10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten
zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Reparaturrechnung ist alleiniges Beweismittel
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 16.09.2013, Az. 8 O 6658/12
Eine Reparaturrechnung ist nach A.2.7.1 Buchst. a) AKB 2008 das alleine zugelassene Beweismittel zum Nachweis einer vollständigen und fachgerechten Reparatur.
II.
Leistungsverweigerungsrecht des Hauptunternehmers
BGH, Versäumnisurteil, 01.08.2013, VII ZR 75/11
Dem Hauptunternehmer steht das Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln der Werkleistung des Nachunternehmers grundsätzlich unabhängig davon zu, ob er die gleiche Leistung seinem Besteller versprochen und geleistet hat, und auch unabhängig davon, ob der Besteller ihm zustehende Ansprüche seinerseits geltend macht.
III.
Zu den Anforderungen an die Beratungspflichten einer Bank bei einer "Tauschempfehlung" für offene Immobilienfonds - keine Aufklärungspflicht über das Aussetzungsrisiko nach §§ 37, 81 InvG im Mai 2008
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.09.2013, Az. 5 U 34/13
1. Der Rat einer Bank zur Umschichtung von Wertpapieren innerhalb eines Depots stellt im Rechtssinne keine "Tauschempfehlung" dar. Es handelt sich vielmehr zum einen um eine Verkaufsempfehlung und zum anderen um eine zeitgleich abgegebene Kaufempfehlung.
2. Die von der Bank empfohlene zeitgleiche Umschichtung von verschiedenen Anlagen innerhalb eines Depots begründet keine generell gesteigerten Beratungspflichten. Es bleibt vielmehr auch insoweit bei dem Grundsatz, dass sowohl die Verkaufs- als auch die Kaufempfehlung in Bezug auf das Anlageobjekt (anlagegerechte Beratung) unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich "vertretbar" sein muss. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger. Die Bank muss nicht beweisen, dass es sich bei der "Tauschempfehlung" objektiv um eine bessere, das heißt sicherere und/oder renditeträchtigere Anlage gehandelt hat.
3. Im Mai 2008 war von einer Bank weder eine Aufklärung über das spezielle Risiko der Aussetzung der Kapitalanteilsrücknahme bei Dachfonds nach § 37 InvG noch bei offenen Immobilienfonds nach § 81 InvG geschuldet.
4. Die Verjährung nach § 37 WpHG a. F. regelt auch aus Gründen der Rechtssicherheit den kenntnisunabhängigen Verjährungsbeginn. Der Zweck dieser Vorschrift darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass mittels Anwendung des § 242 BGB letztlich systemwidrig doch wieder die Kenntnis des Schuldners oder subjektive Elemente bei der Verjährungsfrage eine
IV.
Amtsunfähigkeit eines wegen Insolvenzverschleppung verurteilten GmbH-Geschäftsführers
OLG Celle, Beschluss vom 29.08.2013, Az. 9 W 109/13
Auch die Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung in Form der nicht rechtzeitigen Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 15a Abs. 4, dritte Alternative InsO) führt nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 lit. a GmbHG - trotz der missverständlichen Formulierung dieser Vorschrift - zu einer Amtsunfähigkeit als Geschäftsführer einer GmbH.
V.
Sicherungseinbeahlt
OLG Oldenburg, Urteil vom 27.08.2013, Az. 2 U 29/13
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in welcher die Ablösung eines Sicherheitseinbehaltes durch eine Bankbürgschaft von der Abnahme der Gesamtbaumaßnahme durch den Bauherrn abhängig gemacht wird, ist unwirksam.
VI.
Vertragsstrafe in Kfz-Versicherungsvertrag
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.07.2013, Az. 7 U 33/13
Eine Vertragsstrafenklausel in einem Kfz-Versicherungsvertrag, wonach bei unterlassener Mitteilung eines Merkmals zur Beitragsberechnung (hier: Jahreskilometerleistung) der Versicherungsnehmer zur Zahlung einer zusätzlichen Jahresprämie verpflichtet wird, ist gem. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn der Versicherer nicht gleichzeitig auf seine gesetzlichen Rechte wegen Gefahrerhöhung verzichtet.
VII.
Schwerbehindertenrecht (Zustimmung zur Kündigung)
Verwaltungsgericht des Saarlandes, Urteil vom 06.09.2013, Az. 3 K 408/13
Bei einer personenbedingten Kündigung aus Krankheitsgründen hat das Integrationsamt unter anderem zu prüfen, welche Fehlzeiten voraussichtlich in Zukunft auftreten werden, ob die zu erwartenden Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen bedeuten und ob diese Beeinträchtigung dem Arbeitgeber noch zugemutet werden kann.
VIII.
Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Ersatz des auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteils des Urlaubsentgelts;
BGH, Urteil vom 13.08.2013, Az. VI ZR 389/12
1. Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, so hat er nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen. Dieser Anspruch geht gemäß § 6 Abs. 1 EntgFG auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat.
2. Zur Berechnung des vom Schädiger zu ersetzenden Urlaubsentgelts.(Rn.17)
IX.
Handelsvertreterecht
BGH, Beschluss, vom 18.07.2013, Az. VII ZB 45/12
1. Ein selbständiger Handelsvertreter, dem verboten ist, für Konkurrenzunternehmer tätig zu sein, und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein Einfirmenvertreter kraft Vertrags im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB.
2. Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis ist daher der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
X.
Haftung des Direktors einer nach englischem Recht gegründeten Limited wegen Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 17.07.2013, Az. 2 U 815/12
1. § 64 Abs. 2 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung ist als insolvenzrechtliche Norm anzusehen und nach Art. 4 Abs. 1 EUInsVO auf eine nach englischem Recht gegründete Limited anzuwenden, nachdem das Insolvenzverfahren über deren Vermögen in Deutschland eröffnet worden ist.)
2. § 64 Abs. 2 GmbHG dient ausschließlich dem Zweck, eine vor Konkurseröffnung eingetretene Schmälerung der Konkursmasse zugunsten der Konkursgläubiger auszugleichen.
3. Mit der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft bzw. jetzt Art. 49 des Vertrages über die Arbeitsweise in der Europäischen Union ist die Anwendung des § 64 Abs. 2 GmbHG vereinbar.
4. Hat die darlegungsbelastete Partei konkret vorgetragen und damit ihrer Substantiierungslast genügt, muss sich auch der Gegner substantiiert äußern.
5. Eine einzige Zahlungsaufforderung genügt für die insolvenzrechtliche Fälligkeit.
6. Auch bestrittene Forderungen sind in die Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten mit den liquiden Mitteln einzustellen, solange nicht objektiv Zweifel an deren Bestand bestehen.
7. Beweisanzeichen für eine Zahlungseinstellung sind unter anderem eigene Erklärungen des Schuldners, nicht zahlen zu können oder einen Insolvenzantrag gestellt zu haben sowie das Unterlassen der Abführung von Sozialversicherungsanteilen der Arbeitnehmer.
8. Auch Zahlungen in beträchtlicher Höhe - vorliegend 110.151,66 € - stehen einer Zahlungseinstellung nicht entgegen, sofern die unerfüllt gebliebenen Verbindlichkeiten nicht unwesentlich sind, was bei einer Liquiditätslücke von 10 % und mehr der Fall ist.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Schriftleiter Mittelstandsdepesche
Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll.
Theodor-Heuss-Straße 11
70174 Stuttgart
Tel.: 0711/ 30 58 93-0Fax: 0711/ 30 58 93-11
e-Mail: henn@drgaupp.dewww.drgaupp.de
« zurück