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Gregor Samimi
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Winterreifen und Schneeketten: Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit fährt latent mit

Nicht immer wird der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit von Seiten der Kaskoversicherung zu Recht erhoben und die Regulierung abgelehnt


Eis und Schnee waren für den selbstverschuldeten Unfall verantwortlich, als Frau Karin M. aus Berlin mit ihrem Neuwagen gegen ein parkendes Auto prallte und die Werkstatt an ihrem Wagen einen Schaden von rund 10.000 EUR feststellte. Aber es kam noch schlimmer: Frau M. war entsetzt, als sich ihre Vollkaskoversicherung nach dem Unfall auf eine Klausel in den Versicherungsbedingungen berief und die Zahlung unter Berufung auf grobe Fahrlässigkeit verweigerte: Frau M. hatte wieder auf einen milden Winter gesetzt und die Sommerreifen nicht gegen die Winterbereifung getauscht.

Seit dem 1. Mai 2006 wird durch § 2 Abs. 3a StVO geregelt, dass die Ausrüstung bei Fahrzeugen an die Wetterverhältnisse anzupassen ist, insbesondere eine geeignete Bereifung vorhanden sein muss. Daraus folgt zunächst keine generelle Winterreifenpflicht, sondern nur eine situationsbedingte, nicht auf einen genauen Zeitraum festgelegte Pflicht bei witterungsbedingten Straßenverhältnissen. Mangels einer verbindlichen Definition des Winterreifens, wird gesetzlich zudem nur eine geeignete Bereifung vorgeschrieben.

Falsche Bereifung und Bußgeld

Ist ein Fahrzeug nicht an die vorliegenden Witterungsverhältnisse angepasst, wird dies mit 20 Euro geahndet. Kommt es aufgrund dessen zu einer Verkehrsbehinderung wird ein Bußgeld von 40 Euro fällig, bei einem Unfall mit falscher Bereifung wird zusätzlich ein 1 Punkt im Verkehrszentralregister eingetragen.

Versicherungsrechtliche Konsequenzen

Grundsätzlich bleibt die Vollkaskoversicherung verpflichtet, dem Eigentümer des Fahrzeuges den Schaden an seinem Fahrzeug zu ersetzten, soweit die ungeeignete Bereifung als Unfallursache nicht konkret nachgewiesen werden kann. Die Beweislast hierfür trägt die Kaskoversicherung. In vielen Verträgen ist zwischenzeitlich der Einwand der groben Fahrlässigkeit sogar ausgeschlossen. In diesen Fällen ist es der Versicherung also verwehrt, sich auf grobe Fahrlässigkeit zu berufen. Ein Blick in die Versicherungsbedingungen hilft hier schnell weiter.
Soweit die vorgenannten Voraussetzungen nicht vorliegen, läuft der Anspruchssteller aber Gefahr, seinen Versicherungsschutz ganz oder zumindest teilweise aufgrund grober Fahrlässigkeit gem. § 81 VVG einzubüßen.

Mit anderen Worten wird die Kaskoversicherung bei einem selbstverschuldeten Unfall von ihrer Leistungspflicht befreit oder ist zumindest berechtigt, ihre Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt (Urteil vom 10.07.2003 - 3 U 186/02 -) stellte hierzu fest: "keinen Kaskoversicherungsschutz genießt, wer im Winter in Arosa / Schweiz mit seinem mit Sommerreifen ausgestatteten Fahrzeug nebst auf den Hinterreifen montierten - für die Reifenart nicht zugelassenen - Schneeketten ins Rutschen gerät". Das im Rahmen der Beweisaufnahme eingeholte Gutachten kam nämlich zu dem Ergebnis, dass sich der Unfall bei der Verwendung von Winterreifen hätte vermieden werden können. Somit ging der Versicherungsnehmer leer aus.

In der Kfz-Haftpflichtversicherung wird der Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners dagegen grundsätzlich voll ausgeglichen. Bei unverschuldeten Unfällen allerdings kann es zu einer Mithaftung des Autofahrers kommen und zwar teilweise sogar auch bei schuldhafter Verursachung des Unfalles durch den Unfallgegner. "Kommt ein nur mit Sommerreifen ausgestattetes bevorrechtigtes Fahrzeug im Winter aufgrund eines Bremsvorgangs auf verschneiter Straße ins Schleudern nachdem es behindert worden ist, so ist eine Mithaftungsquote von 20 Prozent anzunehmen", urteilte das Amtsgericht Trier bereits in seinem Urteil vom 21.03.1986 (Az: 6 C 220/85).

Insoweit kommt es sehr auf den Einzelfall an, ob der Einwand der groben Fahrlässigkeit oder eine Mithaftung durch die Versicherung zu Recht erhoben wird.

Der Autor Rechtsanwalt Gregor Samimi ist Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht in Berlin. Weitere Infos erhalten Sie über www.ra-samimi.de.
 
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