Neues Erbschaftssteuerrecht – Familiengesellschaften als Gestaltungsmöglichkeit
Zum 01.01.2009 ist das neue Erbschaftssteuerrecht in Kraft getreten, mit dem der Gesetzgeber versucht, Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten.
Mit den Neuregelungen einher gehen eine Reihe von Verschlechterungen, namentlich für Geschwister und deren Kinder als potenzielle Erben, ebenso wie durch die langen Behalte- und Nutzungsfristen, die der Gesetzgeber mit relativer Realitätsferne in die Neuregelungen aufgenommen hat. Allen voran für kinderlose Erblasser, die Nichten und Neffen oder auch ihre eigenen Geschwister als Erben einzusetzen gedenken, führen die Neuregelungen zu gravierenden Verschlechterungen.
So wäre beispielsweise bei Vererbung einer durchschnittlichen Immobilie an die Nichte oder den Neffen bei einem Verkehrswert von 300.000,00 € und einem äußerst geringen Freibetrag von 20.000,00 € für den Erben eine sofort fällige Erbschaftssteuer von 84.000,00 € zu zahlen. Da der Wert der Immobilie aber nicht sofort realisiert werden kann oder vielleicht sogar gar nicht soll, entstehen hier große Zahllasten mit erheblichen Liquiditätsproblemen. Bereits in der Vergangenheit angedachte Vermögensübergänge an diese Verwandten werden daher erheblich erschwert. Steigen die Werte, sind selbstverständlich auch die zu entrichtenden Erbschaftssteuern – quasi ein Kaufpreis an den Staat – entsprechend anzuzeigen.
Dass dies nicht im Interesse der Erblasser, wie auch der Erben liegt, ist evident.
Viele Erblasser scheuen jedoch zu Lebzeiten davor, Vermögenswerte wie Grundstücke an Angehörige zu übertragen. Nur all zu oft hört man von angeblichen Fällen, in denen der Übertragende dann sein eigenes Haus hätte verlassen müssen. Ungeachtet der Tatsache, dass solche Fälle äußerst selten und dann das Ergebnis einer unzureichenden Beratung sind, besteht erheblicher Handlungsbedarf: Das aus bereits versteuertem Vermögen bezahlte Hausanwesen durch die Erben im großen Umfang nochmals versteuern zu lassen, ist nicht einzusehen. Hier hilft auch nicht die Einstellung „was nach mir geschieht, ist mir egal“, da die potenziellen Erben gegebenenfalls sogar zur Ausschlagung gezwungen sind, wenn sie die anfallende Erbschaftssteuer nicht bezahlen können. Dies würde die von dem Erblasser gewünschte Erbfolge unmöglich machen. Um nun dem Sicherungsbedürfnis des Erblassers zu entsprechen, wie auch einen möglichst frühzeitigen Vermögensübergang zu ermöglichen, bietet sich die Gründung einer Familiengesellschaft an, deren Zweck das Halten, Verwalten und gegebenenfalls Vermieten einer Immobilie ist. Da die Gesellschaft grundbuchfähig ist, würde sie als solches als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Gesellschafter sind dann der ursprüngliche Eigentümer, beispielsweise der oder die Erblasser sowie die als Erben angedachten Personen. Der oder die Erblasser behalten zunächst den größten Anteil an der Gesellschaft, an die potenziellen Erben wird ein Anteil im Werte desjenigen schenkungsweise übertragen, was erbschaftssteuerfrei übertragen werden kann, also beispielsweise ein geringer Prozentsatz am Gesellschaftsvermögen, möglicherweise nur zwischen 5% und 10%. Zukünftig können dann die potenziellen Erben weitere Gesellschaftsanteile beispielsweise gegen Kaufpreis erwerben mit dem Ergebnis, dass der Wert der Immobilie Schritt für Schritt an die potenziellen Erben übertragen wird. Um die „Hauptgesellschafter“ bestmöglich zu schützen, stehen ihnen sowohl die Geschäftsführungsrechte zu, als auch die entscheidenden Stimmen in einer Gesellschafterversammlung, sodass ohne ihre Zustimmung beispielsweise eine Veräußerung des Grundstücks nicht möglich ist.
Dies kann weiter abgesichert werden durch eine zusätzliche Einräumung von Nutz- bzw. Wohnungsrechtes zugunsten der „Hauptgesellschafter“ sowie mit Absicherungen für den Fall, dass über das Vermögen der „jungen Gesellschafter“ Vollstreckungsmaßnahmen oder das Insolvenzverfahren eingeleitet wird. In einem solchen Fall kann im Gesellschaftsvertrag bereits geregelt werden, dass der betroffene Gesellschafter dann aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird. Bestenfalls steht ihm dann in Höhe seines erlangten Wertes ein Abfindungsanspruch zu.
In der Folgezeit können dann unter Beachtung der gesetzlich vorgesehenen Fristen im Umfang der Freibeträge dann weitere Übertragungen von Gesellschaftsanteilen vorgenommen werden, ohne das dies im Grundbuch eingetragen werden muss. Das Vermögen wächst unter Beachtung der Sicherungsbedürfnisse der „Altgesellschafter“ dann der „jungen Generation“ zu.
Flankiert wird diese Gesellschaftsregelung dann durch ausgewogene letztwillige Verfügung, beispielsweise Erbverträge, die einen möglichen überlebenden Ehepartner einerseits sichern wie andererseits weitere schrittweise Vermögenszuwächse bei den jüngeren Gesellschaftern ermöglichen. Gerade die Möglichkeit, auch gegen Entgelt weitere Anteile an der Gesellschaft „hinzu zu kaufen“ führt dazu, dass dem Altgesellschafter Geld zufließt und nicht etwa der Kaufpreis an den Staat zu entrichten ist.
In jedem Fall sind bereits vorhandene Testamente oder Verträge dahingehend zu überprüfen, ob sie mit der neuen Rechtslage noch übereinstimmen. Für Fragen in diesem Zusammenhang steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Vollmer, Fachanwalt für Erbrecht, jederzeit zur Verfügung.
Rechtsanwalt Vollmer
Fachanwalt für Erbrecht
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