10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten
zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Auskunftsvertrag Steuerberater
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05
Telefonische Mitteilungen eines Steuerberaters können einen Auskunftsvertrag begründen.
II.
Wettbewerbsverbot
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2008, Az. 10 AZR 617/07
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist jederzeit aufhebbar. Dies kann auch in einer Ausgleichsklausel, in einem Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich geschehen, ohne dass die Begriffe des Wettbewerbsverbots oder der Karenzentschädigung ausdrücklich erwähnt sein müssen.
Der Wortlaut der Ausgleichsklausel, wonach „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten“ seien, kann grundsätzlich auch das Wettbewerbsverbot und die damit verbundene Karenzentschädigung umfassen. Es handelt sich dabei um gegenseitige Ansprüche, die ihre Grundlage im Arbeitsverhältnis haben und daher „aus dem Arbeitsverhältnis“ stammen.
aa) Das Fehlen des in Abgeltungsklauseln von Vergleichen ebenfalls häufig verwendeten Zusatzes „alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt“ lässt nicht darauf schließen, dass damit ein Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung ausgeschlossen werden sollten.
III.
Umfang der zulässigen Mieterhöhung bei Modernisierung
BGH, Urteil vom 17.12.2008, Az. VIII ZR 41/08
Der Vermieter kann die Miete bei einer Modernisierung der Wohnung gemäß § 559 Abs. 1 BGB nur insoweit erhöhen, als die von ihm aufgewendeten Kosten hierfür notwendig waren. Unnötige, unzweckmäßige oder ansonsten überhöhte Modernisierungsaufwendungen hat der Mieter nicht zu tragen.
IV.
Kein grob fahrlässiges Handeln des Kapitalanlegers
OLG Celle, Urteil vom 08.01.2009, Az. 11 U 70/08
Ein Kapitalanleger handelt nicht grob fahrlässig im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB, wenn er einen Prospekt, der erst im abschließenden Beratungsgespräch übergeben wird, nicht darauf hin durchsieht, ob die mündlichen Angaben des Anlageberaters oder -vermittlers zutreffen.
Etwas anderes gilt, wenn der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch dem Anleger zur Verfügung steht.
V.
Ausschlussfrist
OLG München, Urteil vom 21.01.2009, Az. 7 U 4656/08
1.) Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Auch grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne eine umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken.
2.) Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des “Vorfalls”, der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Außerdem gehört es zu den vom Kündigungsberechtigten zu ergründenden maßgeblichen Umständen, mögliche Beweismittel für eine ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern
(Leitsätze der Schriftleitung)
VI.
Vertriebsvereinbarung
OLG München, Urteil vom 17.12.2008, Az. 7 U 4025/08
1.Die in einer formularmäßigen Vertriebsvereinbarung zwischen einer Hauptvertreterin und einer Untervertreterin enthaltene Klausel, wonach ein Anspruch auf Provision bei der Untervertreterin erst dann entsteht, wenn bei der Hauptvertreterin für das von der Untervertreterin vermittelte Geschäft Provisionszahlungen tatsächlich eingegangen sind, ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB als nichtig anzusehen.
2.Dies gilt auch für eine Klausel in der Vertriebsvereinbarung, nach der Provisionsansprüche der Untervertreterin davon abhängen, dass die Hauptvertreterin Provisionen innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Vertriebsvertrags für von der Untervertreterin vermittelte Geschäfte erhalten hat.
3.Hingegen begegnet eine Regelung in der Vertriebsvereinbarung, die Bonuszahlungen von einem durch die Untervertreterin selbst vermittelten Basisprovisionsumsatz abhängig macht und ein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Bonusprovisionen ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzt, keine rechtlichen Bedenken.
(Leitsatz der Schriftleitung)
VII.
„Kostenfallen“ im Internet
LG Frankfurt, Urteil vom 04.12.2008, Az. 6 U 186/07
1.Werden im Internet kostenpflichtige Angebote unterbreitet, bei denen der durchschnittlich verständige Internetnutzer wegen der Art dieses Angebotes und wegen der weiteren Umstände seiner Präsentation mit einer Kostenpflichtigkeit nicht rechnet (sog. „Kostenfallen“), sind an den erforderlichen Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit (§ 1 Abs. 1 und Abs 6 S. 2 PAngV; § 5 UWG) erhöhte Anforderungen zu stellen; diese Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
2.In dem unter Ziffer 1. Genannten Fall liegt ein – einen Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG begründendes – vorsätzlich wettbewerbswidriges Handeln zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern jedenfalls dann vor, wenn das Angebot von vornherein in der Absicht erfolgte, einen Teil der Verbraucher über die Entgeltlichkeit des Angebotes zu täuschen; diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.
3.Zur Frage eines Wettbewerbsverstoßes durch Verwendung einer AGB-Klausel, die den Verbraucher durch Auferlegung einer sachlich nicht gerechtfertigten Vorleistungspflicht unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB).
VIII.
Dringlichkeitsvermutung
OLG Celle, Urteil vom 29.01.2009, Az. 13 U 205/08
Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG kann auch dadurch widerlegt sein, dass sich die in erster Instanz erfolgreiche Verfügungsklägerin auf den mit der Terminierung erfolgten Hinweis des Berufungsgerichts auf Bedenken hinsichtlich ihrer Aktivlegitimation zur Vermeidung eines - ihre erwirkte einstweilige Verfügung aufhebenden - Endurteils in die Säumnis flüchtet.
IX.
Weihnachtsgratifikation - Elternzeit
Bundesarbeitsgericht; Urteil vom 10.12.2008, Az.10 AZR 35/08
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dem Arbeitgeber eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Gewährt der Arbeitgeber aufgrund einer abstrakten Regelung eine freiwillige Leistung nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip und legt er gemäß dem mit der Leistung verfolgten Zweck die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistung fest, darf er einzelne Arbeitnehmer von der Leistung nur ausnehmen, wenn dies sachlichen Kriterien entspricht . Der Arbeitgeber muss bei freiwilligen Leistungen die Anspruchsvoraussetzungen so abgrenzen, dass ein Teil der Arbeitnehmer von der Vergünstigung nicht sachwidrig oder willkürlich ausgeschlossen wird. Eine sachfremde Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer liegt nicht vor, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, diesen Arbeitnehmern die allen anderen Arbeitnehmern gewährte Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird
Ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmer behandelt zu werden. (Leitsatz der Schriftleitung)
X.
Nachversteuerungstatbestand auch auf freiberufliche Betriebsvermögen anwendbar
FG Köln, Urteil vom 18.12.2008, Az. 9 K 2414/08
1.Der Nachversteuerungstatbestand des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist auch auf freiberufliche Betriebsvermögen anwendbar. Die Vergünstigungen für Betriebsvermögen sind daher rückwirkend abzuerkennen, wenn der Erwerber begünstigt erworbenes Betriebsvermögen, das der Ausübung einer freiberuflichen Einzelpraxis diente, innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist veräußert.
2.Es ist nicht geboten, dem (im Streitfall minderjährigen) Erben, der nicht über die für die Fortführung der Praxis erforderliche Berufsqualifikation verfügt, die Steuervergünstigung des § 13a ErbStG deshalb zu belassen, weil der Praxisverkauf für ihn die einzige Möglichkeit war, das ererbte Vermögen zu realisieren und die mit dem Praxisbetrieb zusammenhängenden Arbeitsplätze entsprechend dem Zweck des § 13a ErbStG zu erhalten.
3.Revision eingelegt (Az. des BFH: II R 3/09).
Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Mitglied in der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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Fachanwalt für Erbrecht
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