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zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Anforderung an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung
LG Itzehoe, Urteil vom 09.05.2014, Az. 9 S 43/13
Die Anforderung an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung sind gewahrt, wenn der Vermieter in dem Kündigungsschreiben mitteilt, er benötige Wohnung, um mit seiner Familie selbst dort einzuziehen, da man aus der bisherigen Wohnung ausziehen müsse. Stüzt der Vermieter seine Räumungsklage im Berufungsrechtzug bei fortbestehender Tatsachengrundlage hilfsweise auf eine neue, erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochene Eigenbedarfskündigung, liegt darin eine nach § 533 ZPO zulässige Klageänderung.
II
Wohnflächenvereinbarung
AG Bad Segeberg, Beschluss vom 07.04.2014, Az. 17 C 268/13
1.Bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Wohnfläche in einem Mietvertragsformular kann zwischen Mietvertragsparteien eine konkludente Wohnflächenvereinbarung getroffen werden, wenn die Parteien vor Abschluss des Mietvertrags über die Wohnfläche verhandelt und insoweit Einigkeit erzielt haben oder übereinstimmend von einer bestimmten Größe ausgegangen sind (Anschluss an BGH, Urt. v. 23.06.2010 - VIII ZR 256/09, NJW 2010, 2648 f.).
2.Stellt der Vermieter nach Abschluss eines Mietvertrages eine sog. Vermieterbescheinigung aus und gibt er in dieser eine konkrete Wohnfläche an, folgt allein hieraus nicht, dass die Parteien eine konkludente Wohnflächenvereinbarung getroffen haben.
3.Ist in einem Mietvertrag über eine Wohnung, die von dem Mieter bereits vor Vertragsschluss über einen längeren Zeitraum hinweg bewohnt worden ist, eine Wohnflächenangabe enthalten und soll die tatsächliche Wohnfläche (hier: 21,01 m²) erheblich geringer sein als die vertraglich vereinbarte Wohnfläche (hier: 50 m²), ist davon auszugehen, dass dem Mieter die Wohnflächenabweichung jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist und ein Minderungsrecht gemäß § 536b Satz 2 BGB ausscheidet.
III.
Gesellschafterversammlung
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.03.2014, Az. II ZR 24/13
Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung können bei Personengesellschaften zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Der Einladungsmangel führt aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler
beeinflusst ist
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=4&nr=67660&pos=131&anz=531
IV.
Anlageinteressent
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8.04.2014, Az. XI ZR 341/12
Ein Anlageinteressent, der im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Erklärung des Anlageberaters der Bank, ihm die Höhe der an die Bank fließenden Rückvergütung nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl abschließt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später von der Bank Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung geltend macht.
Siehe:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=0&nr=67794&pos=5&anz=517
V.
Entschädigungsanspruch wegen unterlassener Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor Ausspruch einer Kündigung innerhalb der Wartezeit
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2014, Az. 1 Sa 23/13
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, vor Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem schwerbehinderten Beschäftigten innerhalb der Wartezeit ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchzuführen, um diskriminierungsrechtliche Ansprüche zu vermeiden. Die Unterlassung des Präventionsverfahrens hat somit nicht nur kündigungsschutzrechtlich, sondern auch diskriminierungsrechtlich keine Rechtsfolgen (im Anschluss an BAG 28.06.2007 - 6 AZR 750/06 und BAG 24.01.2008 - 6 AZR 96/07).
Siehe:
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=Arbeitsgerichte&Art=en&Datum=2014&Seite=0&nr=18100&pos=1&anz=16
VI.
Klageverzicht im Kündigungsschutzprozess
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27.03.2014, Az. 5 Sa 1099/13
Enthält ein formularmäßiger Verzicht auf das Recht Kündigungsschutzklage zu erheben im Gegenzug die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis mit der Note gut zu erteilen, ist dieser Verzicht wirksam, es sei denn, dem Arbeitnehmer steht unter Berücksichtigung der herkömmlichen Darlegungs- und Beweislast in einem Zeugnisprozess eine gute Beurteilung zweifelsfrei zu.
Siehe:
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml?doc.id=JURE140007861&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint
VII.
Treu und Glauben bei abweichendem Vertragswillen in der Annahmeerklärung
BGH, Urteil vom 14.05.2014, Az. VII ZR 334/12
a) Die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern, dass der Empfänger eines Vertragsangebots seinen davon abweichenden Vertragswillen in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 Rn. 26 = NZBau 2010, 628).
b) Diese Anforderungen können im Einzelfall nicht gewahrt sein, wenn der Empfänger eines schriftlichen Angebots an Stelle des ursprünglichen Textes die von ihm vorgenommenen wesentlichen Änderungen mit gleichem Schriftbild so in den Vertragstext einfügt, dass diese nur äußerst schwer erkennbar sind, und in einem Begleitschreiben der Eindruck erweckt wird, er habe das Angebot unverändert angenommen.
VIII.
Genügend Seitenabstand bei Baustellenfahrzeugen einhalten
Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 17.4.2014, Az. 13 S 24/14
Fährt ein Verkehrsteilnehmer an einem Baustellenfahrzeug mit weiß-rot-weißen Warneinrichtungen, Warnblinklicht und eingeschalteter Rundumleuchte vorbei, muss er auch ein weites Öffnen der Tür in Betracht ziehen und seinen Seitenabstand dementsprechend wählen.
Siehe:
http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&Art=en&Datum=2014&nr=4672&pos=0&anz=61
IX.
AGB’s eines Kreditinstituts
BGH, Urteil vom 13.05.2014, Az. XI ZR 405/12
Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts für den Abschluss von Privatkreditverträgen enthaltene Bestimmung "Bearbeitungsentgelt einmalig 1%" unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
X.
Bank muss auf die Möglichkeit der Aussetzung hinweisen
BGH, Beschluss vom 29.04.2014, Az. XI ZR 130/13
Eine Bank, die den Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds empfiehlt, muss den Anleger ungefragt über die Möglichkeit einer zeitweiligen Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären.
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Michael Henn
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