Kaskoversicherung: Autoschlüssel im Pkw - Leistungsfreiheit des Versicherers bei Pkw-Diebstahl?
Das einmalige, versehentliche und von außen nicht erkennbare Zurücklassen eines Fahrzeugschlüssels im Fahrzeuginneren und ein danach erfolgter Diebstahl des Fahrzeuges führen nicht zur Befreiung der Leistungsverpflichtung des Versicherers, da es hierbei an der erforderlichen Kausalität fehlt.
Vorliegend klagte der Versicherungsnehmer auf Zahlung von 18.000,- EUR aus einer bei dem beklagten Versicherer bestehenden Fahrzeugversicherung wegen Ersatz für seinen bei einer Urlaubsreise in der Tschechischen Republik entwendeten PKW Skoda Octavia.
Am Schadenstag stellte der Kläger sein Fahrzeug ordnungsgemäß verschlossen ab. Versehentlich ließ er den zweiten Autoschlüssel in der Innentasche seiner Wanderjacke, die im Fußraum hinter dem Fahrersitz abgelegt war, zurück. Nach Rückkehr zu dem Abstellort des Fahrzeugs stellte der Kläger das Fehlen des PKWs fest und erstattete bei der örtlichen Polizei Strafanzeige wegen Fahrzeugdiebstahls. Die Beklagte verweigerte die begehrte Versicherungsleistung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles.
Sowohl das LG Trier in der 1. Instanz als auch das OLG Koblenz in der 2. Instanz kamen zu der Auffassung, dass die beklagte Versicherung nicht nach § 61 VVG von ihrer Leistungsverpflichtung frei geworden ist, da der Kläger den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt hat. Die Anwendung von § 61 VVG setzt ein Verhalten des Versicherungsnehmers voraus, von dem er wusste oder wissen musste, dass es geeignet war, den Eintritt des Versicherungsfalls oder die Vergrößerung des Schadens zu fördern. Dabei muss die Wahrscheinlichkeit des Schadens offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe lag, zur Vermeidung des Versicherungsfalles ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen. Ob bereits das einmalige, versehentliche und von außen nicht erkennbare Zurücklassen eines Fahrzeugschlüssels im Fahrzeuginneren entsprechend diesen Anforderungen als grob fahrlässiges Verhalten anzusehen ist, kann vorliegend dahinstehen, da jedenfalls die Ursächlichkeit dieses Verhaltens für die Entwendung des Fahrzeuges nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann. § 61 VVG erfordert, dass der Versicherungsfall gerade infolge der groben Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers eingetreten sein muss. Den Beweis für die Kausalität des grob fahrlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers für die Herbeiführung des Versicherungsfalls hat der Versicherer zu führen. Dabei hat der Versicherer grundsätzlich den Vollbeweis zu erbringen. Unter Anlegung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht von dem Nachweis einer Ursächlichkeit des in dem Fahrzeuginneren zurückgelassenen Fahrzeugschlüssels für die Entwendung des PKWs des Klägers ausgegangen werden. Das von außen nicht sichtbare Belassen von Fahrzeugschlüsseln im Fahrzeuginneren ist jedenfalls für einen in der Regel vorher gefassten Diebstahlentschluss nicht ursächlich.
Die Versicherung hatte daher als Ersatz für den entwendeten Pkw 18.000,- EUR an den klägerischen Versicherungsnehmer zu zahlen.
Oberlandesgericht Koblenz, 10 U 1038/08
Hinweis:
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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.
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