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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglied
BGH, Urteil vom 18.09.2018, Az. II ZR 152/17
a)Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen einer Aktiengesellschaft gegen ein Aufsichtsratsmitglied gemäß § 116 Satz 1, § 93 Abs. 2 , Abs. 6 AktG wegen Verjährenlassens von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied beginnt gemäß § 200 Satz 1 BGB mit dem Zeitpunkt der Verjährung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied.
b) Das gilt auch dann, wenn der Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied darauf beruht, dass dieses Einlagen an das Aufsichtsratsmitglied zurückgewährt hat.
II.
Rechtswegzuständigkeit: Geschäftsführer nach Abberufung
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 30. August 2018, Az. 9 Ta 143/18
1. Streitigkeiten aus dem Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers eröffnen regelmäßig nicht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten.(Rn.11) Dieses gilt dem Grunde nach auch für den Fall, dass der Geschäftsführer vor dem Ausspruch einer Kündigung des Anstellungsvertrages abberufen wurde.(Rn.13)
2. Beschränkungen der Geschäftsführerbefugnis gründen für sich genommen keine persönliche Abhängigkeit, die für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung ist.(Rn.15) Vielmehr müssen zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses weitere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers nach dessen Abberufung nachträglich zum Arbeitsvertrag geworden ist, vergleiche LAG Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2017 - 2 Ta 497/16 -.(Rn.18)
III.
Regress des verurteilten allgemeinen Bauüberwachers gegenüber dem Fachüberwacher und den beteiligten Unternehmen
LG Wuppertal, Urteil vom 12. Oktober 2018, Az. 17 O 97/12
Der Fachüberwacher und die von ihm zu überwachenden Unternehmen bilden in der Regel eine Haftungseinheit gegenüber dem allgemeinen Bauüberwacher und haften daher ihm gegenüber auch im Innenverhältnis als Gesamtschuldner.
IV.
LG Heidelberg, Beschluss vom 04. Oktober 2018, Az. 1 O 71/18
Es ist davon auszugehen, dass auf Seiten einer Onlineplattform, die über 31 Millionen Kunden in Deutschland verfügt und diesen eine vollständig in deutscher Sprache gehaltene Onlineplattform-Oberfläche zur Verfügung stellt, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sind. Die Verweigerung der Annahme eines nicht übersetzten Schriftstücks erweist sich dann als unberechtigt.
V.
BGH, Urteil vom 11. September 2018, Az. II ZR 307/16
Eine im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft vereinbarte Mehrheitsklausel, die unter dem Vorbehalt abweichender gesetzlicher Bestimmungen steht, ist typischerweise dahin auszulegen, dass die Mehrheitsklausel dispositiven gesetzlichen Regelungen vorgeht.
VI.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2018, Az. 6 U 84/17
Inhaltsstoffe im Internet zum Onlinekauf angebotener Naturkosmetikprodukte sind wesentliche Informationen im Sinn von § 5a Abs. 2 UWG, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
VII.
Keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht aus religiösen Gründen
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.09.2018, Az. 2 A 1821/15
1. Die Nichtinanspruchnahme der mit dem Rundfunkbeitrag erfassten Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt keinen (objektiven) Härtegrund dar, der die Befreiung von der Beitragspflicht rechtfertigen könnte.
2. Die Gründe für einen solchen bewussten Verzicht sind für das Fortbestehen der Beitragspflicht regelmäßig irrelevant. Aus diesem Grund kommt eine Befreiung aus religiösen und weltanschaulichen Gründen regelmäßig nicht in Betracht.
3. Es ist weder Aufgabe des Staates noch ihm möglich, durch Ermittlungen im privatesten Bereich festzustellen, ob eine tatsächlich bestehende Rundfunkempfangsmöglichkeit etwa aus religiösen Gründen tatsächlich nicht genutzt wird.
4. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags tangiert den Schutzbereich des Art. 4 GG nicht.
VIII.
LG Saarbrücken, Urteil vom 06. September 2018, Az. 14 O 162/17
1. Kommt es in Folge eines Ausweichmanövers, dass der Fahrzeugführer einleitet, um bewusst einem Fuchs auszuweichen, zu einer Beschädigung seines Fahrzeugs, so kann eine Leistungskürzung nach §§ 90, 83 Abs. 1, 81 Abs. 2 VVG auf null in Betracht kommen. Ein willentliches Ausweichen vor einem solch kleinen Tier stellt in der Regel ein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar. In die Bemessung der Leistungskürzung sind auch die Größe des PKW - hier ein SUV - und das damit einhergehende Schadenrisiko bei der Kollision mit dem Fuchs miteinzubeziehen.
2. Eine vollständige Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall dadurch grob fahrlässig herbeiführt, dass er sein Fahrzeug trotz absoluter Fahruntüchtigkeit (hier: Blutalkoholkonzentration von 1,57‰) im Verkehr geführt hat (BGH, Urteil vom 22. Juni 2011, IV ZR 225/10 und Urteil vom 11. Januar 2012, IV ZR 251/10; OLG Saarbrücken, Urteil vom 30. Oktober 2014, 4 U 165/13; LG Saarbrücken, Urteil vom 18. Februar 2015, 14 O 108/14).
3. Kommen als alternative Geschehensabläufe nur die Verursachung eines Unfalls durch das Ausweichen vor einem Fuchs oder aufgrund des Fahrens im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit in Betracht und ist in beiden Fällen die Rechtsfolge eine Leistungsreduzierung auf null, so kann die tatsächliche Verursachung dahinstehen.
IX.
BGH, Urteil vom 11. September 2018, Az. XI ZR 380/16
Die Bürgschaft eines Arbeitnehmers für Verbindlichkeiten des Arbeitgebers ist nicht schon deswegen sittenwidrig, weil sie vom Arbeitnehmer ohne eine Gegenleistung in einer wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers übernommen wird (Fortführung des Senatsurteils vom 14. Oktober 2003, XI ZR 121/02, BGHZ 156, 302 ff.).
X.
Zustimmung des Aufsichtsrats
BGH, Urteil vom 10.07.2018, Az. II ZR 24/17
a) Bestimmen die Satzung oder der Aufsichtsrat, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen, hat der Vorstand die Zustimmung des Aufsichtsrats grundsätzlich vor der Durchführung des Geschäfts einzuholen.
b) Die Zustimmung kann, vorbehaltlich der Übertragung der Zustimmungsentscheidung auf einen Ausschuss, nur durch ausdrücklichen Beschluss des Aufsichtsrats erteilt werden und kann nicht durch eine Entscheidung des Aufsichtsratsvorsitzenden ersetzt werden.
c) Die Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds auf Schadensersatz durch eine Aktiengesellschaft wegen Pflichtverletzung ist regelmäßig nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Alleinaktionär zuvor in das haftungsbegründende Geschäft eingewilligt hat.
d) Der Vorstand kann gegenüber einer Schadensersatzklage der Aktiengesellschaft, die mit dem Verstoß gegen einen zu Gunsten des Aufsichtsrats eingerichteten Zustimmungsvorbehalt begründet ist, einwenden, der Aufsichtsrat hätte den von ihm durchgeführten Maßnahmen zugestimmt, wenn er ihn gefragt hätte.
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