Altmetallhändler in Neuwied und Koblenz sollen Steuerschaden von rd. sechs Millionen Euro verursacht haben Staatsanwaltschaft Koblenz: Durchsuchungen und Festnahmen am 19.01.2011
(Worms) Die Staatsanwaltschaft Koblenz führt von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren gegen eine Personengruppe, die im Verdacht steht, spätestens seit dem Jahr 2004 Umsatzsteuer aus Altmetalllieferungen systematisch zu hinterziehen. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen beläuft sich der Steuerschaden auf rund sechs Millionen Euro.
Darauf verweist der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Präsident des VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Worms, unter Hinweis auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft (StA) Koblenz vom 24.01.2011.
Die Hauptbeschuldigten des Ermittlungsverfahrens sind nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft eine 66-jährige Unternehmerin und ihr 39-jähriger Sohn, die gemeinsam einen Metallrecyclingbetrieb im Raum Neuwied führen, sowie zwei 49- bzw. 46-jährige Altmetallhändler aus Koblenz. Darüber hinaus richtet sich das Ermittlungsverfahren gegen einen Metallbauunternehmer aus dem Raum Siegen, zwei Metallbauunternehmer aus dem Raum Mayen und weitere Beschuldigte, die im Verdacht der Beihilfe stehen, darunter eine 46-jährige Rechtsanwältin aus Neuwied. Alle Beschuldigten sind deutsche Staatsangehörige.
Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen besteht der Verdacht, so Möthrath, dass die Beschuldigten zur Täuschung der Finanzbehörden über die Identität der Lieferanten ein System entwickelt haben, das auf dem Einsatz von Scheinunternehmern, sogenannten "Schreibern", beruht und die auf Dauer angelegte Hinterziehung von Umsatzsteuer für Lieferungen von Altmetallabfällen an den Metallrecyclingbetrieb im Raum Neuwied bezweckt. Dabei gehört es zum Aufgabenbereich der beiden Altmetallhändler aus Koblenz, Personen zu rekrutieren, die bereit sind, gegen Entgelt als Scheinunternehmer mitzuwirken. Sämtliche Scheinunternehmer sind geschäftsunerfahrene Personen, die in der Regel Sozialleistungen beziehen. Viele sind alkohol- oder drogenabhängig. Sie verfügen weder über einen eingerichteten Geschäftsbetrieb noch nehmen sie nach Vergabe einer Steuernummer je wieder Kontakt mit dem Finanzamt auf. Nach Weisung der beiden Koblenzer Altmetallhändler bevollmächtigen sie verschiedene Zwischenhändler damit, Altmetallabfälle an den Metallrecyclingbetrieb zu liefern. Auf der Grundlage solcher Vollmachten wird den jeweiligen Vollmachtnehmern unmittelbar nach Lieferung der Ware der Nettokaufpreis bar ausgezahlt. Anschließend erhalten die "Schreiber" die für die jeweiligen Lieferungen ausgewiesenen Umsatzsteuern ebenfalls bar ausgezahlt. Die Ermittlungen haben weiter den Verdacht ergeben, dass die an den Verkäufen beteiligten Personen die den "Schreibern" ausgezahlten Beträge untereinander aufteilen. Ein Großteil des gelieferten Metallschrotts ist nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen in den Betrieben der drei beschuldigten Metallbauunternehmer im Raum Siegen und Mayen angefallen. Es besteht der Verdacht, dass die Betriebsinhaber diese Verkäufe weder verbuchen noch versteuern, sondern die Erlöse schwarz vereinnahmen.
Aus den bisherigen Ermittlungen ergibt sich weiter der Verdacht, dass allen Beschuldigten bewusst ist, dass die Auszahlung der ausgewiesenen Umsatzsteuer an Scheinunternehmer erfolgt, die nur auf dem Papier Lieferanten sind, und dass weder die Abgabe von Steuererklärungen noch gar die Abführung der Umsatzsteuern erfolgen soll, zumal nach Verteilung der Gelder die "Schreiber" finanziell außer Stande sind, Steuern zu zahlen. Der Einsatz der "Schreiber" dient somit zunächst dazu, die jeweiligen tatsächlichen Lieferanten zu anonymisieren, um deren Einkünfte der Einkommen- und Gewerbesteuer zu entziehen und Zwangsvollstreckungen ihrer Gläubiger zu vereiteln. Vor allem bezweckt der Einsatz der Scheinunternehmer die auf Dauer angelegte Hinterziehung von Umsatzsteuer. Aus der gewerbsmäßigen Hinterziehung der Umsatzsteuer erzielen die Beschuldigten ein dauerhaftes, erhebliches Einkommen. Da keine Umsatzsteuer abgeführt wird und dadurch den Lieferanten der Bruttokaufpreis verbleibt, können die Inhaber des Metallrecyclingunternehmens schließlich zu geringeren Nettopreisen einkaufen als die gesetzestreue Konkurrenz und verschaffen sich so erhebliche Wettbewerbsvorteile.
Am 19.01.2011 haben mehr als zweihundert Kräfte der Steuerfahndung des Finanzamtes Koblenz, des Polizeipräsidiums Koblenz sowie des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz an insgesamt 18 Orten durchsucht. Sie haben umfangreiche Beweismittel – insbesondere Buchhaltungsunterlagen - sichergestellt, deren Auswertung Monate in Anspruch nehmen wird. Gegen die vier Hauptbeschuldigten wurden Haftbefehle wegen Fluchtgefahr erwirkt und vollstreckt. Sie haben sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen nicht geäußert.
Über den Abschluss der Ermittlungen und die abschließende Verfügung wird die Staatsanwaltschaft Koblenz zu gegebener Zeit informieren.
Möthrath empfahl, den Ausgang zu beachten und in allen strafrechtlich relevanten Fällen, unabhängig von diesem Fall, so früh wie möglich rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdSRA-Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V. – www.vdsra.de - verwies.
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Jürgen Möthrath
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Strafrecht
Präsident des VdSRA Verband deutscher StrafrechtsAnwälte e. V.
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