OLG Hamm klärt Haftungsfragen bei Zusammenstoß von Pkw und Privatbahn auf unzureichend gesichertem Bahnübergang
(Kiel) Stößt ein Pkw auf einem unzureichend gesicherten Bahnübergang mit dem Zug einer Privatbahn zusammen, kann eine für den Unfall ursächliche Nachlässigkeit des Schrankenwärters sowohl der Privatbahn als auch dem für die Bahnstrecke verantwortlichen Unternehmen der Deutschen Bahn zuzurechnen sein, so dass alle Beteiligten in vollem Umfang für den Fahrzeugschaden haften.
Darauf verweist der Limburger Fachanwalt für Verkehrsrecht Klaus Schmidt-Strunk, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 14.07.2015 zu seinem Urteil vom 11.06.2015 (6 U 145/14).
Im Juni 2012 stieß das Fahrzeug des klagenden Autohauses aus Münster, ein Audi Avant 2,7 TDI, auf dem Bahnübergang der Orbker Straße in Detmold mit einem Zug der beklagten Privatbahn aus Bielefeld zusammen. Das ebenfalls verklagte Unternehmen der Deutschen Bahn (im Folgenden: Deutsche Bahn) ist Eigentümerin der Infrastrukturanlagen der Bahnstrecke, auf der die Privatbahn den Bahnbetrieb betreibt. Bei dem im Regelfall durch Andreaskreuz, Lichtzeichenanlage und automatische Schrankenanlage gesicherten Bahnübergang lag zum Unfallzeitpunkt ein technischer Defekt vor. Deswegen wurde der Bahnübergang durch den drittbeklagten Schrankenwärter gesichert. Trotz telefonischer Zugankündigung hatte es dieser vor dem Unfall versäumt, das Warnlicht einzuschalten und die Schranke herunter zu lassen. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs leitete eine Vollbremsung ein, nachdem der sich nähernde Zug Warnsignale abgegeben hatte, ohne die Kollision verhindern zu können. Am klägerischen Fahrzeug entstand ein Totalschaden, den die Klägerin mit ca. 26.000 Euro beziffert hat, und den sie einschließlich weiterer entstandener Kosten von allen drei Beklagten ersetzt verlangt.
Das Schadensersatzbegehren der Klägerin war erfolgreich. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Klägerin insgesamt ca. 28.000 Euro Schadensersatz zugesprochen, den ihr die Beklagten als Gesamtschuldner zu zahlen haben. § 1 des Haftpflichtgesetzes verpflichte die Deutsche Bahn und die Privatbahn zum Schadensersatz, so der Senat. Die Deutsche Bahn betreibe die Infrastruktur der Strecke, die Privatbahn den Eisenbahnverkehr. Sie seien selbständig organisierte Teile eines einheitlichen Eisenbahnunternehmens und jeder für sich haftender Betriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes. Das für den Unfall ursächliche Versäumnis des drittbeklagten Schrankenwärters müssten sich die Deutsche Bahn und die Privatbahn betriebsgefahrerhöhend zurechnen lassen. Der mit der Sicherung der Gleisanlagen betraute Schrankenwärter und die für die Infrastruktur verantwortliche Deutsche Bahn bildeten eine Haftungseinheit. Diese wirke auch zu Lasten der Privatbahn, die mit der Deutschen Bahn eine gemeinsame Betriebseinheit bilde. Hinzu komme, dass sich das Versäumnis des Schrankenwärters in gleicher Weise gefahrerhöhend auf die Bahnanlage der Deutschen Bahn und den Betrieb des Schienenfahrzeuges der Privatbahn ausgewirkt habe. Demgegenüber sei ein Mitverschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs nicht feststellbar, die Betriebsgefahr des Fahrzeugs trete hinter den Verschuldensbeitrag auf Seiten der Beklagten zurück.
Schmidt-Strunk empfahl, dies beachten und in derartigen Fällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. – www.vdvka.de - verwies.
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