Das neue Bauvertragsrecht – Hier: Neuregelung Mängelhaftung / Bedürfnis einer Neuregelung / Hintergründe
(Kiel) Das zum 01.01.2018 normierte neue Bauvertragsrecht hat viele Neuerungen der Rechtslage bedingt. Beispielsweise ist die gesetzliche Änderung der Mängelhaftung erfolgt.
Ausgangspunkt dieses Erfordernisses, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, war eine Entscheidung des EuGH (Urt. V. 16.06.2011 – verb. RS-65/09 (Weber) u. Rs C-87/09 (Putz), NJW 2008, 1433), die Anlass dazu gegeben hat, dass ein verschuldensunabhängiger Ersatz von Ein- und Ausbaukosten eines Käufers einer mangelhaften Sache zu erfolgen kann.
Um ein besseres Verständnis für die jetzige Rechtslage und der formulierten Änderungen gewähren zu können, ist ein kurzer Blick zur historischen Entwicklung empfehlenswert. Der BGH in seinem sog. „Dachziegel-Fall“ (Urt. v. 9.3.1983 – VIII ZR 11/82, NJW 1983, 1479) hatte für das Kaufrecht, welches bis zur Schuldrechtsreform galt, zu entscheiden, ob der Verkäufer einer Kaufsache im Falle einer Wandlung die vergeblichen Ein- und Ausbaukosten zu tragen hat. Dies hat der BGH in Anwendung des § 467 S. 2 BGB a.F. bejaht. Dem Verkäufer wurden mithin die Kosten des Wandlungsvollzuges auferlegt. Darüber hinaus ist demselben die Verpflichtung auferlegt worden, die mangelhafte Kaufsache ordnungsgemäß zu beseitigen. Insoweit war in dem vorliegenden Fall der Verkäufer auch die Pflicht zur Abdeckung der Ziegel bzw. zur Tragung der diesbezüglichen Kosten auferlegt worden.
Im Hinblick auf die Gesetzeslage, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform gegeben war, der BGH im sog. „Parkettstäbe-Fall“ (Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837) entschieden. Der Verkäufer hatte bereits neue Parkettstäbe geliefert gehabt. Allerdings wollte der Käufer auch die Kosten der Neuverlegung ersetzt erhalten. In diesem Falle hatte der BGH entschieden, dass der Käufer Anspruch auf Nacherfüllung habe. Der Käufer könne nicht die Kosten des Einbaus bzw. Wiedereinbaus begehren, weil dieses Begehren über den ursprünglichen Erfüllungsanspruch hinausgehe. Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch war auf die Lieferung einer mangelfreien Sache gerichtet. Allerdings schulde der Verkäufer die Kosten des Einbaus unter schadensersatzrechtlichen Aspekten.
Der BGH musste sich alsdann erneut mit der Lieferung mangelhaften Baumaterials (Fliesen) befassen. Es erfolgte die Vorlage an den EuGH (BGH Beschluss vom 14.01.2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660) der alsdann der Grundsatz normierte, dass eine Nachbesserung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher einerseits sowie unentgeltlich und innerhalb angemessener Frist andererseits, zu erfolgen hat. Daraus ergibt sich die Pflicht des Verkäufers entweder selbst den Ausbau und den Wiedereinbau der mangelfreien Kaufsache vorzunehmen oder aber er muss die dem Käufer entstandenen Kosten entsprechend erstatten (EuGH Urt. v. 16.06.2011, NJW 2008, 1433).
In dem BGH Urteil vom 21.12.2011 (BGH Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08; NJW 2012, 1073) hat derselbe die sog. „Fliesen-Folgeentscheidung“ die im Hinblick auf Verbraucherfälle entwickelte Rechtslage auch bei Beteiligung eines Unternehmens angewandt. Insoweit hat der BGH eine richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB vorgenommen.
In der sich anschließenden sog. „Granulat-Entscheidung“ vom 17.10.2012 (BGH Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 236/11, NJW 212, 220) hatte sich der BGH sich mit der Folgefrage auseinanderzusetzen, ob die für die Verbraucherfälle umgesetzte Rechtslage auch dann Geltung beansprucht, wenn eine Vertragsverhältnis zwischen Unternehmern besteht. Im Ergebnis kam der BGH zu einer sog. „gespaltenen Auslegung“, indem eine Differenzierung zwischen der einfachen Nacherfüllungspflicht des Verkäufers gegenüber einem Käufer als Unternehmer und einer „erweiterten Nacherfüllungspflicht“ gegenüber einem Verbraucher differenziert hat. Diese differenzierende Auslegung hat der BGH alsdann auch in seinen Folgeentscheidungen beibehalten (BGH Beschl. V. 16.4.2013 – VIII ZR 375/11; BGH Urt. v. 2.4.2014 – VIII ZR 46/13, NJW 2014, 2183).
Im Anschluss an die vorskizzierte Rechtsprechung wurden verschiedene Gesetzesentwürfe vorgeschlagen und diskutiert.
Nunmehr ist ein Kernstück der gesetzlichen Neuregelung die Änderung der kaufvertraglichen Haftung. Dieselbe fußt ursächlich auf die Rechtsprechungsänderung in denjenigen Fällen, in denen ein Werkunternehmer mangelhaft gelieferte Baustoffe einbaut, hierbei die Mangelhaftigkeit derselben nicht erkennt und er selbst, aufgrund dessen werkvertraglicher Vereinbarungen, verpflichtet ist, eine Mängelbeseitigung vorzunehmen. Die werkvertragliche Erfüllungspflicht des Unternehmers ist darauf gerichtet, sämtliche Kosten des Ein- und Ausbaus zu übernehmen.
Im Verhältnis zum Verkäufer/Lieferanten kann der Werkunternehmer/Käufer allerdings nur die Lieferung neuen Baumaterials begehren. Den Ausgleich der Ein- und Ausbaukosten kann er in diesem Verhältnis lediglich über Verschuldensaspekte erreichen. Dies wird der Werkunternehmer/Käufer hälftig nicht darlegen können. Insoweit ist nunmehr ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch beim Verkäufer/Lieferanten unter den gesetzlich definierten Voraussetzungen eingeführt worden. Insoweit ist nunmehr wieder eine einheitliche Anwendung der kaufrechtlichen Mängelhaftung möglich, gleich ob der Kaufvertrag mit Verbrauchern oder Unternehmern geschlossen worden ist.
Der neu formulierte § 649 Abs. 3 BGB normiert nunmehr einen verschuldensunabhängigen Anspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer/Lieferanten einer mangelhaften Sache gerichtet auf Ersatz der Ein- und Ausbaukosten. Diese Norm gilt für Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen. Die §§ 445 a und 445 b BGB enthalten gleichfalls eine Erweiterung der Rückgriffmöglichkeiten, gleichermaßen für Verbraucher und Unternehmer. Ein Regress ist auch im Verhältnis zu einem Werkvertrag, also nicht nur zu einem Kaufvertrag möglich.
Neu ist auch § 475 Abs. 4 BGB, wonach eine Beschränkung des Aufwendungsersatz-anspruches auf einen angemessenen Betrag bei absoluter Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung beim Verbrauchsgüterkauf, im Anschluss an die Entscheidung des EuGH, erfolgt. Eine allgemeine Beschränkung würde demgegenüber gegen die Bestimmung der Verbrauchsgüterrichtlinie verstoßen.
Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.
Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht /
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
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