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BGH: Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen und dessen Vorstandsvorsitzenden

(Kiel) Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 22.09.2009 über die Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen und dessen Vorstandsvorsitzenden zu entscheiden.

Darauf verweist die Hamburger Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht Karin Scheel-Pötzl von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 22.09.2009, Az.: VI ZR 19/08.

Die Klägerin zu 1 ist ein Großunternehmen. Der Kläger zu 2 war bis Ende 2005 Vorsitzender ihres Vorstands. Der Beklagte ist Aktionär der Klägerin zu 1 und Sprecher eines Aktionärverbandes.

Am 28. Juli 2005 meldete die Klägerin zu 1, ihr Aufsichtsrat habe beschlossen, dass der Kläger zu 2 zum 31. Dezember 2005 aus dem Unternehmen ausscheide. Am selben Tag wurde in der Fernsehsendung "SWR-Landesschau" ein mit dem Beklagten geführtes Interview ausgestrahlt, in dem dieser unter anderem Folgendes äußerte:

"Ich glaube nicht, dass der Rücktritt (des Klägers zu 2 als Vorsitzender des Vorstands der Klägerin zu 1) freiwillig war. Ich glaube, dass er dazu gedrängt und genötigt wurde. … und das muss damit zusammenhängen, dass die Geschäfte nicht immer so sauber waren, die Herr S. geregelt hat."

Das Landgericht hat dem auf Untersagung dieser Äußerungen gerichteten Unterlassungsantrag der Kläger stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten führte zur Klageabweisung, betont Scheel-Pötzl.

Die Äußerungen des Beklagten dürfen nicht isoliert gesehen, sondern müssen im Gesamtzusammenhang des Interviews bewertet werden. Sie unterliegen als wertende Äußerungen dem Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes. Der erste Teil der Äußerung war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Werturteil einzustufen. Beim zweiten Teil handelt es sich auch nicht um unzulässige Schmähkritik, weil sich der Beklagte zu einem Sachthema von erheblichem öffentlichen Interesse äußerte und nicht die Herabsetzung der Person des Klägers zu 2 im Vordergrund stand. Bei der danach gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsschutz der Kläger und dem Grundrecht des Beklagten auf freie Meinungsäußerung musste der Persönlichkeitsschutz der Kläger im vorliegenden Fall zurücktreten. An der Bewertung der Geschäftstätigkeit des Vorstandsvorsitzenden eines Großunternehmens und dessen vorzeitigem Rücktritt besteht ein großes öffentliches Interesse. Demgemäß müssen die Grenzen zulässiger Kritik gegenüber einem solchen Unternehmen und seinen Führungskräften weiter sein. Würde man solche Äußerungen am Tag des Ereignisses unterbinden, wäre eine öffentliche Diskussion aktueller Ereignisse von besonderem Öffentlichkeitswert in einer mit Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Weise erschwert.

Scheel-Pötzl empfahl, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de -

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Karin Scheel-Pötzl
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Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
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