Wiedereinesetzung des Anwalts nur bei Glaubhaftmachung
Der BGH hat mit Beschluss, A. z. : XII ZB 177/10, vom 3.11.2010 einen neuen / alten Leitsatz zur Fristenkontrolle für Anwälte betreffend die Frage der Wiedereinsetzung aufgestellt:
Besteht in einer Anwaltskanzlei die Möglichkeit, dass ein Rechtsanwalt selbst Fristen streicht und bleibt offen, wer eine Frist zu Unrecht gestrichen hat, so muss der Rechtsanwalt ein eigenes Verschulden ausräumen und gegebenenfalls zu den organisatorischen Maßnahmen, die er zur Vermeidung von Fehlerquellen durch die Kompetenzüberschneidung getroffen hat, Stellung nehmen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg wurde auf Kosten des Antragstellers verworfen. Der Wiedereinsetzungsantrag betreffend eine abgelaufene Berufungsbegründungsfrist war seitens des OLG zurückgewiesen worden. Dies, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, dass im Büro seines Prozessbevollmächtigten hinreichende organisatorische Maßnahmen für eine wirksame Ausgangskontrolle getroffen worden seien.
Aus der eidesstattlichen Versicherung ergebe sich, dass die Büroorganisation des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers keine eindeutige Aufgabenzuweisung enthalte, da neben der für die Ausgangskontrolle und das Streichen im Fristenkalender zuständige Bürokraft ohne deren Wissen auch andere Personen Zugriff auf den Kalender gehabt hätten und das Streichen von Fristen hätten vornehmen können.
Hätte eine Ausgangskontrolle mit eindeutig beschriebener Aufgabenzuweisung und Verantwortlichkeit bestanden, wäre die Frist ohne die erforderliche Ausgangskontrolle nicht gestrichen und die Fristversäumung vermieden worden (§ 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Der Antragsteller hatte gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 23. September 2009 zugestellte Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - rechtzeitig Berufung eingelegt. Der mit Schriftsatz seines Anwalts eingereichte Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wurde mit Verfügung des Oberlandesgerichts zurückgewiesen, weil die Berufungsbegründungsfrist vor Eingang des Fristverlängerungsantrages abgelaufen war.
Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2009, der am 7. Dezember 2009 bei dem Oberlandesgericht eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und seinen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wiederholt. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, die Berufungsbegründungsfrist sei aufgrund eines Versehens einer Rechtsanwaltsfachangestell-ten versäumt worden. In seiner Kanzlei sei seine Rechtsfachwirtin L. angewiesen, die Fristsachen am Tag des Fristablaufs mit einem entsprechenden sichtbaren Vermerk auf dem Aktendeckel an eine bestimmte Stelle des Schreibtisches des Prozessbevollmächtigten zu legen.
Nach Vorlage der Akten werde dies im Fristenkalender mit einem Häkchen versehen. Die Frist werde durch die Rechtsfachwirtin erst gestrichen, nachdem der Schriftsatz gefaxt worden sei oder im täglichen Postausgang liege. Die Rechtsfachwirtin verlasse das Büro nicht, bevor nicht alle Fristen im Fristenkalender gestrichen worden seien. Er selbst kontrolliere vor dem Verlassen des Büros, ob alle Fristen gestrichen worden seien.
Am 23. November 2009 sei er wegen eines Gerichtstermins erst um 19.10 Uhr in sein Büro zurückgekehrt. Dort habe er an der Stelle, an der die Akten mit Fristabläufen hätten liegen sollen, keine Akten vorgefunden. Seine Rechtsanwaltsfachangestellte W. habe versehentlich die Wiedervorlagen für diesen Tag auf die Akten mit dem Fristablauf gelegt und sodann diesen Stapel an die Stelle des Schreibtisches geschoben, an der stets die Wiedervorlagen lägen.
Vor Verlassen des Büros habe er überprüft, ob alle Fristen gestrichen gewesen seien. Dies sei der Fall gewesen. Es habe sich im Büro allerdings nicht aufklären lassen, wer die Frist gestrichen habe. Weder L. noch W. hätten sich daran erinnern können, die Frist gestrichen zu haben.
Da sehr strenge Anforderungen herrschen sollte man die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hierzu insgesamt berücksichtigen.
Wir Martin J. Haas Rechtswanwälte, Herr Rechtsanwalt Martin J. Hasa wünschen allen Kolleginnen und Kollegen, dass sie nicht in eine solche Situation kommen. Und falls doch, dann ist es sicherlich empfehlenswert sich für einen Antrag auf Wiedereinsetzung ausreichend Zeit zu lassen und nicht unvollständig vorzutragen.
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