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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Unwirksame Vertragsklausel zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen
BGH, Urteil vom 22.01.2015, Az: VII ZR 120/14
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Vertragsklauseln, wonach Gewährleistungsansprüche bis zur vorbehaltlosen Annahme der Schlusszahlung des Auftraggebers in Höhe von 8 % der Auftrags- bzw. Abrechnungssumme durch Bürgschaften gesichert sind, benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind daher unwirksam (im Anschluss an BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 164/12 ,BauR 2015, 114= NZBau 2014, 759).
II.
KSchG
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 13.01.2015, Az. 7 Sa 900/14
§ 17 Abs. 3 S. 1 KSchG ist kein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB. Die nicht gleichzeitige Zuleitung einer Abschrift des Schreibens an den Betriebsrat über die Unterrichtung über anzeigepflichtige Entlassungen (§ 17 Abs. 2 KSchG) führt daher für sich genommen nicht zur Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung.
Siehe:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2015/7_Sa_900_14_Urteil_20150113.html
III.
Anwendung von § 89b HGB auf Franchiseverträge
Urteil vom 05.02.2015, Az: VII ZR 109/13
Bei Franchiseverträgen, die ein im Wesentlichen anonymes Massengeschäft betreffen, rechtfertigt eine bloß faktische Kontinuität des Kundenstamms nach Vertragsbeendigung eine entsprechende Anwendung der auf Handelsvertreter zugeschnittenen Bestimmung des § 89b HGB nicht.
IV.
Unzulässige Berufung auf (Vorrats-)Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers - Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2015, Az. 4 Sa 41/14
Eine als "Werkvertrag" bezeichnete Arbeitnehmerüberlassung kann im Einzelfall trotz Vorliegens einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis beim Verleiher zu einer Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher führen. Dies ist dann der Fall, wenn sowohl dem Verleiher als auch dem Entleiher positiv bekannt ist, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers eingegliedert werden soll und der Arbeitnehmer dem Weisungsrecht des Entleihers unterliegen soll. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zugleich der Charakter der Arbeitnehmerüberlassung gegenüber dem Arbeitnehmer verschleiert wird. Die Berufung auf das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis stellt sich dann als ein treuwidriges widersprüchliches Verhalten dar. Dürfen sich Verleiher und Entleiher aber nicht auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers berufen, gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Entleiher als zustande gekommen gem. §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG.
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2014&nr=18930&pos=1&anz=63
V.
Auskunftsanspruch des mittelbaren Gesellschafters
BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az: II ZR 277/13
Einem mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafter, der aufgrund der Regelungen im Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt ist, steht nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern gegen jeden Mitgesellschafter, der die Auskunft unschwer erteilen kann (hier: den das Anlegerregister führenden Treuhänder), ein Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Anleger (Treugeber und unmittelbare Gesellschafter) zu.
VI.
Nichtige Kundenschutzklausel
Urteil vom 20.01.2015, Az: II ZR 369/13
Kundenschutzklauseln, die zwischen einer GmbH und einem ihrer Gesellschafter anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft vereinbart werden, sind nichtig, wenn sie in zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß übersteigen, das in der Regel zwei Jahre beträgt.
VII.
Franchiseverträge
BGH, Urteil vom 05.02.2015, Az. VII ZR 109/13
Bei Franchiseverträgen, die ein im Wesentlichen anonymes Massengeschäft betreffen, rechtfertigt eine bloß faktische Kontinuität des Kundenstamms nach Vertragsbeendigung eine entsprechende Anwendung der auf Handelsvertreter zugeschnittenen Bestimmung des § 89b HGB nicht.
VIII.
Kommanditbeteiligung an einer Publikumsgesellschaft
OLG Nürnberg, Urteil vom 22.12.2014, Az. 14 U 2588/13
Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumskommanditgesellschaft, dass Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen den Kommanditisten als unverzinsliches Darlehen gewährt werden, ist im Einzelfall keine ausreichend klare Grundlage für Rückforderungen der Gesellschaft gegenüber Kommanditisten, die in Emissionsprospekt und Gesellschaftsvertrag vorgesehene Auszahlungen betreffen.(Rn.26)
IX.
Personenbedingte Kündigung - außerdienstliches Fehlverhalten einer Erzieherin
ArbG Magdeburg, Urteil vom 14.01.2015, Az. 3 Ca 2548/14
1.Ein Arbeitgeber der eine Kündigung bis dahin hauptsächlich mit einer sich aus einem außerdienstlichen Verhalten ergebende Uneignung für eine Tätigkeit als Erzieher/in begründet und dies auch der - für die Erteilung der Erlaubnis einer Schwangeren zu kündigen - Landesbehörde so kommuniziert hat, ist dadurch gleichwohl nicht gehindert sich im Kündigungsschutzprozess auch noch auf die bereits zum Kündigungszeitpunkt für genau dieses Verhalten ganz unmittelbar drohende Haftstrafe als Kündigungsgrund zu berufen.
2.Ein gegen die Entscheidung der Landesbehörde eingelegtes Rechtsmittel steht der Annahme des Arbeitsgerichts, die erforderliche Erlaubnis zur Kündigung der Schwangeren liege vor, nicht entgegen.
3.Eine bereits zum Kündigungszeitpunkt erfolgte und bis zum Ende der mündlichen Verhandlung rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren stellt - unbeschadet einer abschließenden Interessenabwägung - regelmäßig einen personenbedingten Grund für eine Kündigung dar. Dies gilt vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer weiterhin jegliche Schuld von sich weißt und damit nicht sicher absehbar ist, dass er vorzeitig aus der Haft entlassen wird.
4.Ein Arbeitnehmer, der längere Zeit - bis zur Presseberichterstattung am Prozessbeginn - seinen Arbeitgeber über die näheren Umstände einer Tat im Unklaren lässt und dabei weiter für ihn tätig ist, kann sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dass sich daraus die Zumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung ergibt. Vielmehr ist dieses Verschweigen im Rahmen der Interessabwägung eher als schädlich anzusehen.
X.
Dashcam-Aufnahmen nicht als Beweismittel verwertbar
LG Heilbronn, Urteil vom 03.02.2015, Az. I 3 S 19/14, 3 S 19/14
Aufzeichnungen einer in einem Pkw installierten Dashcam können im Zivilprozess nicht als Beweismittel zum Hergang eines Unfalls verwertet werden.
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