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Stephan Schmelzer
Anwaltskanzlei Dr. Schmelzer
Ostberg 3
59229 Ahlen


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Herausgabe Rohdaten- neue Verteidigungsansätze bei Geschwindigkeitsüberschreitung

Neue Verteidigungsansätze bei verhängtem Bußgeld im Rahmen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Das AG Weißenfels hat in seinem Beschluss vom 03.09.15 (A.z.: 10 AR 1/15) entschieden, dass Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung in unverschlüsselter Form zur Verfügung zu stellen sind. Gleiche Rechtsauffassung wurde durch das AG Kempten mit Beschl. v. 10.09.2015, 24 OWi 220 Js 15207/15 vertreten.

Das Amtsgericht Weißenfels musste über den Antrag auf Akteneinsicht entscheiden. Grundsätzlich ist in § 147 StPO Der Verteidiger ist befugt, " 1. die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. … 2.". Die Verwaltungsbehörde war jedoch - wie regelmäßig der Fall - nicht bereits, die maßgeblichen Daten zur Verfügung zu stellen. Das Amtsgericht kam dem Antrag der Verteidigung nach und verpflichtete die Verwaltungsbehörde die sog. Rohmessdaten der dem Bußgeldbescheid zugrunde liegenden Geschwindigkeitsmessung in unverschlüsselter Form an den Betroffenen herauszugeben.
Hierzu führt das Amtsgericht Weißenfels (A.z.: 10 AR 1/15) aus: " … Bei dem hier angewandten Messverfahren unter Verwendung des Meßgeräts ES 3.0 der Fa. ESO GmbH handelt es sich um ein standardisiertes Meßverfahren (so etwa OLG Hamm, Beschl. v. 29. Jan. 2013 – 1 RBs 2/13 –; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 19. Okt. 2012 – 1 Ss Bs 12/12 –, jew. zit. n. juris). Liegt ein standardisiertes Messverfahren dem Bußgeldbescheid zu Grunde, so obliegt es dem Betroffenen, konkrete und einer Beweiserhebung zugängliche Umstände zu einem Messfehler vorzutragen. Hierzu bedarf es zunächst neben dem Einsichtsrecht in das Messprotokoll und den Eichschein des Messgeräts auch der Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung sowie in die erforderlichen Fotos, beim Gerät ES 3.0 also das Messfoto und das sog. Fotolinienbild. Darüber hinaus muss dem Betroffenen auf sein Verlangen hin aber auch die bei der Messung erstellte Messdatei zugänglich gemacht werden, um ihm – unter Hinzuziehung eines privaten Sachverständigen – die Möglichkeit zu geben, eventuelle Messfehler zu entdecken und im Verfahren substantiiert behaupten zu können.

Würde man – wie hier die Verwaltungsbehörde – dem Betroffenen dieses Einsichtsrecht unter Hinweis darauf versagen, dass die Daten vom Gerätehersteller verschlüsselt werden und nur durch diesen in unverschlüsselter Form zur Verfügung gestellt werden können, würde der Betroffene in seinen Verfahrensrechten unzulässig eingeschränkt.

Ein zentrales Anliegen eines rechtsstaatlich geordneten Bußgeldverfahrens ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts als der notwendigen Grundlage eines gerechten Urteils. Ausgestaltungen des Verfahrens, welche die Ermittlung der Wahrheit zu Lasten des Betroffenen behindern, können daher seinen Anspruch auf ein faires Verfahren verletzen. Ferner sichert dieser Anspruch dem Betroffenen, der nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein darf, den erforderlichen Bestand an aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen, damit er zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss nehmen kann (so für das Strafverfahren: BVerfGE 46, 202, 210; 63, 45, 61). Hiergegen würde aber verstoßen, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit versagt würde, gerade die Daten, auf denen der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit beruht, nicht prüfen (lassen) zu können."

Ob die Verteidigung anhand der Daten in der Lage ist, fehlerhafte Messungen nachzuvollziehen, bleibt sicherlich zunächst offen - gleichwohl ist zu beachten, dass die Nichtherausgabe zu einem grundlegend zielführendem Ergebnis führen kann: die Nichtverwertung der Messung. In dem letztgenannten Fall dürfte es dann wiederum schwierig werden, dem Betroffenen den vermeintliche Verstoß nachzuweisen.
Zudem wies das v.g. Gericht auf die Möglichkeit des § 69 Abs. 5 OWiG hin.

Gerne berate und vertrete ich Sie sofort, wenn gegen Sie ein Bußgeldbescheid ergangen, lege Einspruch für Sie ein und führe das Verfahren.

Rechtsanwalt Dr. Stephan Schmelzer, Fachanwalt IT-Recht, Fachanwalt Arbeitsrecht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter. http://www.ra-schmelzer.de, Ostberg 3, 59229 Ahlen, Tel.: 02382.6646.

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