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EU-Führerschein aus Polen / Tschechien grundsätzlich legal! Neue EuGH-Rechtsprechung zieht am 26.6.2008 die Grenze für Führerschein-Tourismus!

Mit den Entscheidungen des EuGH vom 26. Juni 2008 wurde nun aktuell bestimmt, dass ein in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein nur dann nicht anerkannt werden muss, wenn sich eindeutig feststellen lässt, dass der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im ausstellenden EU-Mitgliedsstaat gehabt hat.

Damit wurde eine Ausnahme vom bisherigen Grundsatz der Verpflichtung der Anerkennung von in einem anderen Mitgliedsstaat nach Sperrfristablauf ausgestellten Führerscheinen geschaffen und dem sogenannten „Führerschein-Tourismus“ die schon lange geforderte Grenze gesetzt.

Im Grundsatz bedeutet dies nun zum Vorteil der Betroffenen:

Ein EU-Führerschein aus Polen, Tschechien etc. ist in Deutschland als legal anzuerkennen, wenn dieser Führerschein nach einer in Deutschland verhängten Sperrfrist erworben wurde und wenn der Erwerber das Wohnsitzerfordernis eingehalten hat. Jeder Erwerber einer EU-Fahrerlaubnis muss nämlich für mindestens 185 Tage seinen Wohnsitz im Ausstellerland nachweisen können. Die Ausstellung des Dokuments durch die ausländische Führerscheinbehörde gilt nach Ansicht des EuGH als Nachweis der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses.

Ein Mitgliedstaat (z.B. Deutschland) hat also generell die von einem anderen EU-Mitgliedstaat (Polen oder Tschechien etc.) ausgestellten Führerscheine ohne jede vorherige Formalität anzuerkennen! Das gilt auch, wenn der andere Mitgliedstaat nicht dieselben Anforderungen an die Erteilung der Fahrerlaubnis stellt.

Hintergrund dieser Entscheidung sind die Rechtssachen C-329/06 und C-343/06, die vom EuGH zu einer gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind. Dabei wurden die in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerscheine zwei deutscher Autofahrer von den deutschen Behörden nicht anerkannt, nachdem ihnen zuvor aufgrund Drogen- bzw. Alkoholmissbrauchs die Führerscheine entzogen worden sind. Jedoch begründeten die Behörden ihre Entscheidung mit dem hier nach deutschem Recht geltenden Erfordernis eines günstigen medizinisch-psychologischen Gutachtens, was nicht erbracht worden war. Der EuGH erklärte allerdings dieses Argument für unzulässig (!), da solche Gründe, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis im anderen Mitgliedsstaat (also in Deutschland) im eigenen Mitgliedsstaat zur Aberkennung der Fahrerlaubnis führen, nicht ebenfalls zur Aberkennung der neuen Fahrerlaubnis führen dürfen.

Der EuGH hielt hier im vorliegenden Fall die Anerkennung der tschechischen Führerscheine nur deshalb für ungültig, weil die Betroffenen zum Ausstellungszeitpunkt der neuen Fahrerlaubnis ihren Wohnsitz nicht in der Tschechischen Republik gehabt hatten sondern beim Erwerb noch in Deutschland ansässig waren (EuGH vom 26.06.2008, C-339/06 und C 342/06). Der deutsche Wohnsitz war dort auf dem tschechischen Führerschein vermerkt worden.

Künftige Tendenzen der deutschen Rechtsprechung:

Die Umgehung der MPU stellt einen Missbrauch von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften dar. Keinen Missbrauch soll jedoch allein das Ausnutzen unterschiedlich strenger Regelungen der europäischen Mitgliedsstaaten darstellen, es sei denn, es ist von bewusster Umgehung der MPU oder gar einem Unterlaufen der nationalen (deutschen) Fahreignungsregeln auszugehen (vgl. z.B. Interessenabwägung des HessVGH v. 19.2.2007; NZV 2007, S. 379; OVG Berlin-Brandenburg v. 8.9.2006, BA 2007, S. 193).

Am 19.01.2009 soll dann die 3. EU-Führerschein-Richtlinie in Kraft treten, welche dem so genannten Führerscheintourismus entgegen wirken soll. Deren Regelungen hielt der BayVGH jedoch bereits in seiner Entscheidung vom 22.2.2007 (ZfS 2007, S. 354) mit Rücksicht auf deren erst spätere Anwendbarkeit im Hinblick auf eine Rückgriffsmöglichkeit im Rahmen des Instituts des Rechtsmissbrauchs zumindest für bedenklich.

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030 – 886 81 505.
 
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