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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Einstweilige Verfügung, Kostenfreistellung, Teilnahme an Betriebsratsschulung
Arbeitsgericht Lörrach, Urteil vom 23.3.2016,Uz: 5 BVGa 1/16
Es besteht kein Freistellungsanspruch von Betriebsräten zur Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, der im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2016&nr=20664&pos=3&anz=24
II.
Übergabe des Exposés eines anderen Maklers
BGH, Urteil vom 17.12.2015, Az: I ZR 172/14
Der Makler, der einem Interessenten das Exposé eines anderen Maklers übergibt, bringt damit grundsätzlich nicht zum Ausdruck, dass er im Erfolgsfall selbst eine Provision beansprucht. Will der Makler auch für solche Objekte eine Provision beanspruchen, die ihm durch einen dritten Makler benannt worden sind, muss er dies gegenüber dem Interessenten unmissverständlich zum Ausdruck bringen.
III.
Aufklärungspflicht des Juweliers bei fehlender Versicherung
BGH, Urteil vom 02.06.2016, Az: VII ZR 107/15
Ein Juwelier, der Kundenschmuck zur Anbahnung eines Werk- oder Kaufvertrages entgegennimmt, kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung verpflichtet sein, über das Fehlen einer Versicherung gegen das Risiko des Verlustes durch Diebstahl und Raub aufzuklären, wenn eine solche Versicherung branchenüblich ist.
IV.
Kündigung Fitnessstudiovertrag bei Wohnortwechsel
BGH, Urteil vom 04.05.2016, Az: XII ZR 62/15
Allein der Umstand, dass der Kunde eines Fitnessstudios berufsbedingt seinen Wohnort wechselt, vermag eine außerordentliche Kündigung seines Vertrags nicht zu rechtfertigen (im Anschluss an Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - XII ZR 42/10 - NJW
V.
Darlegungs- und Beweislast für schlüssiges Sanierungskonzept
BGH, Urteil vom 12.05.2016, Az: IX ZR 65/14
a)Den Gläubiger, der die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Benachteiligung der Gläubiger kennt, trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass er spätere Zahlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes erlangt hat.
b)Der Gläubiger kann nur dann von einem schlüssigen Sanierungskonzept des Schuldners ausgehen, wenn er in Grundzügen über die wesentlichen Grundlagen des Konzeptes informiert ist; dazu gehören die Ursachen der Insolvenz, die Maßnahmen zu deren Beseitigung und eine positive Fortführungsprognose.
c)Der Gläubiger, der im Rahmen eines Sanierungsvergleichs quotal auf seine Forderungen verzichtet in der Annahme, andere Gläubiger verzichteten in ähnlicher Weise, kann von einer Sanierung des Schuldnerunternehmens allein durch diese Maßnahme nur ausgehen, wenn nach seiner Kenntnis die Krise allein auf Finanzierungsproblemen beruht, etwa dem Ausfall berechtigter Forderungen des Schuldners.
d)Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, das Sanierungskonzept des Schuldners fachmännisch zu prüfen oder prüfen zu lassen; er darf sich auf die Angaben des Schuldners oder dessen Berater zu den Erfolgsaussichten des Konzeptes verlassen, solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass er getäuscht werden soll oder dass der Plan keine Chancen auf dauerhaften Erfolg bietet.
e)Der Sanierungsplan des Schuldners muss nicht den formalen Erfordernissen entsprechen, wie sie das Institut für Wirtschaftsprüfer e.V. in dem IDW Standard S6 (IDWS6) oder das Institut für die Standardisierung von Unternehmenssanierungen (ISU) als Mindestanforderungen an Sanierungskonzepte (MaS) aufgestellt haben
VI.
Mietvertragliche Pflichten
BGH, Urteil vom 13.04.2016, Az: VIII ZR 39/15
a)Zur Frage, ob die Nichtzahlung einer auf die Verletzung mietvertraglicher Pflichten zurückgehende titulierte Schadensersatzforderung des Vermieters eine die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses berechtigende schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters darstellt.
b)Im Rahmen der nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erforderlichen Prüfung, ob die Verletzung mietvertraglicher Pflichten auf einem Verschulden des Mieters beruht, trägt - wie aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB entnommen werden kann – dieser die Darlegungs-und Beweislast für sein fehlendes Verschulden.
c)Ist der Mieter wegen einer erheblichen und schuldhaften Verletzung seiner vertraglichen (Neben-)Pflicht zur Obhut der Mietsache rechtskräftig zur Leistung von Schadensersatz verurteilt worden, kann in dem beharrlichen Leugnen der Pflichtverletzung jedenfalls dann ein berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegen, wenn Umstände festgestellt werden können, die die Besorgnis des Vermieters begründen, der Mieter setze seine Obhutspflichtverletzung auch nach der rechtskräftigen Verurteilung fort.
VII.
Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 19.05.2016, Az: 3 Sa 977/15
1.Sind bei der Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung sowohl die Leistung des Arbeitnehmers als auch der betriebswirtschaftliche Erfolg der beklagten Bank zu berücksichtigen, kommt nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf "Null" in Betracht (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014 - 10 AZR 622/13 -).
2.Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die beklagte Bank, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, Sonderleistungen zu anderen Zwecken und für andere Zeiträume zahlt, die nach ihrem Gesamtvolumen an das Volumen der vertraglich zugesicherten variablen Vergütung heranreichten.
3.Die ohne Rechtsgrund gezahlten Sonderleistungen sind weder im Rahmen der Budgetfestsetzung noch bei der Festsetzung der individuellen variablen Vergütung zu berücksichtigen, wenn sie zu unterschiedlichen Leistungszwecken und teilweise zu unterschiedlichen Zeiträumen gezahlt wurden. Im Übrigen widerspräche ihre Berücksichtigung dem Transparenzgebot, das für die variable Vergütung durch Regelungen in Gesetzen und Verordnungen im Zuge der Bankenkrise seit 2008 eingeführt worden ist.
4.Die gerichtliche Leistungsbestimmung hat neben den Festlegungen und dem Zweck einer Vergütungsregelung auch den Umständen der Ermessensentscheidung der beklagten Bank Rechnung zu tragen, die nicht unbillig sind.
5.Die Betriebsparteien können die Erfüllungswirkung einer für den Wechsel des Arbeitnehmers im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs geleisteten Starterprämie für die für das Vorjahr zu zahlende variable Vergütung nicht bestimmen, weil sie damit in unzulässiger Weise in das Synallagma von Arbeitsleistung und Arbeitsvergütung nach § 611 BGB eingreifen würden.
Siehe:
http://www.lag.bayern.de/muenchen/entscheidungen/neue/32680/index.php
VIII.
Arglistiges Verschweigen durch einen von mehreren Verkäufern
BGH, Urteil vom 08.04.2016, Az: V ZR 150/15
Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.
IX.
Indizien für Zahlungseinstellung
BGH, Urteil vom 09.06.2016, Az: IX ZR 174/15
Indizien für eine Zahlungseinstellung sind gegeben, wenn der Schuldner selbst erteilte Zahlungszusagen nicht einhält oder verspätete Zahlungen nur unter dem Druck einer angedrohten Liefersperre vornimmt.
X.
Verzugspauschale für verspätete Entgeltzahlungen
ArbG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2016, Az: 2 Ca 5416/15
1.Der Anspruch auf die Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 BGB ist gem. § 12a ArbGG in analoger Anwendung im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.
2.Zahlt ein Arbeitgeber für Monate, in denen eine Änderung im Arbeitsverhältnis eingetreten ist, den wesentlichen Teil der Vergütung fristgemäß und den verbleibenden Teil spätestens mit dem nächsten monatlichen Abrechnungslauf, kann es im Einzelfall an einem Verschulden für die verspätete Zahlung fehlen, wenn der Arbeitgeber eine ausreichende Organisation geschaffen hat, die im Regelfall die vollständige fristgemäße Zahlung sicherstellt.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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Schriftleiter mittelstandsdepesche
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