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Matthias Braun
Braun & Kollegen Rechtsanwälte Notare
Univer­si­tätsstr. 46
35037 Marburg

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Zulassung zur Abschlussprüfung bei nicht unerheblichen Fehlzeiten

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 05.12.2007 - 19 B 1523/07 -
von Rechtsanwalt Matthias Braun, Marburg


Das Problem:
Nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) ist zur Abschlussprüfung zuzulassen, wer die Ausbildungszeit zurückgelegt hat oder wessen Ausbildungszeit nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet (§ 43 BBiG enthält daneben weitere Bedingungen für die Zulassung zur Abschlussprüfung). Im Einzelfall kann die Zulassung zur Abschlussprüfung abgelehnt werden, wenn nicht unerhebliche Fehlzeiten vorliegen, so dass von einem Zurücklegen der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungszeit nicht gesprochen werden kann. In dem vom Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheidenden Fall war der Auszubildende im Januar erkrankt und konnte die betriebliche Ausbildung ab Mitte Februar dieses Jahres nicht mehr fortsetzen. Der Auszubildende strebte dennoch die Zulassung zur Abschlussprüfung im Juli des gleichen Jahres an. Der Antrag auf Zulassung wurde abgelehnt mit der Begründung, dass erhebliche Fehlzeiten vorgelegen haben, die das Erreichen des Ausbildungsziels konkret beeinträchtigt hätten.
Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 05.12.2007:
Das Gericht stellt zunächst fest, dass nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung die Ausbildungszeit nur dann zurückgelegt sei, wenn der Auszubildende tatsächlich aktiv ausgebildet worden ist. Der allein kalendarische Ablauf der Ausbildungszeit rechtfertige noch nicht die Zulassung zur Abschlussprüfung. Nur geringfügige Fehlzeiten stünden einer Zulassung zur Abschlussprüfung allerdings nicht entgegen. Unter welchen Voraussetzungen Fehlzeiten dabei als geringfügig anzusehen seien, ist nicht geregelt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Zahlenmäßig geringe oder hohe Fehlzeiten seien ein Indiz für geringfügige oder erhebliche Fehlzeiten. Eine starre zeitliche Grenze etwa dergestalt, dass bei einer Fehlzeit von 10 % der Ausbildungszeit stets mehr als nur geringfügige Fehlzeiten vorliegen, gebe es jedoch nicht. Es komme vielmehr im Einzelfall darauf an, ob die Fehlzeiten das Erreichen des Ausbildungsziels gefährdeten. Zahlenmäßig geringe Fehlzeiten
mittelstandsdepesche 01-2009
DASV
können den Ausbildungserfolg gefährden, wenn sie wesentliche Ausbildungsabschnitte betreffen; zahlenmäßig hohe Fehlzeiten können als noch geringfügig angesehen werden, wenn sie etwa auf den letzten Ausbildungsabschnitt entfallen und die für den Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit und die erforderliche Berufserfahrung wesentliche Ausbildung bereits in den vorhergehenden Ausbildungsabschnitten erfolgt ist.
Vor diesem Hintergrund sind im Einzelfall die Fehlzeiten der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit auch bei Berücksichtigung einer Abkürzung oder Verlängerung derselben (siehe § 8 BBiG) gegenüberzustellen. Bei Berechnung des Verhältnisses ist auch zu berücksichtigen, dass nach der Regelung in § 43 Abs. 1 Nr. 1 BBiG zur Abschlussprüfung zuzulassen ist, wessen Ausbildungszeit nicht später als zwei Monate nach dem Prüfungstermin endet. Im entschiedenen Fall hatte daher das Gericht als Bezugspunkt trotz vertraglicher Vereinbarung einer dreijährigen Ausbildungszeit hier 34 Monate Ausbildung zu berücksichtigen. Im entschiedenen Fall hatte der Auszubildende etwa 15 % der zu Grunde zu legenden 34 Monate Ausbildungszeit gefehlt. Da von ihm auch keine Tatsachen glaubhaft gemacht werden konnten, die für eine mögliche Teilnahme an der vorgezogenen Abschlussprüfung des gleichen Jahres gesprochen und sich dergestalt die Fehlzeiten auch im Verhältnis zur Ausbildungsdauer verringert hätten, wurde der Antrag auf Zulassung zur Abschlussprüfung zu Recht abgewiesen.
Praxistipp:
Auszubildende haben bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung. Ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, muss die jeweils zuständige Stelle entscheiden. Hierbei ist ihr ein eigener Beurteilungsspielraum eingeräumt, der vom Verwaltungsgericht überprüfbar ist. Der ausbildende Betrieb sollte im Rahmen der Anmeldung zur Abschlussprüfung die rechtliche Beurteilung der Erheblichkeit von Fehlzeiten der zuständigen Stelle überlassen und sich auf die Mitteilung der Fakten beschränken.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Rechtsanwalt Matthias Braun
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