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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart


I.
Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Kartellbußen
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. Juni 2017, Az. 8 AZR 189/15

Stellen sich in einem Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen kartellrechtliche Vorfragen iSv. § 87 Satz 2 GWB* und kann der Rechtsstreit ohne Beantwortung dieser Fragen nicht entschieden werden, sind die Gerichte für Arbeitssachen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht (mehr) zuständig. Vielmehr sind die bei den ordentlichen Gerichten gebildeten Kartellspruchkörper ausschließlich zuständig.

Die Klägerin ist ein Stahlhandelsunternehmen. Der Beklagte war Geschäftsführer der Klägerin. Das Bundeskartellamt verhängte gegen diese wegen wettbewerbswidriger Kartellabsprachen beim Vertrieb von Schienen und anderen Oberbaumaterialien ("Schienenkartell") Geldbußen iHv. insgesamt 191 Mio. Euro. Mit ihren Klageanträgen zu 1. und 2. begehrt die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz in Höhe der von ihr gezahlten Geldbußen. Darüber hinaus macht sie gegenüber dem Beklagten weitere Schadensersatzansprüche geltend.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat durch Teilurteil die Klageanträge zu 1. und 2. mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin könne vom Beklagten aufgrund kartellrechtlicher Wertungen keinen Ersatz verlangen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat entgegen den Vorgaben des § 87 Satz 2 GWB seine Zuständigkeit zur Entscheidung des Rechtsstreits angenommen. Das Berufungsgericht hat zudem durch unzulässiges Teilurteil über die Klageanträge zu 1. und 2. entschieden. Aufgrund der bislang vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob der Rechtsstreit ohne Beantwortung der kartellrechtlichen Vorfragen entschieden werden kann. Auch dies führte zur Aufhebung des Teilurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2017&nr=19345&pos=0&anz=30&titel=Schadensersatzanspr%FCche_im_Zusammenhang_mit_Kartellbu%DFen

II.
Keine Anrechnung von Tätigkeiten im Beamtenverhältnis als Beschäftigungszeiten
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. Juni 2017, Az. 6 AZR 364/16

Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, dass Beamtenverhältnisse nicht in die Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV-L einbezogen werden.

Das beklagte Land Nordrhein-Westfalen beschäftigt die Klägerin seit dem Jahr 2013 als angestellte Lehrerin. Zuvor war die Klägerin über 13 Jahre lang beamtete Lehrerin des Freistaats Thüringen. Die Klägerin will die Zeit ihres Beamtenverhältnisses als Beschäftigungszeit iSv. § 34 Abs. 3 TV-L festgestellt wissen. Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich des TV-L erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L als Beschäftigungszeit anerkannt. Die Klägerin meint, § 34 Abs. 3 TV-L knüpfe an die Vorgängernorm des § 19 Abs. 3 BAT an, die Beamtenverhältnisse berücksichtigt habe, obwohl Beamtenverhältnisse in § 34 Abs. 3 TV-L nicht erwähnt seien.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV-L berücksichtigt nach seinem Wortlaut, Zusammenhang und Zweck nur Arbeitsverhältnisse bei einem anderen Arbeitgeber im Geltungsbereich des TV-L. Die Tarifwerke des TV-L und des TVöD wurden aus dem BAT und dem BAT-O entwickelt. Daraus ist zu schließen, dass die Tarifvertragsparteien Beamtenverhältnisse bewusst von der Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV-L ausnehmen wollten. Sie hätten sonst eine § 19 Abs. 3 BAT/BAT-O vergleichbare Regelung getroffen. Deshalb besteht kein Raum für eine Analogie. Der Begünstigungsausschluss verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht. Bei Tätigkeiten in Beamtenverhältnissen handelt es sich mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien nicht um Sachverhalte, die mit Beschäftigungen in Arbeitsverhältnissen vergleichbar sind. § 34 Abs. 3 TV-L verstößt auch nicht gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit des Art. 45 AEUV. Frühere Beschäftigungszeiten in Arbeitsverhältnissen der Klägerin mit dem Land Brandenburg und dem Freistaat Thüringen in den Jahren 1998 bis 2002 konnten nicht in die Beschäftigungszeit einbezogen werden, weil die Klägerin daraus wegen des dazwischenliegenden Beamtenverhältnisses nicht in das jetzige Arbeitsverhältnis mit dem Land Nordrhein-Westfalen „wechselte“.

Siehe:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2017&nr=19343&pos=1&anz=30&titel=Keine_Anrechnung_von_T%E4tigkeiten_im_Beamtenverh%E4ltnis_als_Besch%E4ftigungszeiten_iSv._%A7_34_Abs._3_TV-L

III.
Das Tarifeinheitsgesetz ist weitgehend mit dem Grundgesetz vereinbar
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 11. Juli 2017, Az. -1 BvR 1571/15, 1 BvR 1477/16, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1588/15

1. Das Freiheitsrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG schützt alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen, insbesondere den Abschluss von Tarifverträgen, deren Bestand und Anwendung sowie Arbeitskampfmaßnahmen. Das Grundrecht vermittelt jedoch kein Recht auf unbeschränkte tarifpolitische Verwertbarkeit von Schlüsselpositionen und Blockademacht zum eigenen Nutzen.

2. Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalitionen in ihrem Bestand, ohne dass damit eine Bestandsgarantie für einzelne Koalitionen verbunden wäre. Staatliche Maßnahmen, die darauf zielen, bestimmte Gewerkschaften aus dem Tarifgeschehen herauszudrängen oder bestimmten Gewerkschaftstypen die Existenzgrundlage zu entziehen, sind mit Art. 9 Abs. 3 GG ebenso unvereinbar wie die Vorgabe eines bestimmten Profils.

3. Gesetzliche Regelungen, die in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG fallen, und die Funktionsfähigkeit des Systems der Tarifautonomie herstellen und sichern sollen, verfolgen einen legitimen Zweck. Dazu kann der Gesetzgeber nicht nur zwischen den sich gegenüberstehenden Tarifvertragsparteien Parität herstellen, sondern auch Regelungen zum Verhältnis der Tarifvertragsparteien auf derselben Seite treffen, um strukturelle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Tarifverhandlungen auch insofern einen fairen Ausgleich ermöglichen und in Tarifverträgen mit der ihnen innewohnenden Richtigkeitsvermutung angemessene Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen hervorbringen können.

4. Bei der Regelung der Strukturbedingungen der Tarifautonomie verfügt der Gesetzgeber über eine Einschätzungsprärogative und einen weiten Handlungsspielraum. Schwierigkeiten, die sich nur daraus ergeben, dass auf einer Seite mehrere Tarifvertragsparteien auftreten, rechtfertigen eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit grundsätzlich nicht.

Siehe:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/07/rs20170711_1bvr157115.html

IV.
Befristung - Sachgrund - Denkmalpflege – Rettungsgrabung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.2.2017, Az. 9 Sa 80/16

Sogenannte archäologische Rettungsgrabungen im Bereich der Denkmalpflege sind jeweils eigene Projekte, auch wenn sie das beklagte Land jährlich in großer Zahl durchführt (im Anschluss an BAG 29. Juli 2007, 7 AZR 907/07).

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017&Seite=1&nr=22458&pos=18&anz=28

V.
Bildungszeit - Bildungsurlaub - politische Weiterbildung
Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 23.2.2017, Az. 9 Ca 350/16

1. Die Arbeitsvertragsparteien können während eines laufenden Verfahrens zur Freistellung nach dem BzG BW eine Vereinbarung treffen, wonach der Arbeitnehmer an der streitigen Bildungsmaßnahme teilnimmt und über die Qualität der Bildungsveranstaltung nachträglich gestritten wird (BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90). Dies gilt auch für eine Vereinbarung, wonach dem Arbeitnehmer zunächst bezahlter Freizeitausgleich oder Urlaub für den Zeitraum der Bildungsmaßnahme gewährt wird.
2. Das BzG BW geht von einem weiten Politikverständnis aus. Eine Bildungsmaßnahme dient auch dann der politischen Weiterbildung i.S.d. § 1 Abs. 4 BzG BW, wenn sie einer Verbesserung der Teilhabe und Mitwirkung am gesellschaftlichen, sozialen und politischen Leben dient.
3. Eine Bildungsveranstaltung mit dem Thema "Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft" kann den Anforderungen des § 1 Abs. 4 BzG BW entsprechen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017&Seite=1&nr=22524&pos=19&anz=28

VI.
Berechnung Urlaubsentgelt bei Provision - Teamprovision
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.2.2017, Az. 9 Sa 28/16

Berechnung des Urlaubsentgeltes nach § 11 Abs. 1 BUrlG in folgender Konstellation:
- der Arbeitnehmer erhält Provisionen
- dem Arbeitnehmer ist ein "Nachwuchsverkäufer" zugeordnet, der ebenfalls Geschäfte abschließt
- für die Provision ist es gleichgültig, ob der Arbeitnehmer oder der Nachwuchsverkäufer das Geschäft abgeschlossen hat
- die Provision wird zwischen Arbeitnehmer und Nachwuchsverkäufer aufgeteilt.In dieser Fallgestaltung handelt es sich der Sache nach um eine Teamprovision. Hier können die vom Nachwuchsverkäufer abgeschlossenen Geschäfte für die Berechnung des Urlaubsentgeltes des Arbeitnehmers nicht unberücksichtigt bleiben, sondern sind in die im Referenzzeitraum erzielte Vergütung einzubeziehen.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017&Seite=1&nr=22525&pos=16&anz=28

VII.
Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel - Sonderzuwendung mit Mischcharakter - Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9.5.2017, Az. 9a Sa 12/17

Eine tarifliche Rückzahlungsregelung, welche sich auf eine Sonderzuwendung mit Mischcharakter bezieht und eine Rückzahlung bei Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis bis zum 31. März des Folgejahres - und damit außerhalb des Bezugszeitraums - aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch vorsieht, ist rechtswirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017&Seite=0&nr=22546&pos=2&anz=28

VIII.
Prozesskostenhilfe - nichteheliche Lebensgemeinschaft - gemeinsames Wirtschaften - Bedarfsgemeinschaft - Prozesskostenvorschussanspruch
Arbeitsgericht Heilbronn, Beschluss vom 16.5.2017, Az. 8 Ca 34/17

1. Eine analoge Anwendung von § 1360a Abs. 4 BGB auf nicht eingetragene nichteheliche Lebensgemeinschaften scheidet aus.
2. Auf eine dem Prozesskostenvorschussanspruch vergleichbare finanzielle Beteiligung des Lebensgefährten kann die Partei in diesen Fällen - selbst bei gemeinsamem Wirtschaften innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft - auch nicht aus dem Rechtsgedanken der §§ 20, 39 SGB XII verwiesen werden, da insoweit kein durchsetzbarer Anspruch gegenüber dem Partner gegeben ist. Allerdings kann eine Kostenentlastung bei gemeinsamer Haushaltsführung durch eine anteilige Zurechnung der Wohnkosten Berücksichtigung finden.

Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2017&Seite=0&nr=22523&pos=1&anz=28

IX.
Darlegungslast hinsichtlich behaupteter Geschäftsfähigkeit; Beweislast für das Vorliegen von Arglist; Unverzügliche Anfechtung; keine Anwendung von § 167 ZPO auf die Regelung des § 121 Abs. 1 BGB
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 4 Ta 125/17

Da die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person den gesetzlichen Regelfall bildet und Mängel der Geschäftsfähigkeit demgegenüber eine besondere Ausnahme darstellen, hat derjenige, der such auf das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Ausnahme berufen will, die hierfür maßgeblichen Tatsachen dazulegen und zu beweisen (Anschluss an BGH, Urteil vom 20. Juni 1984 – IVa ZR 206/82 –, Rn. 16, juris; BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 28. November 2007 – 1 BvR 68/07 –, Rn. 18, juris).
Substantiiert dargelegt ist ein Ausschluss der freien Willensbestimmung nach allgemeinen Grundsätzen, wenn das Gericht auf der Grundlage des Klägervorbringens zu dem Ergebnis kommen muss, die Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB lägen vor (Anschluss an BGH, Beschluss vom 14. März 2017 – VI ZR 225/16 –, Rn. 13, juris).
Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Anfechtende; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (Anschluss an BAG, Urteil vom 11. Juli 2012 – 2 AZR 42/11 –, Rn. 22, juris).
Denn die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 Satz 2 BGB sind nur erfüllt, wenn die Anfechtungserklärung zum Zweck und mit der Bestimmung des unverzüglichen Transports an den Anfechtungsgegner weggegeben wird, nicht dagegen, wenn die Anfechtung in einer Klageschrift erklärt wird, die erst durch das Gericht dem Anfechtungsgegner zugestellt werden muss (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 10. März 2010 – 6 C 15/09 –, Rn. 23, juris).
Eine analoge Anwendung des § 167 ZPO, der die Wirkungen der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurückbezieht, kommt für die Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB nicht in Betracht (Anschluss an BGH, Urteil vom 11. Oktober 1974 – V ZR 25/73 –, Rn. 15, juris, insoweit nicht aufgegeben durch BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – I ZR 109/05 –, juris, siehe dort Rn. 26 aE).

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2017/4_Ta_125_17_Beschluss_20170629.html

X.
Chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren bei der Besetzung von Ämtern im öffentlichen Dienst
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2017, Az. 11 SaGa 4/17

Arbeitgeber bestimmt das Anforderungsprofil im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Anforderungsprofil muss nachvollziehbar sein im Hinblick auf das Prinzip der Bestenauslese gemäß Ar. 33 Abs. 2 GG.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/duesseldorf/lag_duesseldorf/j2017/NRWE_LAG_D_sseldorf_11_SaGa_4_17_Urteil_20170616.html

XI.
Fehlende Passivlegitimation eines als gemeinsame Einrichtung i.S.v. § 44 b Abs. 1 SGB II gebildeten Jobcenters für Klagen aus dem mit einem Träger bestehenden Arbeitsverhältnis
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 23.06.2017, Az. 4 Sa 492/16

Da die Sachlegitimation Voraussetzung der Begründetheit einer Klage ist, ist eine gegen eine andere Person als den Schuldner des klageweise geltend gemachten Anspruchs gerichtete Klage als unbegründet abzuweisen.

Daraus, dass der Geschäftsführer eines von den Trägern als Gemeinsame Einrichtung i.S.v. § 44b Abs. 1 SGB II gebildeten Jobcenters gem. § 44d Abs. 4 SGB II über die Arbeitnehmer, denen in der gemeinsamen Einrichtung Tätigkeiten zugewiesen worden sind, die dienst-, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse der Bundesagentur und des kommunalen Trägers sowie die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion, mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung und Beendigung der mit Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse, ausübt, ergibt sich nicht die Passivlegitimation des Jobcenters bezüglich individueller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Die Zuweisung der Vorgesetztenfunktion an den Geschäftsführer gem. § 44d Abs. 4 SGB II führt nicht dazu, dass ein als gemeinsame Einrichtung gebildetes Jobcenter Vertragspartner der dort beschäftigten Arbeitnehmer wird.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2017/4_Sa_492_16_Urteil_20170623.html

XII.
Anspruch auf Abschluss eines Planstelleninhabervertrages
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 2.06.2017, Az. 4 Sa 956/16

Die Kirchen sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts sui generis Träger der in der Verfassung gewährleisteten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte, nicht deren Bindungsadressaten (Anschluss an BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09 –, Rn. 48, juris).

Lehrkräfte an öffentlichen Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen haben keinen generellen Anspruch auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht aus § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NRW. Diese Vorschrift, die besagt, dass Lehrerinnen und Lehrer an den öffentlichen Schulen des Landes in der Regel Beamte sind, wenn sie die für ihre Laufbahn erforderliche Befähigung besitzen und die sonstigen beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, bietet keine Anspruchsgrundlage für die in das Beamtenverhältnis auf Probe. Bei der in dieser Vorschrift enthaltenen Feststellung, dass Lehrerinnen und Lehrer in der Regel Beamtinnen und Beamte sind, handelt es sich nämlich um einen – Art. 33 Abs. 4 GG entsprechenden – Funktionsvorbehalt, der keine subjektiven Rechte auf Ernennung zum Beamten begründet (wie OVG Münster, Urteil vom 30. Mai 2008 – 6 A 310/06 –, Rn. 45, juris).

Die Altersgrenze des § 14 Abs. 3 LBG NRW verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 C 11/15 –, Rn. 18, juris).

Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt eine der handelnden Behörde zurechenbare rechtswidrige Folge ihrer Amtshandlung voraus. Bezugspunkt der Folgenbeseitigung ist damit ein rechtswidriges Behördenhandeln. Ein derartig fehlerhaftes Verwaltungshandeln liegt nicht vor, wenn die Behörde die im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorhandenen Rechtsvorschriften zutreffend anwendet, diese aber fehlerhaft sind (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 C 11/15 –, Rn. 38, juris).

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2017/4_Sa_956_16_Urteil_20170602.html

XIII.
Errichtung eines Konzernbetriebsrates - Konzernvermutung
Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 2.06.2017, Az. 4 TaBV 71/16

Um die Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG zu widerlegen, ist der Nachweis erforderlich, dass trotz eines beherrschenden Einflusses keine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung besteht. Dazu muss für alle wesentlichen Bereiche der Unternehmenspolitik nachgewiesen werden, dass die Unternehmensentscheidungen ohne beherrschende Einflussnahme der Mehrheitsgesellschaft getroffen werden (Anschluss an BAG, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 7 ABR 56/10 –, Rn. 52, juris).

Um die Konzernvermutung zu widerlegen, muss feststehen, dass das herrschende Unternehmen die Mittel, die die Ausübung einheitlicher Leitung ermöglichen, nicht zu diesem Zweck einsetzt und dass die Bereiche, in denen die einheitliche Leitung üblicherweise sichtbar wird, ausschließlich und nachhaltig entsprechend dem uneingeschränkten Eigeninteresse des abhängigen Unternehmens gesteuert werden. Dabei schließen vereinzelte Einflussnahmen des herrschenden Unternehmens es nicht aus, dass die Konzernvermutung widerlegt ist. Zur Widerlegung eines beherrschenden Einflusses kommen insbesondere Satzungsregelungen, eine Stimmrechtsbeschränkung aufgrund eines Stimmbindungsvertrages mit einem vom Mehrheitsaktionär unabhängigen Dritten oder ein Entherrschungsvertrag in Betracht. Entscheidend ist stets eine Gesamtschau aller Umstände (Anschluss an BAG, Beschluss vom 11. Februar 2015 – 7 ABR 98/12 –, Rn. 25, juris).

Der Versuch einer Widerlegung der Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG hat in erster Linie bei den einzelnen Indizien anzusetzen, die typischerweise auf das Vorliegen einheitlicher Leitung hindeuten (wie OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. Juli 2013 – I-26 W 13/08, Rn. 22, juris).

In Anbetracht der Tatsache, dass Leitung in diesem Sinne kein durchsetzbares Weisungsrecht voraussetzt, sondern dass die vielfältigen Mittel der faktischen Veranlassung insoweit ausreichen, ist es nicht möglich, in Fallgestaltungen, in denen enge personelle Verflechtungen zwischen dem Vorstand des herrschenden Unternehmens und dem Aufsichtsrat des beherrschten Unternehmens bestehen, die Konzernvermutung zu widerlegen.

Siehe:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/lag_koeln/j2017/4_TaBV_71_16_Beschluss_20170602.html

XIX.
Prozesskostenhilfe, Versagung, keine hinreichenden Erfolgsaussichten, Kündigung, fristlos, Umdeutung in fristgemäße Kündigung
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.04.2017, Az. 1 Sa 293/16

Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für die Durchführung ihres Berufungsverfahrens.
Sie ist seit dem 01.02.2016 auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 6 - 9 d. A.) bei der Beklagten als Spielhallenaufsicht in einer von der Beklagten betriebenen Spielhalle in M… beschäftigt. Mit Schreiben vom 17.05.2016, das der Klägerin am 18.05.2016 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „außerordentlich zum 18.05.2016“ und warf dabei der Klägerin im Kündigungsschreiben (Bl. 11 d. A.) vor, diese habe am 18., 21. und 26.04. insgesamt 600,-- € als Auffüllungs-betrag für die Spielgeräte der Kasse entnommen. Das Geld sei nicht in die Geräte gefüllt worden.
Gegen die Kündigung hat die Klägerin fristgerecht Kündigungsschutzklage eingereicht und den ihr gegenüber erhobenen Unterschlagungsvorwurf zurückgewiesen. Die Beklagte hat die fristlose Kündigung mit an insgesamt fünf Tagen begangenen Unterschlagungshandlungen der Klägerin begründet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage gegen die außerordentliche Kündigung stattgegeben und den Kündigungsschutzantrag abgewiesen, soweit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 01.06.2016 hinaus geltend gemacht worden ist. Soweit hier von Interesse, hat das Arbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung aus-geführt, die außerordentliche Kündigung sei gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten. Mangels Kündigungsschutzes für die Klägerin sei diese ordentliche Kündigung wirksam. Ein Verstoß gegen § 242 BGB sei nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist in der Probezeit endet das Arbeitsverhältnis damit am 01.06.2016.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/ED4DF8576E40F1FEC12581630049E87A/$file/N_1Sa293-16_27-04-2017.pdf

XX.
Vergütungsfestsetzung, Rechtsanwaltsgebühren, Prozesskostenhilfe, Prozesskostenhilfeverfahren, Einigungsgebühr
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.04.2017, Az. 5 Ta 36/17

Der Beschwerdeführer begehrt im Rahmen der Abrechnung seiner Prozesskostenhilfegebühren die Festsetzung einer Einigungsgebühr für den Mehrwert eines Vergleichs in Höhe des 1,5-fachen der Einigungsgebühr.
Im Hauptsacheverfahren stritten die Parteien über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Mit der Klagschrift hatte die Klägerin bereits die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten, dem Beschwerdeführer, beantragt. Zu Beginn der Güteverhandlung bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 11.08.2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten und unter Anordnung einer monatlichen Raten-zahlung in Höhe von 100,00 €. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schlossen die Parteien sodann einen Vergleich, den das Arbeitsgericht protokollierte. Nach Anhörung der Parteien setzte das Arbeitsgericht den Streitwert auf 4.458,75 € und den Vergleichsmehrwert auf 557,35 € fest. Danach beschloss das Arbeitsgericht, dass sich die Prozesskostenhilfe für die Klägerin auf den Mehrwert des Vergleichs erstrecke (Protokoll vom 11.08.2016, Bl. 10 f. d. A.).

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/B8369424A5F7FD64C12581610049AA3B/$file/N_5Ta36-17_11-04-2017.pdf

XXI.
Herausgabeanspruch, Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung, Raum, Rückgabe, Ermessen, Rechtsmissbrauch
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26.04.2017, Az. 6 TaBV 47/16

Die Beteiligten streiten um die Herausgabe eines bisher von der Schwerbehinderten-vertretung genutzten Raumes.
Die Beteiligte zu 1. (Im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt in ihrem Betrieb in G... etwa 900 Arbeitnehmer, von denen etwa ca. 180 schwerbehindert oder einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.
Die Beteiligte zu 2. ist die im Betrieb der Beteiligten zu 1. gewählte Schwerbehindertenvertretung (Im Folgenden: Schwerbehindertenvertretung). Vertrauensperson ist Herr T.... Er hat zwei Stellvertreter. Herr T... war bei Einleitung dieses Verfahrens erstes stellvertretendes Mitglied des Betriebsrats und ist zwischenzeitlich ordentliches Mitglied.
Im Betrieb der Arbeitgeberin werden Teile für die Automobilzulieferung gefertigt. Auf dem Betriebsgelände stehen verschiedene Gebäude, u.a. an zentraler Stelle das Haus 24. Wegen der Verteilung der Gebäude wird auf die Anlage B 1 (Bl. 33 d. A.) verwiesen.

Siehe:
https://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/C1F83D231C98C0AAC12581610049B9FB/$file/B_6TaBV47-16_26-04-2017.pdf

XXII.
Tarifvertrag, Betriebsrentengesetzes
BGH, Urteil vom 23. Mai 2017, Az. II ZR 6/16

Von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes kann zum Nachteil von Organen einer Kapitalgesellschaft abgewichen werden, soweit auch den Tarifvertragsparteien Abweichungen erlaubt sind.

Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=78855&pos=3&anz=577

Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Ihr

Michael Henn
Rechtsanwalt/
Fachanwalt für Arbeitsrecht/
Fachanwalt für Erbrecht
VDAA - Präsident

 
 
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