige Kostenbeschwerden können dadurch vermieden werden, dass eine solche vom Gesetz nicht vorgesehene Angabe im Urteilstenor unterbleibt.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ft8/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190003113&documentnumber=3&numberofresults=1132&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XXI.
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten nicht im Bezirk des Landesarbeitsgerichts ansässiger Rechtsanwälte - fiktive Berechnung
LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.03.2019, Az. 26 Ta (Kost) 6144/19
1. Tatsächlich angefallene Reisekosten einer auswärtigen Rechtsanwältin sind insoweit notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO und damit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte (vgl. BGH 9. Mai 2018 – I ZB 62/17, Rn. 12). Das gilt auch für die Arbeitsgerichtsbarkeit.
2. Eine derart beigeordnete auswärtige Rechtsanwältin kann ihre Reisekosten bis zur größtmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks erstattet verlangen (so auch BGH 4. Dezember 2018 – VIII ZB 37/18, Rn. 14).
3. Bei Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg kommt es insoweit auch nicht darauf an, in dem Bezirk welchen erstinstanzlich zuständigen Arbeitsgerichts die Partei ansässig war bzw. ist. Unerheblich ist es insoweit auch, wie groß ein LAG-Bezirk ist. Nicht maßgeblich ist insbesondere, dass er sich über zwei Bundesländer erstreckt.
Siehe:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/ft8/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE190003119&documentnumber=4&numberofresults=1132&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=K¶mfromHL=true#focuspoint
XXIII.
Betriebsübergang, kollektivrechtliche Normen, Betriebsvereinbarung, Aufhebung, Bedingung, Rechtsmissbrauch, Tarifvertragsparteien, Zustimmung
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.09.2018, Az. 6 Sa 210/17, 6 Sa 215/17, 6 Sa 221/17,
6 Sa 255/17, 6 Sa 288/17, 6 Sa 294/17,
Die Parteien streiten nach einem Betriebsübergang über die Höhe der Vergütung des Klägers.
Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war ab dem 15.07.1991 bei der Streithelferin – ein - in deren K. Niederlassung beschäftigt. Diese Niederlassung war bei der Streithelferin als eigener Betrieb mit einem Betriebsrat organisiert. Seit dem 01.05.2016 betreibt die Beklagte die Niederlassung in K. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zu diesem Zeitpunkt im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/60FDDAD8CD614511C12583BB00490CA5/$file/Urteil-6-Sa-210-17_26-09-2018.pdf
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/CB184352CC447E81C12583BB00490CA6/$file/Urteil-6-Sa-215-17_26-09-2018.pdf
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/1A036C0460FDF560C12583BB00490CA7/$file/Urteil-6-Sa-221-17_26-09-2018.pdf
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/B91AE8471E5D8F5AC12583BB0049225D/$file/Urteil-6-Sa-255-17_26-09-2018.pdf
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/19DB8A90D0F5AD2EC12583BB0049225E/$file/Urteil-6-Sa-288-17_26-09-2018.pdf
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/077AA8C33DB39064C12583BB0049225F/$file/Urteil-6-Sa-294-17_26-09-2018.pdf
XXIV.
Ausschreibung, Diskriminierung, Schwerbehinderung, Öffentlicher Arbeitgeber, Vorstellungsgespräch, Nichteinladung, Einstellungsverfahren (gestuftes), Bewerber (externe), Bewerber (interne), Indizwirkung, Widerlegung, Abbruch des Verfahrens
LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.09.2018, Az. 1 Sa 26 öD/18
Die Klägerin macht einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung geltend.
Die Beklagte ist eine kreisfreie Stadt in S...-H..... Sie ist aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrags im Hinblick auf ihre prekäre Haushaltslage verpflichtet, bis 2018 strukturelle Einsparungen in Höhe von 24,7 Mio. EUR vorzunehmen. Schon seit 2009 hat sie sich personalpolitische Eckpunkte im Rahmen ihrer Haushaltskonsolidierung gegeben. Danach erfolgte die Genehmigung von externen Einstellungsverfahren durch den Bürgermeister, dem alle Anträge auf externe Einstellungen vorzulegen sind. Die vorrangige Nachbesetzung aus den eigenen Reihen ist als personalpolitischer
Grundsatz festgeschrieben. Wegen weiterer Einzelheiten zu diesen internen Vorgaben wird auf die Anlage B 1 (Blatt 56 –66 d. A.) verwiesen.
Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/DB54A1D833A005F6C12583BB00492260/$file/Urteil-1-Sa-26%20%C3%B6D-18_18-12-2018.pdf
XXV.
Unterschrift auf einer Telekopie
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. Januar 2019, Az. III ZB 88/18,
Der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der aufgrund der bereits auf dem Originalschriftsatz kaum sichtbaren (blassen) Unterschrift damit rechnen muss, dass diese entgegen § 130 Nr.6 ZPO möglicherweise nicht auf die Telekopie übertragen werden wird, handelt schuldhaft, wenn das bei Gericht eingehende und dort ausgedruckte Fax eine im Original tatsächlich vorhandene Unterschrift nicht erkennen lässt und er dadurch eine Frist im Sinne von § 233 Satz1 ZPO versäumt.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=3&nr=92838&pos=113&anz=576
Mit besten kollegialen Grüßen
Ihr
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V.
Kronprinzstr. 14
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