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Michael Henn
Dr. Gaupp & Coll. Rechtsanwälte
Gerokstrasse 8
70188 Stuttgart


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10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten

zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart



I.
Unzulässige Mietsaldoklage
LG Kempten, Urteil vom 25. November 2015, Az. 53 S 551/15

Eine sog. "Mietsaldoklage" ist unzulässig, wenn mit der Klage über einen mehrjährigen Zeitraum unterschiedliche Ansprüche (Mietzins, Betriebskostenvorauszahlung, Nachforderungen bzw. Gutschriften aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen) geltend gemacht werden.

II.
Formularklausel bei Einbaumöbeln
LG Berlin, Beschluss vom 17. November 2015, Az. 67 S 359/15

Eine Formularklausel, die den Mieter einer mit Einbaumöbeln versehenen Wohnung im Rahmen der auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturlast auch zum Anstrich der Einbaumöbel verpflichtet, ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

III.
Freistellung des Architekten durch den Fachplaner
BGH, Urteil vom 28.01.2016, Az. VII ZR 266/14

a) Der Schaden des Architekten wegen eines sich im Bauwerk seines Auftraggebers bereits verkörperten Planungsmangels des vom Architekten beauftragten Fachplaners liegt darin, dass dem Auftraggeber gegen den Architekten aufgrund des Planungsmangels Schadensersatzansprüche zustehen. Von diesen Ansprüchen hat ihn der Fachplaner im Wege des Schadensersatzes freizustellen.
b) Die eine Sekundärhaftung des Architekten gegenüber seinem Auftraggeber begründende Pflichtverletzung bildet einen selbständigen Haftungsgrund in diesem Vertragsverhältnis, den sich der vom Architekten beauftragte Fachplaner nicht zurechnen lassen muss.
c) Das Recht des Architekten, den Honoraranspruch des von ihm beauftragten Fachplaners wegen Mängeln der von diesem erbrachten Planungsleistung zu mindern, wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er sein Honorar von seinem Auftraggeber vollständig erhalten hat.

IV.
Unwirksame Klausel über Sondertilgungsrechte
BGH, Urteil vom 19.01.2016, Az. XI ZR 388/14

Die von einem Kreditinstitut bei der Vergabe grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen an Verbraucher, bei denen den Darlehensnehmern Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt werden, verwendete vorformulierte Vertragsbestimmung "Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt." ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 , Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.


V.
Unwirksame Kautionsklausel in Kindergartenvertrag
BGH, Urteil vom 18.02.2016, Az. III ZR 126/15

1. Zur Einordnung eines Vertrags über die Betreuung eines Kindes in einer Kinderkrippe als "dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen" im Sinne von § 627 Abs. 1 BGB.
2. Sieht ein solcher Vertrag ein ordentliches Kündigungsrecht von zwei Monaten zum Monatsende vor, so ist dies im Hinblick auf § 307 BGB unbedenklich. Es ist dann insbesondere nicht geboten, dass den Eltern (Dienstberechtigten) für die Dauer der anfänglichen Eingewöhnungsphase - im Sinne einer "Probezeit" - ein fristloses Lösungsrecht eingeräumt wird.
3. Gemäß § 307 BGB unwirksam sind formularvertragliche Bestimmungen in Verträgen über die Betreuung eines Kindes in einer Kinderkrippe, die
a) festlegen, dass eine Kaution in erheblicher Höhe (hier: 1.000 €) als "Darlehen" an den Betreiber der Kinderkrippe zu leisten ist;
b) die Möglichkeit eines Abzugs nach § 615 Satz 2 BGB vollständig abbedingen, wobei es allerdings keinen Bedenken begegnet, wenn vereinbarte Fest- und Pauschalbeträge stets für volle Monate zu entrichten sind;
c) den Eltern eine - zumal: schadensersatzbewehrte - Pflicht auferlegen, ihr Kind regelmäßig in die Kinderkrippe zu bringen und dort betreuen zu lassen.

VI.
Ausschluss des Ausgleichsanspruchs für im Ausland tätigen Vertriebshändler
BGH Urteil vom 25.02.2016, Az. VII ZR 102/15

Ist deutsches Recht als Vertragsstatut eines Vertragshändlervertrags berufen, sind die Analogievoraussetzungen erfüllt, unter denen § 89b HGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - VII ZR 315/13 , ZVertriebsR 2015, 122 Rn. 11) auf Vertragshändler entsprechend anzuwenden ist und hat der Vertragshändler seine Tätigkeit für den Hersteller oder Lieferanten nach dem Vertrag in einem anderen (ausländischen) Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen (ausländischen) Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auszuüben, kann der Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB nicht im Voraus ausgeschlossen werden.

VII.
Abgrenzung unlauterer progressiver Kundenwerbung ("Schneeballsystem") von zulässigem Strukturvertrieb
OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2016, Az. 6 W 7/16

Ob ein Vertriebssystem noch als zulässiger Strukturvertrieb oder als unlautere Form progressiver Kundenwerbung einzustufen ist, richtet sich danach, ob das Vertriebssystem bei einer Gesamtbetrachtung in erster Linie dem Warenabsatz dient oder ob es durch das Versprechen besonderer Vorteile typischerweise darauf zielt, neue Teilnehmer in die Absatzstruktur einzubinden (im Streitfall verneint).

VIII.
Wohnraummietvertrag: Wirksamkeit einer formularmäßigen Vereinbarung über die Übertragung der Betriebskosten
BGH, Urteil vom 10. Februar 2016, Az. VIII ZR 137/15

In der Wohnraummiete genügt zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter die - auch formularmäßige - Vereinbarung, dass dieser "die Betriebskosten" zu tragen hat. Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkatalogs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I. S. 2347) ist damit die Umlage der in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB definierten und in der Betriebskostenverordnung erläuterten Betriebskosten vereinbart.


IX.
Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall
LG Mannheim, Urteil vom 05. Februar 2016, Az. 1 S 119/15

1. Auch wenn der - von der Geschädigten nicht beglichenen - Rechnung eine Indizwirkung für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zukommt, steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten zu, wenn und soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den Geschädigten erkennbar ist. Gibt es selbst für den Fachmann keine verlässlichen Größenordnungen, ist für einen Geschädigten regelmäßig nicht zu erkennen, wann die Honorarsätze "die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen". Deshalb wird die vom Geschädigten vorgelegte Rechnung des Sachverständigen in der Regel zu erstatten sein.
2. Etwas anderes ist hingegen dann anzunehmen, wenn es zwischen dem Sachverständigen und dem Geschädigten weder eine konkrete Honorarvereinbarung gegeben hat, noch der Geschädigte die Sachverständigenkosten beglichen hat. Wird keine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung getroffen, gilt § 632 Abs. 2 BGB mit der Folge, dass die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist, die in jedem Fall zu erstatten ist.
3. Eine Erstattung der Sachverständigenkosten kommt nur insoweit in Betracht, als die Geschädigte auch zur Zahlung des Sachverständigenhonorars verpflichtet ist. Ein Anspruch des Sachverständigen auf Begleichung unnötiger Kosten besteht daher nicht. Bei der Frage, wie viele Lichtbilder für die Begutachtung des Schadens erforderlich sind, steht dem Sachverständigen grundsätzlich ein Ermessen zu.
4. Zinsen auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten können nicht bereits nach Ablauf einer einseitig gesetzten Frist geltend gemacht werden. Eine bloße Zahlungsaufforderung mit einseitiger Fristbestimmung reicht nicht aus, um den Verzug des Gegners zu begründen, sofern dem Gläubiger nicht gemäß § 315 BGB ein Leistungsbestimmungsrecht zusteht.

X.
Annahme oder Ablehnung eines Auftrags durch Mitarbeiter
LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.1.2016, L 11 R 3553/13

Eine abhängige, sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung kann auch bei einer Vertragsgestaltung vorliegen, bei der es weitgehend dem Beschäftigten überlassen bleibt, ob er einen Auftrag annimmt oder ablehnt (Abruf- oder Aushilfsbeschäftigungsverhältnisse). Derartige auf den jeweiligen Einsatz bezogene Vertragskonstruktionen sind arbeitsrechtlich als Einzelverträge oder in Kombination mit einem Rahmenvertrag zulässig (vgl BAG 16.05.2012, 5 AZR 268/11, BAGE 141, 348).

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Michael Henn
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