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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Erlöschen des Vermieterpfandrechts
BGH, Urteil vom 06.12.2017, Az. XII ZR 95/16
a)Das Vermieterpfandrecht umfasst auch Fahrzeuge des Mieters, die auf dem gemieteten Grundstück regelmäßig abgestellt werden.
b) Das Pfandrecht erlischt, wenn das Fahrzeug für die Durchführung einer Fahrt von dem Mietgrundstück - auch nur vorübergehend - entfernt wird. Es entsteht neu, wenn das Fahrzeug später wieder auf dem Grundstück abgestellt wird.
II.
Matrixstruktur - Übertragung einer Führungsfunktion als Einstellung i.S.v. § 99 BetrVG
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20.12.2017, Az. 12 TaBV 66/17
1.Die Übertragung einer Führungsfunktion in einer Matrixstruktur kann eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sein. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Matrixstruktur einen Konzern betrifft und unternehmensübergreifend ausgestaltet ist. Eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann auch bei betriebsübergreifender Matrixstruktur innerhalb eines Unternehmens gegeben sein.
2.Für die personelle Einzelmaßnahme der Einstellung ist auch bei einer Matrixstruktur regelmäßig der örtliche Betriebsrat zuständig.
3.Zur Frage der Stellenausschreibung gemäß § 93 BetrVG in einer Matrixstruktur.
Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2017/NRWE_LAG_D_sseldorf_12_TaBV_66_17_Beschluss_20171220.html
III.
Pflichtverletzung bei Abwicklung eines Versicherungsfalls
BGH, Urteil vom 30.11.2017, Az. I ZR 143/16
a) Ein Schadensersatzanspruch, den der Versicherungsnehmer gegen den Versicherungsvermittler nicht wegen einer Pflichtverletzung bei einer Vertragsanbahnung, sondern wegen einer Pflichtverletzung bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls geltend macht, hat seine Grundlage nicht in den §§ 60 ff., 63 VVG, sondern in der allgemeinen Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB.
b) Der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens.
c) Der Umstand, dass es zur eigenen Verantwortung des Versicherungsnehmers gehört, sich nach einem Versicherungsfall über Ausschlussfristen nach den Versicherungsbedingungen zu informieren, lässt keinen Raum für die Verteidigung des Versicherungsmaklers, sich auf diese Obliegenheit des Versicherungsnehmers zu berufen, weil die Obliegenheit allein das Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Versicherer betrifft; der Versicherungsnehmer bedient sich gerade des Versicherungsmaklers als sachkundigen Fachmanns, um seine Ansprüche zu wahren und durchzusetzen.
d) Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt ohne Einschränkungen, wenn für die zu beratende Person bei ordnungsgemäßer Beratung nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte.
e) Bei einem Versicherungsmaklervertrag kann der zu beratenden Person, auch wenn sie über einschlägige Kenntnisse verfügt, regelmäßig nicht als mitwirkendes Verschulden vorgehalten werden, sie hätte das, worüber sie der Berater hätte aufklären oder unterrichten sollen, bei entsprechenden Bemühungen ohne fremde Hilfe selbst erkennen können. Abweichendes kann gelten, wenn die zu beratende Person Warnungen oder ohne weiteres erkennbare Umstände, die gegen die Richtigkeit des vom Berater eingenommenen Standpunkts sprechen, nicht genügend beachtet oder den Berater nicht über eine fundierte abweichende Auskunft unterrichtet, die sie von einer sachkundigen Person erhalten hat, oder von der Gefährdung ihrer Interessen sonst Kenntnis hat
IV.
Missbrauch Vertretungsmacht durch Geschäftsführer
BGH, Urteil vom 18.10.2017, Az. I ZR 6/16
Eine unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht anzunehmende Unwirksamkeit eines von einem einzelvertretungsberechtigten GmbH Geschäftsführers vorgenommenen Insichgeschäfts gemäß § 181 BGB , das zur Erfüllung einer Verbindlichkeit der GmbH, jedoch unter Verstoß gegen im Innenverhältnis zur GmbH bestehende Beschränkungen erfolgt, setzt voraus, dass das Insichgeschäft für die vertretene GmbH nachteilig ist.
V.
Darlegung von Hersteller- und Handelsmarke
BGH, Urteil vom 16.11.2017, Az. I ZR 91/16
a) Der Kläger, der für ein Produkt wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz in Anspruch nimmt, muss zu dem Produkt und dessen Merkmalen, die seine wettbewerbliche Eigenart begründen, konkret vortragen. Hierfür kann er sich Abbildungen bedienen, soweit diese die in Rede stehende Ware und deren Merkmale deutlich erkennen lassen. Im Regelfall wird der Kläger gehalten sein, dem Gericht das Schutz beanspruchende Produkt vorzulegen.
b) Hat der Kläger nachgewiesen, dass die Merkmale seines Produkts grundsätzlich geeignet sind, eine wettbewerbliche Eigenart zu begründen, ist der Beklagte für seine Behauptung darlegungs- und beweispflichtig, der Annahme wettbewerblicher Eigenart stehe der nicht nur geringfügige Vertrieb des Produkts unter fremder Kennzeichnung entgegen. Soweit der Beklagte zum Umfang der Fremdkennzeichnung nicht aus eigener Anschauung vortragen kann, obliegt dem Kläger eine sekundäre Darlegungslast.
c) Steht fest, dass das Produkt, für das der Kläger Schutz beansprucht, in nicht nur geringfügigem Umfang unter fremder Kennzeichnung vertrieben worden ist, ist der Kläger für seine Behauptung darlegungs- und beweispflichtig, bei der Fremdmarke handele es sich nicht um eine Herstellermarke, sondern um eine für die wettbewerbliche Eigenart unschädliche Handelsmarke.
VI.
Betriebsrentenanpassung - Prognose - wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners - Vorhersehbarkeit - Verkauf von Unternehmensteilen - spätere Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.10.2017, 15 Sa 3/17
1.Für die bei der Anpassungsprüfung einer Betriebsrente zu erstellende Prognose der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens darf im Rahmen der Rückschau auf die Eigenkapitalrenditen der vor dem Anpassungszeitpunkt liegenden Jahre grundsätzlich auch die Eigenkapitalrendite eines Jahres berücksichtigt werden, in dem Unternehmensteile verkauft wurden.
2.Wirtschaftliche Daten des Unternehmens aus der Zeit nach dem Anpassungsstichtag können die zum Anpassungsstichtag getroffene Prognose entkräften, wenn diese offensichtlich unrealistisch war.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017-10&nr=23078&pos=5&anz=7
VII.
Verjährung von Altmasseverbindlichkeiten
BGH, Urteil vom 14.12.2017, Az. IX ZR 118/17
Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter führt nicht dazu, dass die Verjährung von Altmasseverbindlichkeiten gehemmt wird.
Die Parteien können auch dann ein die Verjährung hemmendes Stillhalteabkommen vereinbaren, wenn der Insolvenzverwalter sich aufgrund der Anzeige der Masseunzulänglichkeit auf ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. In diesem Fall genügt es für ein Stillhalteabkommen nicht, wenn der Gläubiger Hinweise auf das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit bestehende Leistungsverweigerungsrecht unwidersprochen hinnimmt.
VIII.
Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs
BGH, Beschluss vom 31.01.2017, Az. XII ZB 133/17
a) Ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung nach § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein (Fortführung von Senatsurteil BGHZ 103, 62 = FamRZ 1988, 370 und Senatsbeschluss vom 16. Juni 1999 - XII ZA 3/99 - FamRZ 1999, 1422).
b) Das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung kann das Umstandsmoment der Verwirkung nicht begründen (Anschluss an Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195).
IX.
Angabe zu Energieverbrauch in Immobilienanzeige
BGH, Urteil vom 05.10.2017, Az. I ZR 232/16
Richtlinie 2010/31/EU Art. 12
Ein Immobilienmakler ist gemäß § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten.
X.
Überraschende Stoffpreisgleitklausel
BGH, Urteil vom 25.01.2018, Az. VII ZR 219/14
Eine Stoffpreisgleitklausel des öffentlichen Auftraggebers von Bauleistungen ist überraschend und wird nicht Vertragsbestandteil, wenn sie ohne ausreichenden Hinweis den Auftragnehmer zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen dazu anhält, bereits bei seiner Kalkulation von üblichen Grundsätzen abzuweichen (Festhaltung BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 344/13,BGHZ 202, 309).
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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