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Lukas Weitbrecht
Große Bleichen 12-14
20354 Hamburg

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Die Apothekerin und der Analyst oder Eine Falle des Sozialversicherungsrechts

von Rechtsanwalt Lukas Weitbrecht, Hamburg
Nach Beendigung des aufwändigen Studiums absolvieren die meisten so genannten verkammerten Berufsträger, Ärzte, Apotheker Juristen und andere, meist eine Zeit erster praktischer Berufserfahrung, z. B. als Assistenzarzt oder als Vertretung in einer Apotheke.


Die Berufsanfänger werden Pflichtmitglieder eines Versorgungswerkes ihres Berufsstandes und als solche in der Regel von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit, § 6 SGB VI. Sie erhalten einen entsprechenden Bescheid, welcher in der Regel die Befreiung feststellt, bezogen auf das typische Berufsbild eines Arztes oder einer Apothekerin, welcher in den Bewerbungsunterlagen abgeheftet wird.
Viele dieser bestausgebildeten Akademiker entdecken, angesichts knapper Gesundheitskassen und verfallender Punktwerte, ihre Vorliebe für die forschende Industrie, manche für die analytischen hochwertigen Fachabteilungen der großen Unternehmungsberatungen.
Nach erfolgreicher Bewerbung bei der arzneimittelforschenden Industrie werden der Bescheid der Rentenversicherung zur Personalakte genommen und die Höchstbeiträge zum Versorgungswerk abgeführt.
Eine steile Karriere beginnt. Die eine mündet, nach einigen Jahren, ins Management und in die verantwortliche Leitung großer Forschungsabteilungen, die andere gipfelt in der Übernahme der Leitung der gesamten Unternehmenskommunikation einschließlich der Abteilung „investor relations“.

Eher nebenbei wird in der Personalabteilung die Ankündigung einer „Prüfung“ der Deutschen Rentenversicherung wahrgenommen, bereitwillig werden Fragen zu Arbeitsverträgen, Tätigkeitsbeschreibungen und Abführung von „Sozialversicherungbeiträgen“ für die betrieblichen Leistungsträger gegenüber den offensichtlich im Arbeits- und Sozialrecht bestens ausgebildeten Prüfern beantwortet und die entsprechenden Unterlagen ausgehändigt.
Groß ist das Erstaunen über den bald einsetzenden Briefverkehr. Man habe, so die Nachricht, bei der Prüfung der Tätigkeitsinhalte eine ärztliche Tätigkeit des Leiters der Forschungsabteilung nicht feststellen können, auch eine Tätigkeit als Apothekerin könne in der letzten wertpapierrechtlichen Mitteilung und in den zahlreichen Analystengesprächen nicht erkannt werden. Die Erarbeitung der unternehmensspezifischen Verträge könne keine Anwaltstätigkeit sein.
Man beabsichtige, die Befreiung aller als Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte eingestellten Akademiker mangels berufstypischer Beschäftigung aufzuheben und für die vergangenen vier Jahre die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einzufordern, die Höhe der Beiträge ergebe sich aus der umfangreichen Berechnung in der Anlage. Man bitte um Stellungnahme.
Die hausinterne Rechtsabteilung greift nach dem abgelegten SGB - Gesetzestext, eine Anfrage bei der betreuenden international aufgestellten Wirtschaftskanzlei ergibt „Prüfungsbedarf“. Die Nachfrage der Wirtschaftsprüfer nach dem sich abzeichnenden hohen Risiko, auch für zukünftige Beiträge, und den damit verbundenen Rückstellungen löst eine intensive Suche nach dem Experten im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Beitragsrecht aus.
Dieser teilt mit, dass im Einzelfall geprüft werden müsse, inwieweit die als Ärzte tätigen Mitarbeiter des Unternehmens überwiegend tatsächlich mit ärztlicher Tätigkeit, sei es mit Grundlagenforschung, sei es mit klinischer Forschung, befasst seien und demgegenüber die Managementaufgaben zurücktreten. Aus diesem Grunde könnte der Beitragsbescheid rechtswidrig sein.
Die Tätigkeit in der Leitung der äußerst sensiblen Kommunikationsabteilung schlösse nach einem neuen Urteil des Sozialgerichts Hamburg die Annahme der Tätigkeit im Unternehmen als Apothekerin nicht aus. Die Anwendung der pharmazeutischen Kenntnisse komme insbesondere dann in Betracht, wenn nach außen „auf gleicher Augenhöhe“ der Inhalt der Forschung wissenschaftlich exakt dargestellt und kommuniziert werden müsse. Die Darstellung hochkomplizierter biochemischer Produktionsabläufe erfordere unbedingt die Qualifikation einer Apothekerin, besonders dann, wenn auf der Seite der Analysten zunehmend ebenfalls hochqualifizierte Wissenschaftler zur Feststellung der Werthaltigkeit der Forschungsergebnisse und damit des Unternehmens tätig seien. Aus diesem Grunde sei keine Beitragspflicht festzustellen und der Beitragsbescheid aufzuheben.
Verkammerten Berufsträgern und deren Arbeitgebern kann deshalb nur empfohlen werden, regelmäßig die sozialversicherungsrechtliche Situation prüfen zu lassen.
Der Autor ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Für Rückfragen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung
Rechtsanwalt Lukas Weitbrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht
Neuer Wall 13
20354 Hamburg
Tel.: 040/432 21 00 Fax: 040/34 46 21
E-Mail: weitbrecht@t-online.de www.kanzlei-weitbrecht.de
 
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