10 Urteile, die Ihre Leser interessieren könnten
zusammengestellt von Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht u. Fachanwalt für Erbrecht
Michael Henn, Stuttgart
I.
Eintragung einer GbR in das Grundbuch
BGH, Beschluss vom 04.12.2008, AZ. V ZB 74/08
a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann unter der Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden, die ihre Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag für sie vorgesehen haben.
b) Sieht der Gesellschaftsvertrag keine Bezeichnung der GbR vor, wird die GbR als "Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus..." und den Namen ihrer Gesellschafter eingetragen.
c) Leitet die GbR ihr Recht aus einer Gerichtsentscheidung ab, genügt deren Rubrum als Nachweis ihrer Identität und der Vertretungsbefugnis des handelnden Gesellschafters. Zusätzliche Nachweise können nur verlangt werden, wenn konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich nach Erlass der Gerichtsentscheidung Veränderungen bei Namen, Gesellschafterbestand oder Vertretungsbefugnissen ergeben haben; der bloße Zeitablauf genügt als Anhaltspunkt nicht.
II.
Einseitiger Verzicht des Mieters auf Wohnraum
BGH, Urteil vom 12.11.2008, Az. VIII ZR 270/07
Ein formularmäßig erklärter, einseitiger Verzicht des Mieters von Wohnraum auf sein ordentliches Kündigungsrecht benachteiligt den Mieter nicht unangemessen, wenn der Kündigungsausschluss zusammen mit einer nach § 557a BGB zulässigen Staffelmiete vereinbart wird und seine Dauer nicht mehr als vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung beträgt.
III.
Pflichten des Gasversorgers bei Tariferhöhung
Urteil vom 19.11.2008, Az. VIII ZR 138/07
a) Allgemeine Tarife eines Gasversorgers im Sinne von § 10 EnWG 1998, § 4 AVBGasV unterliegen, soweit sie Gegenstand einer vertraglichen Einigung zwischen dem Versorger und dem Kunden geworden sind, nicht einer umfassenden gerichtlichen Billigkeitskontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 BGB. Die Analogie würde der Entscheidung des Gesetzgebers zuwiderlaufen, von einer staatlichen Regulierung der allgemeinen Tarife für Gas abzusehen.
b) Einseitige Tariferhöhungen nach § 4 Abs. 1 AVBGasV während des laufenden Vertragsverhältnisses sind gemäß § 315 BGB von dem Versorger nach billigem Ermessen vorzunehmen und gerichtlich zu überprüfen (Bestätigung von BGHZ 172, 315). Soweit sich der Gasversorger für die Billigkeit auf eine Bezugskostensteigerung beruft, muss er für einen hinreichend substantiierten Vortrag und ein geeignetes Beweisangebot nicht notwendig die absolute Höhe seiner Bezugspreise angeben und die Bezugsverträge mit seinen Lieferanten vorlegen.
c) Für die Billigkeit einer auf eine Bezugskostensteigerung gestützten Tariferhöhung kommt es nicht darauf an, ob der Versorger die Steigerung der Gasbezugskosten durch zurückgehende Kosten in anderen Unternehmensbereichen außerhalb der Gassparte hätte auffangen können.
d) Im Rahmen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle einer einseitigen Tariferhöhung nach § 315 BGB ist ein nach Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Interesse des Gasversorgers an der Geheimhaltung konkreter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse mit dem Gebot effektiven
Rechtsschutzes abzuwägen und - unter Inanspruchnahme der prozessualen Möglichkeiten der §§ 172 ff. GVG - so weit wie möglich auszugleichen; ein verfassungsrechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse kann nicht von vornherein mit der Begründung verneint werden, der Gasversorger müsse für die durch § 315 BGB angeordnete gerichtliche Überprüfung alle erforderlichen Unterlagen und Kalkulationen uneingeschränkt offen legen.
IV.
Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses
LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2008, 13 Sa 718/08
1.
Nach Ablauf der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann ein Antrag auch dann nicht mehr mit Erfolg gestellt werden, wenn den Arbeitnehmer an der Versäumung der Frist keinerlei Verschulden trifft.
2.
De Kammer hält § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG auch in der vorstehenden Auslegung für mit dem Grundgesetz vereinbar.
(Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 2 AZR 985/08)
V.
Rügeobliegenheit trifft den Käufer
OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.11.2008, Az. 7 U 15/08
1.
Bei einem Handelskauf trifft den Käufer die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB auch dann, wenn der Verkäufer die Kaufsache auf Anweisung des Käufers an einen Dritten abliefert. Er muss dafür sorgen, dass der Abnehmer ihn sobald wie möglich von Mängeln unterrichtet.
2.
Dem Käufer, der sich im Regelfall an die gesetzliche Rangordnung der Gewährleistungsrechte zu halten hat, obliegt hinsichtlich der Tatsachen, die die Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung begründen, die Beweislast.
3.
Vom Verkäufer kann nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung keine Mitteilung über solche Umstände erwartet werden, die einem verständigen Käufer bekannt sind oder bekannt sein müssen (hier: Mindesthaltbarkeit von Lebensmitteln, welche nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen gewährleistet ist).
VI.
Vorbehaltlose Zahlung einer Rechnung als Anerkenntnis; Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf
BGH, Urteil vom 11.11.2008, Az. VIII ZR 265/07
1.
Die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnisses der beglichenen Forderung
2.
Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr findet bei allen Ansprüchen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, bei denen es im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmängelgewährleistungsrechten des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei Gefahrübergang mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines Mangels bei Gefahrübergang Vorfrage für andere Ansprüche ist.
VII.
Grobe Fahrlässigkeit bei Verlassen des Fahrzeugs und Steckenlassen des Schlüssels
OLG Rostock, Urteil vom 07.11.2008, AZ. 5 U 153/08
Ein Fahrzeugführer, der in Polen die Entwendung seines Fahrzeuges ermöglicht, indem er aus seinem Fahrzeug aussteigt, dabei den Schlüssel stecken lässt, um das Auto herum auf die Beifahrerseite geht und sich dort mit einem Passanten unterhält, handelt grob fahrlässig.
VIII.
Beratungsfehler
OLG Odenburg, Urteil vom 24.11.2008, Az. 3 U 54/07
1.
Ein zum Schadensersatz führender Beratungsfehler ist es auch, wenn die Bank den Anleger anhand des von dritter Seite erstellten Prospekts berät, darin enthaltene Berechnungen nicht den kalkulatorischen Grundlagen des Prospekts entsprechen und das Risiko für den Anleger kleiner erscheinen lassen als es tatsächlich ist.
2.
Die unrichtige Beschreibung eines bestimmten Risikos wird nicht dadurch berichtigt oder aufgehoben, dass an anderer Stelle des Prospekts für den Fall des Eintritts anderer oder ferner liegender Risiken auf die Möglichkeit des Totalverlusts hingewiesen wird.
IX.
Honorarvereinbarung des Architekten
BGH, Urteil vom 27.11.2008, AZ. VII ZR 211/07
1.
Die bei stufenweiser Beauftragung des Architekten schriftlich getroffene Honorarvereinbarung über später zu erbringende Leistungen wird mit dem Abruf dieser Leistungen wirksam und ist deshalb "bei Auftragserteilung" im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI getroffen.
2.
Ein bei Auftragserteilung vereinbarter Umbauzuschlag kann einvernehmlich schriftlich geändert werden.
X.
Veräußerung von Grundstücken
BFH, Urteil vom 27.11 2008, Az. IV R 38/06
Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb oder Bebauung und (nachfolgender) Veräußerung eines Grundstücks gestattet für sich genommen nicht den Schluss, dass der Grundbesitz mit der unbedingten Absicht erworben oder bebaut worden ist, ihn alsbald zu verkaufen. Nur wenn schon andere Umstände dafür sprechen, dass bereits beim Erwerb oder bei der Bebauung des Grundstücks eine unbedingte Veräußerungsabsicht bestand, kann die Indizwirkung dieser Umstände durch die Kürze der zwischen Erwerb oder Bebauung und Verkauf liegenden Zeit verstärkt werden.
Die Urteile wurden von Rechtsanwalt Michael Henn zusammengestellt.
Michael Henn ist Schriftleiter der mittelstandsdepesche und Mitglied in der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Michael Henn
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